Wilde Rosen auf Mallorca
andere Frau so zu bezeichnen, war das seine Sache, aber es hatte den Anschein erweckt, als bestünde eine Vertrautheit zwischen den beiden, aus der auf eine etwas tiefere Beziehung zu schließen war als die, welche er beschrieben hatte.
“So, wie Sie die persönliche Assistentin meines Vaters waren”, fügte er weich hinzu.
Juliet schaute ihn fest an, aber in den blauen Augen, die ihren Blick erwiderten, war nichts zu lesen. Wie viel weiß dieser Mann bereits über mich?
Sie nickte zur Bestätigung kühl. “Wie ich die persönliche Assistentin Ihres Vaters war.”
“Und jetzt sind Sie seine Teilerbin”, brachte Liam scharf heraus.
Sie schluckte schwer. Es musste Williams Sohn seltsam erscheinen, dass sein Vater sein Testament auf diese Weise aufgesetzt hatte, gab sie offen zu, aber wenn Liam während der vergangenen beiden Monate das geringste Interesse an “Carlyle Properties” gezeigt hätte, würde sie ihm mit Freuden erzählt haben, dass sie wusste, dass er ältere Rechte auf das Unternehmen hatte. Sie spürte aber, dass er froh darüber sein würde, wenn er “Carlyle Properties” untergehen sah. Doch sie verdankte William zu viel, um das zuzulassen.
“Sie haben meine Frage nicht beantwortet, Juliet”, fuhr Liam mit harter Stimme fort.
“Ist das nötig?” Sie hielt seinem Blick mit einer Ruhe stand, die sie nicht empfand. “Sie scheinen bereits genug über mich zu wissen. Und ich bin mir sicher, dass Sie das, was Sie nicht wissen, herausfinden könnten!”
Er reagierte mit einem gleichgültigen Schulterzucken auf ihren Temperamentsausbruch und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. “Sie wohnen in ‘Carlyle House’ – haben das wahrscheinlich bereits seit einiger Zeit getan, sogar vor dem Tode meines Vaters?” Er hob spöttisch die Brauen.
“Mehrere Jahre zuvor”, gestand sie ein.
Er schürzte die Lippen. “Und wie stand Ihr Freund dazu?”
Gott, wie beharrlich er war! “Ich habe keinen Freund”, konterte sie scharf und war so wütend, dass sie vor Erregung zu zittern begann.
“Im Augenblick?”
“Niemals!” erwiderte sie heftig.
Er betrachtete sie ungläubig. “Sie haben nie einen Freund gehabt?”
Nur den einen. Simon. Aber der war tot. Und sie hatte seitdem niemand mehr lieben wollen.
Liam verzog den Mund. “Sie scheinen recht lange Zeit zu brauchen, um diese Frage zu beantworten”, spottete er.
Juliet atmete tief und heftig ein, hatte nicht die Absicht, zuzugeben, dass sie einen Freund gehabt hatte, weil sie nicht die Absicht hatte, über Simon zu sprechen. Ganz gewiss nicht zu diesem Mann.
“Warum ist mein Privatleben so interessant für Sie, Liam?” Sie verwendete seinen Vornamen jetzt absichtlich, da sie durch diese Vertraulichkeit wieder gleichgestellt waren. “Unser Gespräch ist rein geschäftlich”, erinnerte sie ihn entschlossen.
Er hielt ihrem herausfordernden Blick stand. “Ich weiß gern immer alles, was es über die Leute zu wissen gibt, mit denen ich geschäftlich zu tun habe”, erwiderte er leise.
Juliet spürte die Wärme in ihren Wangen. Ihr gefiel der Gedanke nicht, dass dieser Mann alles über sie wusste. Sie hatte in den letzten sieben Jahren sehr zurückgezogen gelebt. Die Tatsache, dass sie jetzt einen Geschäftspartner hatte, dessen Name Synonym für die Exklusivität seiner Hotels in aller Welt war, durfte das nicht ändern.
“Ich bedaure, Sie enttäuschen zu müssen, Liam”, sagte sie kurz, “aber ich habe wirklich kein Privatleben, von dem ich erzählen könnte.”
“Eine Karrierefrau also, hm?”
So wie Liam das sagte, klang es fast beleidigend. Seine Äußerung traf dennoch zu. Sie war eine solche Frau, aber nicht im Sinne der nüchternen Geschäftsfrauen, die für nichts anderes leben, als Erfolg zu haben und voranzukommen, egal, auf wem sie herumtreten oder wen sie aus dem Weg räumen mussten. Aber “Carlyle Properties” war das Zentrum ihres Lebens geworden, und das zählte für sie.
“Nur soweit das ‘Carlyle Properties’ betrifft”, erklärte sie steif. Sie fühlte sich bei dieser Unterhaltung immer unwohler.
“Es ist interessant, dass eine junge siebenundzwanzigjährige Frau, die in keinerlei sichtlicher Verbindung zur Familie Carlyle steht, in ‘Carlyle House’ lebt und die Hälfte des Familienunternehmens erbt …”
Es war überhaupt nicht “interessant”. Tatsächlich stellte sich jetzt heraus, nachdem sie diesem Mann begegnet war, dass das Ganze mehr Probleme aufwarf, als es die Sache wert war.
Weitere Kostenlose Bücher