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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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überraschte Miene sah und das Klingeln in seinen Ohren zu lautem Brüllen anschwoll, wurde ihm klar, was sie bereits bemerkt hatte. Es war nicht ihr Blut zwischen ihren Brüsten, sondern sein eigenes. Sein Blut, das in einem leisen Rinnsal über die Klinge seines Schwertes tropfte. Entsetzen wallte in ihm auf, als er erkannte, dass nicht sie, sondern er Gefahr lief, das Bewusstsein zu verlieren.
    Das Schwert entzog sich seinen tauben Fingern und fiel
friedlich auf die Wiese, als er über den Nacken seines Pferdes sank und die drahtige Mähne umklammerte. Er spürte, dass seine muskulösen Beine weich wurden, dass das Kettenhemd, statt ihn zu schützen, bleischwer an seinem matten Körper hing. Schweiß rann ihm in die Augen und raubte ihm die Sicht.
    »Geht«, stieß er mühsam hervor. »Lasst mich allein!«
    Erst dachte er, sie käme seiner Bitte nach; denn er hörte, wie sie vorsichtig zur Seite glitt und zögerte, als wisse sie noch nicht, welches der beste Fluchtweg sei.
    In dem Gefühl, als werde ihm die Haut von seinen Knochen geschält, brüllte er erneut: »Ich bitte Euch, zu gehen, Mädel. Und zwar sofort!«
    Die Schmerzen raubten ihm den Rest seines Stolzes, sodass er krächzend ein schändliches »Bitte …« hinzufügte.
    Mühsam öffnete er die Augen und sah sie flehend an. Sir Colin von Ravenshaw war nie zuvor vor jemandem auf die Knie gefallen, ganz sicher nicht vor einem Weib.
    Und zu guter Letzt auch nicht vor dieser Frau …
    Sondern er fiel auf sie drauf.

5
    Tabitha rührte sich nicht. In ihren kühnsten Tagträumen hatte sie sich gelegentlich gefragt, was für ein Gefühl es wäre, unter einem Mann zu liegen. Hüfte an Hüfte, Schenkel an Schenkel, seinen breiten Rumpf auf ihren zarten Brüsten, sein Gesicht in ihrem duftig frischen Haar.
    Unfähig, ihre klinische Neugier zu unterdrücken, schnupperte sie ein wenig. Ihr Vater war immer in eine Wolke teuren
Aftershaves gehüllt, und die Hand voll Männer, mit denen sie ausgegangen war, hatten zweimal täglich geduscht und sich rasiert. Bis dahin kannte sie also den Schweiß ehrlicher Arbeit, vermischt mit dem Duft von Pferd, Holzfeuer und Leder nicht - eine Mischung, die sie zwar als erdig, aber zugleich unleugbar verführerisch empfand. Der unrasierte Kiefer des Fremden kitzelte an ihrer Wange, und beinahe hätte sie erwartet zu hören, wie er heiser irgendeine Liebkosung flüsterte.
    Stattdessen stöhnte er, und sie riss entsetzt die Augen auf. Sicher hatte der arme Mann andere Sorgen, als ihr süße Nichtigkeiten zuzuhauchen - während er gerade am Verbluten war. So sehr sie auch glauben wollte, dass er einfach ein von ihren Eltern angeheuerter Speichellecker war, wirkte das Blut, das die Vorderseite ihres Pyjamaoberteils durchtränkte, alarmierend echt.
    Sie machte eine ihrer Hände frei und rüttelte an seiner Schulter. »Mr. Ruggles?«, zischte sie nervös. »George?«
    Wieder stöhnte er und presste seinen Körper noch fester gegen ihren Leib. Tabitha wand sich unter seiner Nähe, wodurch sie jedoch alles noch verschlimmerte.
    Es war mehr als frustrierend - und ihre eigene Schuld! Als er sie mit seinem Welpenblick bedacht hatte und vom Pferde gefallen war, hätte sie noch die Möglichkeit gehabt, ihm aus dem Weg zu springen. Stattdessen hatte sie dem unerklärlichen Verlangen nachgegeben, seinen Sturz zu mildern, weshalb sie nun unter seinem Gewicht beinahe zusammenbrach. Vielleicht würde sie gleich ersticken - aber es kam ihr vor, als wäre er absichtlich so gefallen, dass ihr der geringst mögliche Schaden widerfuhr. Selbst die Brille in ihrer Brusttasche schien noch intakt zu sein.
    Sie wandte den Kopf und sah sich suchend um. Das Pferd
stand ein paar Schritte von ihnen entfernt und knabberte, als hätte es nicht erst wenige Minuten zuvor mit seinen Hufen ihr Leben bedroht, genüsslich ein paar Kleeblätter. Lucy lag auf einer sonnenhellen Hügelkuppe und machte ein Nickerchen.
    Ein Schmetterling landete auf Tabithas Nase, und noch während sie ihn schielend betrachtete, flatterte er bereits wieder fort. Seufzend überlegte sie, ob sie wohl gezwungen war, die Ewigkeit gefangen unter diesem übellaunigen Fremden zu verbringen.
    Als sie den Kopf zurückdrehte, merkte sie, dass seine goldenen Augen sie weniger bedrohlich als vielmehr fragend anstarrten. Vorübergehend stellte Tabitha das Atmen ein. Er sah aus wie ein schläfriger Tiger, der überlegte, ob er seine Beute fressen sollte oder ob man sie doch besser als Spielzeug verwenden

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