Wilde Wellen
fassungslosen Gesichtsausdruck sah, mit dem Marie um das Auto herumging. Jetzt blieb sie stehen. Starrte auf die Schnauze des Autos. Was war denn plötzlich los?
»Papa, ist das dein Auto?« Ihre Stimme war ganz klein.
»Ich hab es doch gerade gesagt, das Auto hat deiner Mutter gehört.«
»Ich habe eine Scherbe gefunden, die genau zu dem Schaden an dem linken Scheinwerfer hier passt.«
Welcher Schaden? Das Auto hatte keinen Schaden. Es war total in Ordnung gewesen, als er es das letzte Mal gesehen hatte. »Die Scherbe lag im Gras, gleich neben der Stelle, an der Céline überfahren worden ist.«
Michel hatte keine Ahnung, wovon Marie redete. Sie war ganz weià im Gesicht. Starrte ihn unverwandt an.
»Willst du mir nicht sagen, was passiert ist?«
»Was soll denn passiert sein? Marie, ich habe keine Ahnung, wovon du redest. Ich weià nichts von einer Scherbe. Das Auto war immer total intakt.«
»Bis du Céline angefahren hast.«
Was sagte sie da? In Michels Kopf taumelten Maries Worte durcheinander. Das konnte sie nicht ernst meinen. Er musste sich verhört haben. Was hatte Moniques Auto mit Célines Tod zu tun?
Jetzt sah er das zerbrochene Scheinwerferglas. Er konnte sich nicht erklären, wie das passiert sein konnte. Das Auto hatte jahrelang nur in dieser Garage gestanden. Die immer abgeschlossen war. Er war nicht damit gefahren. Und es gab niemand anders, der einen Schlüssel hatte. Weder zur Garage noch für das Auto.
»Das kannst du doch nicht glauben. Dass ich etwas mit Célines Tod zu tun hätte ⦠Marie, wie kannst du so was auch nur eine Sekunde lang denken?«
Sie hatte es nicht glauben wollen, als Paul ihr von Claires Vermutung erzählt hatte. Sie hatte Paul gehasst in diesem Moment. Hatte ihn beschimpft. All die Argumente für Michels Schuld, die ihr durch den Kopf gegeistert waren, hatte sie weggewischt. Weil sie es nicht zulassen wollte. Weil sie nicht wollte, dass der Mann, den sie gerade erst als ihren Vater akzeptiert hatte, ein Mörder sein sollte. Und wenn kein Mörder, dann doch zumindest ein Mann, der eine sterbende Frau auf der StraÃe hatte liegen lassen und einfach davongefahren war, um sich seiner Strafe zu entziehen. Was sollte sie tun? Die Polizistin in ihr wusste es genau. Sie musste ihren Vater verhaften und zu den Kollegen nach Brest bringen.
Mit quietschenden Bremsen hielt ein Auto vor der Garage. Michel sah Marie an.
»Polizei. Michel Dumont, sind Sie da drin?«
»Du hast deine Kollegen schon gerufen?«
Michel machte die Tür weit auf.
»Ja?«
»Es tut mir leid, wir haben einen Hinweis bekommen, dass Sie einen Peugeot 403, Baujahr 1957 besitzen. Er soll in dieser Garage stehen.«
Als Michel Kommissar Tessier und seine Kollegin Madeleine in die Garage lieÃ, konnte Marie ihre Ãberraschung nicht verbergen.
»Ich habe das Auto gerade entdeckt. Mein Vater und ich waren schon auf dem Weg zu euch.«
Bernard Tessier musste nur einen Blick auf die linke Vorderseite des Autos mit dem zersplitterten Scheinwerfer werfen.
»Monsieur Dumont, es tut mir leid, aber wir müssen Sie verhaften wegen des Verdachts der Tötung von Céline Marchand und darauf folgender Fahrerflucht â¦Â«
Michels fassungslosen Blick auf sie würde Marie nie in ihrem Leben vergessen. Ohne mit ihm zu reden, hatte sie die Polizei alarmiert? Sie hatte ihm nicht den Hauch einer Chance gegeben, ihr etwas zu erklären?
»Ich war es nicht. Ich habe Céline nicht getötet.«
Es war nur ein Flüstern, als sich Michel seine Jacke anzog. Ohne Marie noch einmal anzusehen, ging er mit den Polizisten zu dem Streifenwagen, der vor dem Schuppen geparkt war. Mit gesenktem Blick wartete er, bis Bernard Tessier die Tür geöffnet hatte, setzte sich auf den Rücksitz. Die Menschen, die sich inzwischen vor der Garage versammelt hatten und neugierig die Verhaftung eines der bekanntesten Bürgers von Concarneau beobachteten, schien er nicht wahrzunehmen.
»Sagen Sie mir, wer Sie informiert hat? Wer wusste überhaupt davon, dass wir diesen Peugeot suchen? In der Presse habt ihr doch nichts verlauten lassen.«
»Wir wollten den Täter nicht aufschrecken. Dann hätte er ja die Möglichkeit gehabt, das Auto verschwinden zu lassen. Unsere Nachforschungen waren sehr diskret.«
»Aber irgendjemand muss davon gewusst haben. Hat der Anrufer seinen Namen nicht
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