Wilde Magie - Wilde Magie - Fever / Wild Rain
Eindruck, dass ich mich für jeden zweiten Satz entschuldigen muss. Ich bin in dein Haus eingedrungen, habe deine Dusche benutzt, in deinem Bett geschlafen, dir eine übergebraten und ließ dir keine andere Wahl als eine frustrierte, fantasierende Kranke zu pflegen - und jetzt will ich dich auch noch mit irgendetwas Scharfem bedrohen.«
»Damit zu drohen, dass du dir die Haare abschneidest, ist auch nicht viel besser.« Rio trat ans Bett, beugte sich über sie, sah ihr in die Augen und grub seine Finger in ihr Haar. »Niemand kann mich dazu zwingen, etwas zu tun, was ich nicht möchte.« Ausgenommen vielleicht die verführerische Frau, die in seinem Bett lag, doch das würde er ihr gegenüber niemals zugeben … und sich selbst gegenüber auch nicht. »Dein Haar ist kurz genug. Mehr brauchst du nicht abzuschneiden.« Er rieb ihre fransigen Haarspitzen zwischen den Fingern.
»Ich hab’s früher viel länger getragen. Aber es ist so dick, dass es mir bei der Schwüle zu heiß wird.«
»Ich finde schon etwas, womit du es hochstecken kannst.«
»Gib dir keine Mühe, Rio, ich bin bloß gereizt.« Seine Freundlichkeit machte sie verlegen.
»Ich habe in der Nacht, in der du hier angekommen bist, nasse Kleider gefunden und sie rochen nach Fluss. Bist du etwa im Fluss gewesen?«
Rachael nickte, sie gab sich große Mühe, sich zusammenzureißen.
»Wir sind überfallen worden. Man hat aus dem Dschungel auf uns geschossen. Ich glaube, Simon wurde getroffen. Ich bin über Bord gegangen und der Fluss hat mich mitgerissen.«
Rio spannte die Muskeln an. »Du hättest sterben können.«
»Ich habe Glück gehabt. Ich bin mit der Bluse an einem Ast unter der Wasseroberfläche hängen geblieben, und irgendwie habe ich es dann geschafft, mich auf einen umgestürzten Baum zu ziehen. So bin ich hergekommen. Das Haus habe ich ganz zufällig entdeckt. Wenn nicht ein Teil der Tarnung von dem heftigen Wind fortgerissen worden wäre, hätte ich es wohl nie gesehen. Ich hatte Angst, es nach einer Erkundungstour nicht mehr wiederzufinden, deshalb habe ich ein Seil zwischen zwei Bäume gebunden, um den Weg zu markieren. Ich dachte, es wäre eine Hütte von Eingeborenen, die sie nur gelegentlich nutzen.«
»Und ich habe dich für einen Killer gehalten, der mir zuvorgekommen war und auf mich wartete. Ich hätte es besser wissen müssen, aber ich war erschöpft und ziemlich angeschlagen. Wer ist Simon?« Er hatte lange genug gewartet. Hatte seine Gefühle unterdrückt und die Unterhaltung weitergeführt wie ein vernünftiger Mensch. Doch eine heftige Eifersucht nagte an seinen Eingeweiden. Er hätte sie nicht an sich heranlassen dürfen. Er hätte es besser wissen müssen. Aber sie hatte sein Herz im Sturm erobert. Auch wenn er nicht wusste, wie das geschehen konnte, und noch viel weniger eine Ahnung hatte, wie er sie von dort wieder vertreiben sollte.
»Simon ist einer aus unserer Kirchengruppe. Wir waren unterwegs, um Medikamente zu bringen.«
»Also ist er ein Fremder. Ihr habt euch doch alle erst
kurz vor der Abfahrt kennengelernt.« Höchst irritiert registrierte Rio die Woge der Erleichterung, die ihn durchströmte.
Rachael nickte. »Wir kommen aus verschiedenen Teilen des Landes und haben uns freiwillig für diesen Einsatz gemeldet.«
»Wer war euer Führer?«
»Kim Pang. Ich fand ihn sehr nett und kompetent.«
Rio war neben dem Bett in die Hocke gegangen, doch als Rachael eine Hand auf seinen Schenkel legte, versteifte er sich. Plötzlich glitzerten seine Augen so bedrohlich, dass ihr ein kalter Schauer über den Rücken lief. »Weißt du, was mit ihm passiert ist?«
Rachael schüttelte den Kopf. »Das Letzte, was ich von ihm gesehen habe, war, wie er verzweifelt versuchte, das Seil zu durchtrennen, mit dem die Barkasse vertäut war. Ist er ein Freund von dir?« Sie hätte Kim Pang gern in Sicherheit gewusst, genau wie alle anderen. Doch wenn er und Rio Freunde waren, wurde es gefährlich für sie.
»Ja, ich kenne Kim. Er ist ein sehr guter Führer.« Rio strich sich mit der Hand über die Augen. »Ich muss gleich nachsehen, ob jemand überlebt hat und ob ich Spuren finden kann.«
»Bei diesem Wetter? Außerdem wird es gleich dunkel. Das ist viel zu gefährlich, Rio. Sie wurden doch auf der anderen Seite des Flusses gefangen.« Sie musste sofort verschwinden. Rachael hasste, wie selbstsüchtig sie ihr Handeln empfand. Natürlich sollte Rio den anderen helfen, wenn er konnte, auch wenn sie nicht glaubte, dass er gegen eine
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