Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
freundlichen Rat gegeben, bei ihrer Reise flussaufwärts vorsichtig zu sein.
»Nicht nur daraus, wir sind auch wertvolle Beute«, meinte Simon. »Manche Rebellengruppen verlegen sich mehr und mehr auf Entführungen, angeblich um Geld für ihr Anliegen aufzutreiben.«
»Und was ist ihr Anliegen?«, fragte Rachael neugierig.
»Noch reicher zu werden.« Simon lachte über seinen eigenen Witz.
Das Boot schlug hart aufs Wasser auf, so dass alle durchgerüttelt
und nassgespritzt wurden. »Ich hasse diesen Flecken Erde«, meckerte Simon, »und alles was dazugehört. Wie kannst du dir nur wünschen, hier zu leben.«
»Wirklich?« Rachael schaute zu, wie der Dschungel an ihnen vorbeijagte. Auf die hohen Bäume, die so eng zusammenstanden, dass man sie kaum auseinanderhalten konnte, und dennoch wirkten sie einladend. Wie ein Refugium. Ihre Zufluchtsstätte. »Ich finde es hier wunderschön.«
Sie hatte das Verschwinden aus ihrer Heimat in den Staaten sorgfältig vorbereitet, jede Einzelheit von langer Hand geduldig geplant. Da sie wusste, dass sie beobachtet wurde, war sie ganz lässig in ein Kaufhaus spaziert und hatte einer Fremden eine Riesensumme Geld gezahlt, damit die in ihren modischen Sachen und mit ihrer Sonnenbrille auf wieder hinausging. Rachael hatte auf jedes Detail geachtet. Selbst die Schuhe waren dieselben. Und die Perücke war die perfekte Krönung. Die Frau war langsam über die Straße geschlendert, hatte einen Schaufensterbummel gemacht, sich einen großen Laden ausgesucht, auf der Toilette die Kleider gewechselt, und sich, wesentlich reicher, als sie es sich je erträumt hatte, aus dem Staub gemacht. Genau da hätte Rachael auf der Stelle untertauchen sollen.
Sie beschaffte sich Pass und Papiere unter dem Namen einer längst verstorbenen Frau, reiste in einen anderen Staat, schloss sich dort einer karitativen Organisation an, die medizinische Hilfsgüter in abgelegene Gebiete von Malaysia, Borneo und Indochina brachte, und schaffte es so, die Vereinigten Staaten unerkannt zu verlassen. Sie hatte das brillant geplant. Nur funktionierte das Ganze nicht. Irgendjemand hatte sie aufgespürt. Vor zwei Tagen war in ihrem abgeschlossenen Zimmer eine Kobra aufgetaucht.
Rachael wusste, dass das kein Zufall sein konnte. Die Kobra war absichtlich in ihr Zimmer gelegt worden. Sie hatte Glück gehabt, dass sie die Schlange entdeckt hatte, ehe das Reptil zubeißen konnte, doch Rachael war klar, dass sie sich nicht auf ihr Glück verlassen durfte. Wer immer ihr begegnete konnte ein gedungener Killer sein. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als zu sterben, und der Sturm lieferte ihr die perfekte Gelegenheit.
Rachael war in einer Welt voller Betrug und Verrat groß geworden. Sie kannte gar kein anderes Leben. Und sie wusste genau, dass sie sich niemals auf andere verlassen konnte. Falls es ihr gelänge zu überleben, so musste sie ein einsames Leben führen. Sie hielt das Gesicht abgewandt und genoss den Wind auf ihrer Haut. Die eigentlich drückende Schwüle erschien ihr angenehm wie ein Schleier, eine Schutzhülle. Der Wald lockte sie mit seinem Orchideenduft, mit all dem Vogelgeschrei und dem Summen der Insekten. Während andere bei jedem Geräusch zusammenzuckten und sich ängstlich umschauten, waren ihr sogar Hitze und Feuchtigkeit willkommen. Denn sie spürte, dass sie nach Hause gekommen war.
Das Boot fuhr um eine Biegung und steuerte auf einen klapprigen Steg zu. Alle seufzten erleichtert auf. Das Donnern der fernen Wasserfälle war bereits zu hören, und die Strömung wurde immer kräftiger. Die Männer halfen, das Boot an den kleinen Ankerplatz zu manövrieren. Dort erwartete sie ein einzelner Mann. Der Wind zerrte an seinen Sachen. Er spähte nervös in den umliegenden Wald, trat auf die wacklige, schlammige Plattform, die als Anlegestelle diente, und hob die Hand, um das Seil zu schnappen, das Kim Pang ihm zuwarf.
Rachael sah die Schweißperlen auf seiner Stirn und
wie ihm das Wasser herunterlief. Auch sein Hemd war schweißgetränkt. Es war zwar schwül, aber nicht so schwül. Sie blickte sich unauffällig um und griff automatisch nach ihrem Rucksack. Den brauchte sie zum Überleben. Sie bemerkte, dass der Mann beim Festmachen des Bootes zitterte, seine Hände bebten so sehr, dass er Schwierigkeiten hatte, das Seil zu verknoten. Mit einem Mal warf er sich flach auf den Bauch und hielt schützend die Hände über den Kopf.
Schüsse knallten und ein alptraumhaftes Chaos brach los. Amys schriller
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