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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Fforde
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den Mut, ihn auf ein Bier einzuladen, nur um sein Gesicht zu sehen.
    »Worüber lachen Sie?« fragte er.
    »Oh ... nichts Besonderes. Haben Sie Weihnachten was Nettes vor?«
    »Allerdings. Ich werde vor meinem Kamin sitzen, ein Buch lesen und einen ziemlich guten Portwein dazu trinken. Darauf freu’ ich mich wirklich. Und Sie?«
    »Oh, ich werd’ zu meinen Eltern fahren. Wir werden einen Mordskrach haben, Mum wird sich völlig abrackern, aber wir werden es mal wieder genießen.«
    Es herrschte ein einvernehmliches Schweigen. Das sanfte Dahingleiten schien all ihre Differenzen auszubalancieren.
    »Kommen Sie nie in Versuchung, einfach immer weiter und weiter den Kanal entlangzufahren?« wollte er schließlich wissen.
    »Ich würd’s tun, wenn das irgendwas nützen würde«, erwiderte sie. »Aber weglaufen hilft nichts. Außerdem würde Mike meinen Liegeplatz an jemand anders vermieten, wenn ich ihn aufgäbe, und dann bekäm’ ich keine Zulassung mehr für mein Boot. Es ist ein Teufelskreis.«
    »Sie könnten doch einen anderen Liegeplatz mieten.«
    May schüttelte den Kopf. »Einen Liegeplatz für ein Hausboot in London zu ergattern ist ungefähr so wie sechs Richtige im Lotto. Außerdem sind sie unerschwinglich. Ich schulde Mike einen Haufen Geld, aber der Liegeplatz ist im Grunde sehr billig verglichen mit anderen. Darum will er mich ja loswerden, damit er zu einem höheren Preis neu vermieten kann. Wenn ich bleibe, kann er die Miete immer nur um einen bestimmten Prozentsatz erhöhen. Was für mich schon schlimm genug ist.«
    Hugh nickte. »Einem Freund von mir gehört ein Lagerhaus, das an einem Arm des Kanals liegt.«
    »Tja, wenn er knapp bei Kasse ist, raten Sie ihm, es als Bootshafen zu vermieten.« Sie seufzte und hörte selbst, wie mißmutig sie klang. »Wir müssen umkehren. Hier ist die letzte Wendemöglichkeit auf viele Meilen.«
    »Zu schade. Es hat mir solchen Spaß gemacht.«
    Ihr auch. Trotz der Frotzeleien und der ironischen Bemerkungen, die sie so rege austauschten, hatte sie das Gefühl, als habe er eine Ahnung von der Magie der Kanäle wahrgenommen. Und er schien sie verstanden zu haben, als sie ihm erklärt hatte, warum sie dieses Leben so liebte.
    »Würde es Ihnen was ausmachen, da runterzukommen? Wir müssen hier wenden, und dazu muß ich mich konzentrieren.«
    Das Manöver gelang perfekt. Es beanspruchte tatsächlich ihre volle Konzentration, das über zwanzig Meter lange Boot zu drehen, ohne die vertäuten Boote zu rammen oder ans Ufer zu stoßen.
    Der Bug zeigte heimwärts, und sie waren auf dem Rückweg, als Hugh wieder sprach. »Hören Sie, wenn Sie heute abend noch nichts vorhaben, könnten wir essen gehen.«
    Wollte er jetzt vielleicht sie anbaggern? Ein schneller Blick beruhigte sie. Außerdem hatte sie Hunger. Und da Harriet nicht da war, um irgend etwas Phantastisches aus einer Zwiebel und einer Dose Tomaten zu zaubern, würde May sich mit einem Berg Toast mit Marmite begnügen müssen, wenn sie sich selbst versorgen mußte. Nicht sehr verlockend. Aber ausgehen kam trotzdem nicht in Frage. Ihr Haushaltsbudget ließ keine Spielräume für solcherlei Luxus.
    »Ich fürchte, das kann ich mir nicht leisten.«
    Hugh war einen Moment verblüfft. »Aber ... ich wollte Sie einladen.«
    Jetzt war May an der Reihe, ein verdattertes Gesicht zu machen. Sie war seit Ewigkeiten nicht mehr zum Essen eingeladen worden. Sie war ziemlich durcheinander und versuchte einen geordneten Rückzug. »Ich hab’ nicht viel für Restaurants übrig, wissen Sie.«
    »Nein, ich kann mir irgendwie auch nicht vorstellen, daß Sie dort so besonders willkommen sind.« Er sah vielsagend auf ihre Latzhose und die schweren Stiefel. »Aber wir ..., ich könnte etwas zu essen holen.«
    Die Drüsen unter Mays Ohren fingen an zu schmerzen.
    »Es würde gegen meine Prinzipien verstoßen anzunehmen ...«
    »Himmel Herrgott noch mal! Sie haben mir Tee und Kekse angeboten, ich habe Ihre Gastfreundschaft angenommen. Warum um alles in der Welt können Sie meine nicht auch akzeptieren? Wenn es Ihnen die Sache erleichtert, kann ich es ja auf meine Spesenrechnung setzen.«
    »Was für einen Unterschied sollte das machen?«
    »Sie könnten sich einreden, Sie bekämen ein Essen auf Kosten der aufgeblasenen Plutokraten.«
    May und ihre Prinzipien gerieten ins Wanken. Sie wußte, sie stellte sich albern an. Wäre auch nur irgend etwas halbwegs Genießbares in der Kombüse gewesen, hätte sie ihm angeboten, es zu teilen. Hätte sie

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