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Wilde Saat

Wilde Saat

Titel: Wilde Saat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Octavia Butler
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wollen?«
    Anyanwu schwieg.
    »Diese sieben sind bestimmt nicht die einzigen, die du getötet hast.«
    Sie seufzte, starrte ins Feuer. »Ich jage ihnen Angst ein, wenn ich kann. Ich töte sie nur im äußersten Notfall. Sie zittern oft vorher schon vor Angst, und es ist ein leichtes, sie davonzujagen. Ich mache die Leute hier reich und wohlhabend, damit sie für lange Zeit nicht mehr auf die Idee kommen, meinen Tod zu wünschen.«
    »Sag mir, wie du die sieben getötet hast!«
    Sie erhob sich und ging nach draußen. Inzwischen war es dunkel geworden – tiefe, mondlose Nacht, aber Doro zweifelte nicht daran, daß Anyanwus Augen auch diese Du n kelheit durchdringen konnten. Wohin war sie gegangen und warum?
    Sie kam zurück, setzte sich wieder und reichte ihm einen Felsbrocken. »Zerbrich ihn«, sagte sie au s druckslos.
    Es war Felsgestein, das er in der Hand hielt, kein g e trockneter Lehm. Und obwohl er ihn mit einem anderen Stein oder einer Eisenstange hätte zertrümmern können, vermochten seine bloßen Hände ke i nerlei Wirkung auf den Stein auszuüben. Unbesch ä digt gab er ihn ihr zurück.
    Anyanwu nahm ihn und zermalmte ihn mit einem Druck ihrer Hand.
    Er mußte diese Frau haben! Sie war wildes Saatgut von der besten Art. Sie würde den Kindern, die er mit ihr zeu g te, frisches Blut zuführen. Sie würde für seine ganze Nac h kommenschaft eine unerwartete und unvorstellbare Kräft i gung bedeuten.
    »Komm mit mir, Anyanwu! Du gehörst zu mir und zu dem Volk, das ich sammle. Bei uns bist du unter deines g leichen. Bei uns brauchst du dich vor niemandem zu fürc h ten, und du brauchst niemanden zu bestechen, damit er dich am L e ben läßt.«
    »Ich wurde unter den Menschen hier geboren«, sagte sie.
    »Ich bin eine von ihnen.« Und hartnäckig wiederholte sie: »Du und ich, wir gleichen uns nicht. Wir passen nicht z u einander.«
    »Wir haben mehr Ähnlichkeit miteinander als mit jedem anderen Menschen. Vor allem haben wir es nicht nötig, uns voreinander zu verstecken.« Er betrachtete ihren kraftvo l len, muskulösen Jungmännerkörper. »Verwandle dich wi e der in eine Frau, und ich werde dir zeigen, daß wir zue i nander passen.«
    Sie brachte ein schmales Lächeln zustande. »Ich habe mit zehn Ehemännern siebenundfünfzig Kindern das Leben geschenkt«, sagte sie »Was, glaubst du, kannst du mir noch zeigen?«
    »Wenn du mit mir kommst – dessen bin ich sicher –, werde ich dir eines Tages Kinder zeigen können, die du niemals zu Grabe tragen mußt.« Er machte eine Pause, sah, daß er nun ihre volle Aufmerksamkeit besaß. »Eine Mutter sollte nicht mitansehen müssen, wie ihre Kinder älter we r den und sterben«, fuhr er fort. »Wenn du lebst, sollten auch sie leben. Es liegt an ihren Vätern, daß sie sterben. Laß mich dir Kinder schenken, die am Leben bleiben.«
    Sie bedeckte das Gesicht mit ihren Händen, und einen Moment lang glaubte er, sie weine. Doch dann blickte sie auf, und ihre Augen waren trocken. »Ki n der aus deinen geraubten Lenden«, murmelte sie.
    »Nicht aus diesen Lenden.« Er wies auf seinen Kö r per. »Dieser Mann war nichts Besonderes. Ich ve r spreche dir, wenn du mit mir kommst, werde ich dir Kinder schenken, die von deiner Art sind.«
    Ein langes Schweigen folgte. Anyanwu saß da und star r te ins Feuer. Vielleicht war sie dabei, sich zu einem En t schluß durchzuringen. Schließlich sah sie ihn an. Sie mu s terte ihn mit solcher Eindringlichkeit, daß er anfing, sich unbehaglich zu fühlen unter i h rem Blick. Seine Reaktion belustigte ihn. Er war es eher gewohnt, andere in Verl e genheit zu bringen, ihnen Unbehagen zu bereiten. Er mochte das a b schätzende Forschen ihres Blickes nicht – obwohl sie dabei war, sich zu entscheiden, ob sie seinen Vorschlag anne h men sollte oder nicht. Falls er sie lebend bekommen konnte, würde er ihr eines Tages Manieren beibringen müssen.
    Erst als sie damit begann, sich Brüste wachsen zu lassen, hatte er die Gewißheit, daß er Sieger geblieben war. Er stand auf, und nachdem die Verwan d lung beendet war, zog er sie mit sich zu der Bettstatt.

II
    Am nächsten Morgen standen sie bei Tagesanbruch auf. Anyanwu gab Doro ein Buschmesser und versah sich ebe n falls mit einer solchen Waffe. Sie wirkte ruhig und zufri e den, als sie einige ihrer Habseligke i ten in einen länglichen Korb packte. Nun, da ihr En t schluß gefaßt war, hatte sie alle Zweifel beiseite g e schoben, obwohl sie sich wegen ihrer Leute immer noch große Sorgen

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