Wilde Rosen: Roman (German Edition)
ihn besser gekannt, hätte sie ihn gar zu dem leicht vertrockneten Stück Käse und Brot eingeladen. Sie war grantig und ungehobelt. »Es tut mir leid. Manchmal bin ich ein bißchen paranoid.« Sie lächelte ihn reumütig an. »Wenn das Angebot noch gilt, nehme ich gerne an.«
Eine Gefühlsregung flackerte kurz über Hughs Gesicht, aber er gestattete sich nicht mehr als ein schwaches Lächeln. »Und was hätten Sie gern? Chinesisch? Pita? Fish and Chips ...«
»Curry?« Auf einen Schlag war sie wirklich furchtbar hungrig, und sie mußte den Mund halten, um sicherzugehen, daß sie nicht sabberte.
»Gibt es hier in der Nähe einen guten Inder?«
Sie nickte. »Gleich um die Ecke. Ich erklär’ Ihnen den Weg.«
»Also Curry.«
Die Vorstellung, eine Gabel voll dampfendem Hühnchenkorma und Safranreis zu verspeisen brachte ein breites Grinsen auf ihr Gesicht. »Wunderbar! Und jetzt seien Sie ein Engel und springen Sie mit der Bugleine an Land. Aber ziehen Sie um Himmels willen nicht daran. Nur gut festhalten.«
Für einen Anfänger war er erstaunlich geschickt, und ihre Ehrlichkeit zwang sie, ihm das zu sagen. Er tat ihr gegrummeltes Lob mit einem Achselzucken ab. »Ich segle. Daher.«
May suchte Messer und Gabeln zusammen und räumte den Krimskrams vom Tisch, während Hugh zum Inder ging. Sie hoffte, es würde nicht allzu lange dauern. Und wehe, wenn er die Poppadoms vergaß. Als sie glaubte, sie könne keine Minute länger mehr aushalten, erschien er endlich, beladen mit Plastiktüten und kühlem Bier. Ich könnte diesen Mann gern haben, dachte May.
Sie war viel zu ausgehungert, um auch nur den Anschein zu erwecken, sie sei an Small talk interessiert, doch je mehr sie sich von den Köstlichkeiten auf den Teller häufte, um so wohlgesinnter wurde sie dem edlen Spender ..., bis er anfing zu meckern.
»Gibt es denn wirklich nichts anderes außer Putzen, was Sie machen könnten?«
May rieb ihren Teller mit einem Stück Naanbrot blank. »Nein. Doch. Es ist schwierig genug, eine Firma aufzubauen, ohne daß Typen wie Sie daherkommen und blöde Fragen stellen, wissen Sie.«
Das ignorierte er. »Haben Sie auch bestimmt an alles gedacht?«
»Ja! Zerbrechen Sie sich nicht meinen Kopf, in Ordnung? Ich bin ganz zufrieden mit meinem Putzfrauendasein.«
»Sie wirken aber nicht zufrieden. Sie haben Ihre unbeschwerte Zur-Hölle-damit-Ausstrahlung verloren.«
Sie sah ihn böse an. Das hättest du auch, wenn du meine Probleme hättest. Laut sagte sie: »Blödsinn!«
Hugh legte seine Gabel beiseite und stellte seinen Teller auf ihren. »Erzählen Sie mir von der Rose Revived. War sie so wie jetzt, als Sie sie übernommen haben?«
May entspannte sich. Ihr Boot war ihr Lieblingsthema. »O nein. Es war eigentlich nur eine leere Hülle. Ich hab’ die ganze Inneneinrichtung selbst gemacht. Natürlich hatte ich Hilfe. Jed von der Shadowfax ist ein sehr guter Schreiner und hat mir alles beigebracht. Aber gemacht hab’ ich’s selbst.«
Hugh stand auf und nahm die Teller. Er hielt den Kopf gesenkt, damit er nicht an die Balken stieß. »Na ja, besonders gut geworden ist es nicht gerade. Sehen Sie nur hier.« Er wies einen anklagenden Finger auf einen Winkel. »Das ist nicht paßgenau.«
May sprang auf, in ihrer Ehre getroffen. »Was soll das heißen?« Sie begutachtete den beanstandeten Winkel. »Was soll denn damit nicht in Ordnung sein? Die Gehrung stimmt vielleicht nicht hundertprozentig, aber das ist auch alles! Gott, ich möchte mal sehen, ob Sie es so gut hinbekämen!«
Hugh schüttelte den Kopf. »Da muß ich Sie enttäuschen. Ich bin hoffnungslos ungeschickt.«
»Dann kritisieren Sie meine Arbeit gefälligst nicht!«
»Nun seien Sie nicht so entrüstet, ich wollte Ihnen lediglich etwas vor Augen führen.«
»Und zwar?« Besagte Augen funkelten wütend, breitbeinig hatte sie sich vor ihm aufgebaut, kampfbereit.
»Daß Sie auch noch andere Dinge können außer putzen.« Hugh legte eine Hand an ihre Wange und zog sie dann schnell wieder weg. »Sie sind sehr talentiert. Nur leider verzetteln Sie sich zu sehr.«
Seine Berührung schien ihre Haut zu versengen. Sie sann auf einen niederschmetternden Gegenschlag. »Manche Leute schwafeln gerade dann besonders gescheit daher, wenn sie keine Ahnung haben, wovon sie reden.«
»Und manche Leute flüchten sich gerade dann in Aggression, wenn man sie mit der Wahrheit in die Enge treibt.«
May holte tief Luft, um zu leugnen, daß sie aggressiv sei, aber statt dessen schluckte
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