Wilde Pferde in Gefahr
Gesetz verlangen.
»Wir hätten sie nicht entführen sollen«, sagte Marty, als das Motorengeräusch verklungen war. »Das Risiko ist viel zu groß. Mit dem Sheriff käme mein Vater vielleicht zurecht, aber wenn Annie das FBI alarmiert, sind wir alle geliefert.«
»Bis dahin haben wir den Film längst vernichtet. Keine Spuren, kein Fall für das FBI. Und wenn sie uns verraten will, knallen wir ihren Gaul ab, das tut so einer verrückten Pferdefreundin noch mehr weh, als wenn wir sie verprügeln würden.« Er erhob seine Stimme. »Hast du gehört, Mädchen? Wir knallen deinen Gaul ab und verfüttern ihn an Hunde und Katzen, falls du redest. Keine Angst, wir erwischen ihn, und wenn du ihn noch so gut versteckst. Hast du kapiert?«
»Ihr werdet ihm nichts tun!«, erwiderte sie.
»Oh doch!«, rief er nur.
Die Männer blieben vor dem Gebäude stehen, auch wenn sie in der zunehmenden Dunkelheit immer mehr froren. Sie sprachen jetzt so leise, dass Peggy nur noch einzelne Wörter verstand, die wenig Sinn ergaben. Sie rückte etwas zur Seite, um sie durch die aufgebrochene Tür zu beobachten, und sah, dass Ron Baxter und Buddy Miller rauchten. Als Marty sich der Tür näherte, um mit ihr zu sprechen, pfiffen die anderen ihn sofort zurück. Offensichtlich trauten sie ihm nicht.
Marty war ihre einzige Chance, vorzeitig aus diesem schrecklichen Verlies zu entkommen. Er hatte etwas für sie übrig, das hatte sie längst gemerkt, und obwohl sie sich bisher dagegen gewehrt hatte, ihn liebenswert zu finden, musste sie sich eingestehen, dass auch sie ihn sympathisch fand. Daran waren vor allem seine blauen Augen schuld und der liebevolle Ausdruck, mit dem er sie auf dem Berghang angesehen hatte. So langsamverstand sie auch, warum er noch immer mit den Mustangjägern unterwegs war. Sein Vater war ein starker und unnachgiebiger Mann, der nicht zu dulden schien, wenn sich jemand außerhalb der Tradition seiner Familie bewegte. Ein Musiker wie Pat Boone oder Elvis Presley? Undenkbar für einen ernsten und gottesfürchtigen Mann wie James Rockwell. Wenn er sich weigerte, würde sein Vater ihn für alle Zeiten verstoßen.
»Oh, Shit! Da kommt jemand!«, hörte sie plötzlich Ron Baxter rufen.
»Wahrscheinlich Typen, die einen saufen wollen«, sagte Marty.
Buddy Miller sagte gar nichts, erschien aber gleich darauf mit einem schmutzigen Lumpen in dem düsteren Raum, in den er Peggy gebracht hatte. Er stopfte ihr den widerlichen Fetzen in den Mund. Sie schnappte verzweifelt nach Luft, versuchte vergeblich den Knebel mit der Zunge hinauszustoßen und schaffte es erst nach einigen Versuchen, ruhig und regelmäßig durch die Nase zu atmen.
Der Wagen mit den Jugendlichen hielt am Straßenrand. Durch einen Spalt der offen stehenden Tür beobachtete sie, wie zwei Jungen und zwei Mädchen ausstiegen, um die siebzehn und fein gekleidet, als würden sie von einem Schulball kommen, und alle vier bereits leicht angetrunken. Der Fahrer des chromblitzenden Buick hatte seine fettigen Haare zu einem Entenschwanz geformt, der andere Junge trug eineHornbrille, und die Mädchen waren blonder als die Monroe und kicherten unentwegt.
»Na, wo soll’s denn hingehen?«, fragte Ron Baxter freundlich.
»Wo-Wohin wohl?«, stammelte der Fahrer. Er war stärker angetrunken, als Peggy gedacht hatte. »In die ge-gemütliche Hütte da, da ist … ist es viel bequemer als auf dem Rücksitz … wi-wir haben De-Decken dabei, wi-wissen Sie …«
Die Mädchen kicherten immer noch.
»Also, das ist keine besonders gute Idee«, erwiderte der Mustangjäger. »In dem Haus gibt es Ratten und Schlangen und so was, da ist es bestimmt nicht gemütlich, und außerdem bekommst du in deinem Zustand sowieso keinen mehr … nun ja, mein Lieber … ich glaube nicht, dass ihr besonders viel Spaß haben würdet.«
Buddy Miller stellte sich dem Jungen in den Weg. »Ich hab eine bessere Idee, Daddy-O. Du packst diese Kichererbsen auf den Rücksitz, lässt deinen Kumpel mit der Brille ans Steuer, weil du sonst im Knast landest, wenn dich die Polizei erwischt, und machst ganz schnell, dass du wegkommst. Verstanden?«
»Aber wir haben do-doch noch gar nicht an-angefangen«, begehrte der Junge auf. »Ich wi-will noch nicht umkehren!« Er versuchte sich an dem Mustangjäger vorbeizudrängen und lief wie gegen eine Wand. Mit dem ausgestreckten Arm drängte Buddy Millerihn zu den anderen zurück. »Bist du schwerhörig, Daddy-O?«
»Wa-Warum nennst du mi-mich immer Daddy-O,
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