Wilde Leidenschaft, zärtliches Glück
hier ist Wendy“, sagte sie und drückte ihr einen Kuss auf die Nase.
„Wenny!“, rief die Kleine fröhlich und setzte sich den Hut auf, unter dem ihr Gesichtchen fast völlig verschwand. Sie gluckste vergnügt.
„Sie hat kleine Sommersprossen.“ Lächelnd zog Sadie die andere Tochter an sich, die gerade mit dem Buch zurückkam. Sie küsste sie auf die Stirn und sagte: „Und das ist Gail.“
Noch eine Überraschung, dachte Rick. Er spürte, wie ihm doch tatsächlich Tränen in die Augen stiegen! Er sah Sadie an. „Du hast sie nach meiner Mutter benannt.“
Sadie nickte, und Gail schlug das Buch auf und fing an, selbst „vorzulesen“.
Rick hörte nicht auf den Sinn der Worte, dazu war er viel zu sehr mit seinen Gefühlen beschäftigt. Verzweifelt rang er um die Selbstbeherrschung, die ihm sonst nie Probleme bereitete.
Allerdings – welchem Mann an seiner Stelle wäre es anders ergangen?
„Gail hat ein Grübchen auf der linken Wange. Und Wendy nicht.“ Sie strich den beiden über die weichen Haare. „Außerdem sind Gails Haare glatter als die von Wendy. Wenn du sie besser kennst, werden dir noch mehr Unterschiede auffallen. Und auch vom Wesen her sind sie sehr verschieden.“
„Sadie …“
„Wendy ist die Abenteurerin. Schon seit sie krabbeln kann, ist nichts vor ihr sicher“, fuhr sie fort. Sie sprach jetzt immer schneller, als fürchtete sie sich davor, ihn zu Wort kommen zu lassen. „Gail ist mehr der anhängliche Typ. Am liebsten sitzt sie mit einem Buch auf dem Schoß. Aber mutig ist sie auch, darin steht sie ihrer Schwester in nichts nach, und manchmal sind sie beide stur, das …“
„Sadie!“, wiederholte er, jetzt mit tieferer, fast befehlender Stimme.
Sie atmete tief aus und sah ihn an. „Ich weiß schon, was du jetzt sagen willst.“
„Oh, ich glaube, davon machst du dir keine Vorstellung“, widersprach er mit kaum verhohlenem Ärger.
„Lass es mich erklären, ja?“
„Ich kann es kaum erwarten“, sagte er, obwohl er schon im Voraus wusste, dass er ihr Verhalten unentschuldbar fand.
Sie hatte ihm die Kinder verschwiegen und ihm damit die Möglichkeit genommen, mit ihnen in Kontakt zu treten.
Wendy riss sich den Hut vom Kopf und setzte sich zu ihrer Schwester auf den Schoß ihrer Mom. Sadie las die Geschichte vor.
Durch das Lachen der Mädchen wurde Rick warm ums Herz, woran sogar seine Wut nichts änderte.
Während er den dreien zusah, bekam er ein völlig neues Bild von Sadie. Zuerst war sie ihm unerreichbar erschienen – eine echte Südstaatenprinzessin eben. Bis zu jener Nacht hätte er darauf gewettet, dass sie nie im Leben etwas auch nur annähernd Ehrenrühriges tun würde.
Und jetzt saß sie hier auf dem Fußboden und beschäftigte sich mit den zwei Kindern, als ob sie die restliche Welt nicht interessierte.
„Daddy! Gefichte!“, rief Wendy und streckte ein Händchen nach ihm aus.
Rick nahm sich vor, Antworten auf seine Fragen zu verlangen, aber nicht jetzt. Im Augenblick erschien es ihm wichtiger, die verlorene Zeit wiedergutzumachen. Er wollte mit seinen Töchtern zusammen sein.
Und mit der Frau, die ihn von ihnen ferngehalten hatte.
Er rückte näher und nahm Wendy auf den Schoß.
Während Sadie die Geschichte vorlas, wurde aus ihnen eine Familie.
Eine Stunde später, als die Mädchen eingeschlafen waren, verließ Sadie mit Rick das Zimmer. Sie war so angespannt, dass ihr Nacken und Rücken wehtaten.
„Lässt du sie einfach so allein?“, fragte er, als sie leise die Tür schloss.
„Keine Sorge. Im Kinderzimmer ist ein Babyfon mit Empfängern im Erdgeschoss und in meinem Zimmer. So bekomme ich alles mit und kann sofort reagieren.“
Er nickte – und hielt die Krempe seines Hutes so fest, dass die Fingerknöchel sich weiß abzeichneten.
Sadie spürte förmlich, wie verärgert er war. Und das konnte sie ihm nicht verdenken. Was sollte man auch von einem Mann erwarten, der gerade erst erfahren hat, dass er seit mehr als zwei Jahren Vater ist?
„Es wird wirklich Zeit, dass wir reden“, sagte er und berührte ihren Ellbogen. Gemeinsam gingen sie den langen Flur entlang.
„Dann komm mit ins Wohnzimmer“, sagte sie und schüttelte seine Hand ab. Auch wenn er einen guten Grund für seine Wut hatte – sie würde sich nichts gefallen lassen. Nie wieder.
Hocherhobenen Hauptes ging sie voraus, die Treppe hinunter und ins Wohnzimmer. „Setz dich. Ich sage Hannah Bescheid, dass sie Eistee bringt. Möchtest du auch etwas?“
„Ja.
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