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Wilde Wellen

Wilde Wellen

Titel: Wilde Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Sadlo
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Speedbootfahrer hatte sie abgeholt für ein Schiff, das draußen auf dem Meer lag. Möglicherweise war er ja der Schiffskoch. Was für eine blöde Idee. Natürlich würde Leon den Koch auf einem seiner Schiffe nicht mit ein paar Lebensmitteln, die er auch noch vor Tau und Tag auf seiner Yacht deponierte, versorgen. Es konnte nicht anderes als eine Erpressung sein. Aber wer erpresste Leon Menec? Und womit? Und vor allem – wenn es wirklich eine Erpressung war, wieso war Leon nicht zur Polizei gegangen? Marie war verwirrt. Alles war ihr in diesem Moment zu viel. Was ging in dieser kleinen Stadt eigentlich vor? Wieso gab es plötzlich so viele Unbekannte, die alle nichts miteinander zu tun zu haben schienen. Und die doch durch die Personen, die alle einander kannten, irgendwie miteinander verknüpft sein konnten. Sie fröstelte, als sie endlich in der kleinen Hütte des Bistros ihren Kaffee und ihr Croissant bekam. Während sie das heiße Getränk schlürfte, versuchte sie im morgendlichen Geplauder mit Theo, dem Wirt des Bistros, das Gespräch unauffällig auf Leon zu lenken. Das war nicht besonders schwierig, dass Theo ihn noch aus den Zeiten, als es ihm schlecht ging, kannte. Alle hier bewunderten den Selfmademann, der es geschafft hatte, nach der Katastrophe der Helena so schnell wieder auf die Beine zu kommen. Und sich zu einem der wichtigsten Unternehmer der Gegend entwickelt hatte. Und zu einem der wichtigsten Arbeitgeber. Man schätzte ihn als Chef und als Mensch. So etwas war durchaus nicht normal. Aber es schien tatsächlich, als habe Leon Menec keine Fehler gemacht. Im Gegenteil, er zahlte seinen Leuten schon immer Löhne, die leicht über dem Tarif lagen, es hatte nie betriebsbedingte Kündigungen gegeben, und in besonders guten Jahren war es sogar Brauch, dass seine Leute zu Weihnachten einen großzügigen Bonus erhielten. Eigentlich klang das alles ein bisschen zu gut, um wahr zu sein. Aber andererseits – die Leute hatten keine Veranlassung, einen Mann in den Himmel zu loben, wenn es nicht der Wahrheit entsprach, was sie ihr erzählt hatten. Und so ein Mann sollte erpresst werden? Marie beschloss, Michel zu fragen, ob er sich das vorstellen könnte. Und wenn auch er verneinte, würde sie versuchen zu vergessen, was sie gesehen hatte. Oder zu sehen geglaubt hatte. Denn dann musste sie sich doch geirrt haben.
    Und wenn ich Leon einfach selber frage? Möglicherweise war das ja das Einfachste. Das Nächstliegende war es allemal. Er würde sich vielleicht über ihre Frage wundern. Aber er würde ihr vielleicht eine Erklärung geben, die das ganze Geschehen als harmlos aufklärte.
    Das Städtchen erwachte langsam zum Leben. Die Bäckerin zog die eisernen Rollläden vor den Fenstern ihres Ladens hoch, und ein verlockender Duft nach frischem Baguette und Croissants schwappte in Maries Nase. Der Fleischer öffnete seine Ladentür und nahm die neuen Lieferungen entgegen, vor dem Gemüsehändler hielt ein kleiner Lastwagen, der eine Sondergenehmigung für die Einfahrt in die Fußgängerzone hatte. Marie wich ihm aus und beschloss, noch schnell beim Zeitungsladen, der in einer abgelegenen Straße lag, vorbeizugehen. Es machte ihr nichts aus, einen Umweg zu gehen.
    Weil sie es nicht eilig hatte, nach Hause zu kommen? Vermutlich. Denn dort würde Thomas auf sie warten. Der das Gespräch und den Streit, den sie gestern Abend gehabt hatten, bestimmt nicht auf sich beruhen lassen würde. Am liebsten wäre Marie noch Stunden durch den Ort geschlendert, nur um Thomas nicht begegnen zu müssen. Feige war das. Das wusste sie. Sie hatte ihn verletzt. Und jetzt wünschte sie sich einfach nur, ihn nicht zu treffen.
    Michel war aus dem tiefen, erschöpften Schlaf, in den er gesunken war, abrupt aufgewacht, als er vor der Tür den Lärm hörte, den die Männer der Müllabfuhr machten. Er hatte einen Moment gebraucht, um sich zu orientieren. Natürlich, er war in der Garage. Wo er doch eigentlich damit hatte anfangen wollen, das hübsche kleine Auto, das Monique damals hier stehen gelassen hatte, für Marie herzurichten. Und jetzt war es schon fast acht Uhr, und er hatte noch nicht einmal herausgefunden, ob das Auto überhaupt noch fahrbereit war. Er schalt sich einen alten Esel. Im Sessel einzuschlafen. Dann hätte er gleich zu Hause in seinem Bett schlafen können. Dann würden ihm auch die

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