Wilder als Hass, süsser als Liebe
Nachricht nur ein Vorwand gewesen war, um einen Mord zu begehen.
ROSS wechselte das Thema: »Ihr habt erwähnt, daß der Major beim Spionieren erwischt wurde. Was hat er genau getan? Sich so unehrenhaft zu benehmen, entsprach überhaupt nicht seiner Art.«
»Er versuchte, Briefe aus dem Gefängnis zu schmuggeln.«
»Stand in den Briefen etwas, das Buchara schaden konnte? War es Verrat?«
Sein Gastgeber blickte weg. »Zweifellos ja.«
»Da Major Cameron im Gefängnis war«, fuhr ROSS geduldig fort,
»wollte er bestimmt nur seine Familie und seine Vorgesetzten wissen lassen, wie es ihm ging, und das ist nur natürlich.«
Immer noch seinen Blick meidend, antwortete der Nawab:
»Vielleicht war es natürlich, aber es war unklug. Die Briefe eines Ferengi werden immer mit höchstem Mißtrauen betrachtet.«
Wahrscheinlich weil niemand genug Englisch kann, um einen Verrat zu erkennen, dachte ROSS voll Bitterkeit. Das Gespräch würde nichts erbringen, denn Abdul Sa-mut Khan war verpflichtet, seinen Herrscher zu unterstützen. ROSS beschloß daher, zu der Frage überzugehen, die für seine Familie am wichtigsten war. »Wie ist Major Cameron gestorben?«
Die Augen seines Gastgebers hellten sich auf. »Mit größter Tapferkeit. Monatelang hatte er im Schwarzen Brunnen gesessen, und als sie ihn herausbrachten, war seine Haut weiß wie Schnee und voller Schwären, und er mußte die Augen vor der Sonne schließen. Doch er stand aufrecht da, schlug das Zeichen des Kreuzes über seinem Herzen und verkündete, daß er als Christ sterben würde. Dann trennte ihm der Henker mit einem Schlag den Kopf ab. Er starb schnell und ohne zu leiden. Ein höchst erleuchtender Anblick.«
ROSS nickte mit grimmiger Miene. Die Darstellung stimmte mit dem überein, was Abdul Wahab ihm in der Karawanserei von Sarakhs berichtet hatte.
Der Nawab zuckte die Schultern. »Was kann man schon tun?
Vielleicht ist ein Fehler gemacht worden und der Brief des Emirs oder der Eurer Königin ist verlorengegangen, denn die Reise nach England ist lang und gefährlich. Eine wahre Schande, doch nun ist Major Cameron tot. Glaubt Ihr, Eure Landsleute werden Buchara für einen Irrtum strafen wollen?«
Wenn der Emir glaubte, es würde keine Versöhnung zwischen den zwei Nationen geben, dann hätte er keinen Grund, ROSS’ Leben zu verschonen, und einige gute Gründe, ihn einzusperren oder zu töten.
»Wie Ihr sagt, ist es eine Schande, aber zwei Länder sollten sich nicht wegen eines Irrtums bekriegen«, erwiderte er vorsichtig.
»Wenn ich nach England zurückkehre, könnte der Emir vielleicht einen Botschafter mit mir schicken, der sein Bedauern über den Fehler ausdrückt. Das könnte eine gute Gelegenheit sein, die Verbindungen zwischen den beiden Ländern zu stärken.«
Der Nawab strahlte. »Eine wunderbare Idee. Ich werde sie meinem Herrn unterbreiten.« Er erhob sich. »Kommt mit und seht Euch meinen Garten an. Er ist morgens am schönsten.«
ROSS folgte gehorsam. Als sie nach draußen traten, gesellte sich ein gewaltiger Usbeke mit militärischer Haltung zu ihnen. »Lord Kilburn, ich möchte Euch Jawer Sha-hid Mahmud vorstellen«, sagte sein Gastgeber. »Er ist der Kapitän meiner Hauswache und wird für Eure Sicherheit verantwortlich sein.«
Mit anderen Worten: Er war ROSS’ oberster Gefängniswärter. Der Rang des Jawers war vergleichbar mit dem eines britischen Majors, und er besaß eine befehlsgewohnte Aura. Er war hochgewachsen für einen Usbeken, nur wenige Zentimeter kleiner als ROSS, und kräftig gebaut. Von seinem bösartigen Gesichtsausdruck zu schließen, hielt er von Ferengis überhaupt nichts, schaffte jedoch eine knappe Verbeugung, als sie einander vorgestellt wurden.
Als ROSS mit seinem Gastgeber fortging, spürte er den Blick des Jawers in seinem Rücken brennen. Man brauchte keine großartige Phantasie, um zu erkennen, daß der Mann eine Quelle möglichen Ärgers sein konnte. Er sah wie ein Mensch aus, der Bestechungsgeld annahm und den, der es ihm gegeben hatte, anschließend wegen Verrats anzeigte.
Während sie durch den Garten schlenderten, machte Abdul Samut Khan eine anmutige umfassende Geste über seine Blumen. »Es gibt ein altes persisches Sprichwort, vielleicht kennt Ihr es.
>Wenn du zwei Laibe Brot hast, verkaufe einen und erstehe dafür eine Hyazinthe!<«
»Ich habe es schon gehört, und es liegt große Weisheit darin«, gab ROSS zurück, wobei er sich fragte, was sein Gastgeber wirklich im Sinn hatte. Irgendwie
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