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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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erreicht.«
    »Ihr traut mir nicht, nicht wahr?« erkannte Abdul Samut Khan.
    »Das ist gut, denn ein weiser Mann ist immer auf der Hut. Aber ich war ein Freund für Major Cameron. Seht, er hat mit eigener Hand etwas geschrieben, um zu bezeugen, was ich für ihn getan habe.« Er griff in seinen Mantel und zog ein Papier heraus, das er ROSS reichte.
    ROSS spürte ein Kribbeln im Nacken, als er den Zettel auseinanderfaltete. Dort standen in zittriger, doch unverkennbar lans Schrift die Worte geschrieben: »Ich schreibe dieses Dokument, um die guten Dienste zu bezeugen, die mir der Nawab Abdul Samut Khan erwiesen hat.« Nach der Auflistung einiger Freundlichkeiten schloß lan: »Ich unterzeichne dies als lan Torquill Cameron zu Buchara am’l vierzehnten September im Jahre des Herrn 1840.«
    Der Brief eines Toten. Mit leicht bebender Hand faltete ROSS das Papier wieder zusammen und gab es zurück. »Im Namen des Majors Familie und meiner eigenen möchte ich Euch den allertiefsten Dank für das, was Ihr für ihn getan habt, aussprechen.«
    Abdul Samut Khan nickte feierlich. »Und so wie ich sein Freund war, werde ich auch Euer Freund sein.«
    Vielleicht stimmte es. Aber dennoch konnte ROSS ihm nicht recht trauen.
    Nachdem ROSS mit dem Nawab fortgegangen war, machte Juliet sich selbst auf die Suche nach etwas zu essen. Endlich fand sie eine Küche und einen angrenzenden Speisesaal für Diener. Reza war schon dort und begrüßte sie begeistert. Sie erwiderte seine Begrüßung, sprach aber ansonsten mit niemanden, aß ihr Brot, trank ihren Tee und ging wieder. Wie gewöhnlich wurde sie mit beträchtlicher Neugier beobachtet, aber nachdem sie ein oder zwei Versuche, sie in ein Gespräch zu verwickeln, ignoriert hatte, störte sie keiner mehr.
    Die echte Herausforderung kam, als sich Juliet dem Haupttor des Gebäudekomplexes näherte. Augenblicklich vertrat ihr ein Wächter mit Lanze und Schwert den Weg. »Halt!« bellte er.
    Sie hielt an, wich aber nicht zurück. Statt dessen ließ sie ihre Hand unauffällig in Messernähe gleiten und starrte auf den Wachmann herab, der einige Zentimeter
    kleiner als sie war. Dann sagte sie im gutturalsten Persisch: »Bin ich ein Gefangener?«
    Er zögerte, offensichtlich unsicher, wie der Status des Targi war, und kam dann augenscheinlich zu dem Schluß, daß der wilde Diener des Ferengis nicht von Bedeutung war. Er trat zur Seite.
    Ohne zurückzusehen, eilte Juliet zügig durch die Gassen, als wüßte sie genau, wo sie hinwollte. Saleh hatte ihr eine Karte der Stadt gezeichnet und die Hauptstraßen und wichtigsten Gebäude markiert, und nun wollte sie sich so schnell wie möglich orientieren. Zum Glück war die leuchtende, türkise Kuppel der großen Moschee ein Wegzeichen, das praktisch in der ganzen Stadt zu sehen war, und dadurch kam sie zielsicher am Registan an.
    Es war viel interessanter, das Leben der Straßen zu Fuß zu entdecken als vom Kamelrücken aus. Hier schien man schlichtes Kleiden nicht als Tugend zu betrachten. Jeder, der es sich leisten konnte, trug Gewänder aus prächtig gefärbter Ikat-Seide. Die Stoffe waren das berühmteste Produkt Bucharas - die Stadt war nicht nur einer der wichtigsten Oasen an der Seidenstraße, sie exportierte auf ihr auch viel.
    Saleh hatte Juliet einmal erzählt, daß viele Familien Seidenraupen zu Hause züchteten, die Eier ausbrüteten, die verfressenen Zöglinge mit zarten Maulbeerblättern fütterten und später geduldig die wertvollen Kokons einsammelten. Mit einem schwachen Lächeln hatte er hinzugefügt, daß die Seidenraupen eine Sache war, die er nicht an zu Hause vermißte.
    Auf dem Registan kaufte Juliet ein köstliches Gemisch aus zerstoßenem Eis und Traubensaft, das man rahat ijan, die Freude des Lebens, nannte. Intelligent ausgetüftelte Eishäuser machten es für jeden Bewohner Bucharas möglich, selbst im Sommer kühle Getränke zu genießen. Dies
    war ein Luxus, den Juliet in England niemals erfahren hatte, aber natürlich brauchte man in Britannien auch kein Eis. Eher das Gegenteil.
    Nachdem sie sich ihren Weg um den gewaltigen Platz gebahnt hatte, drang sie in das Gewirr enger, gewundener Gassen ein, um das Viertel zu finden, in dem Salehs Bruder lebte. Geführt durch die Karte und ihren exzellenten Orientierungssinn, schaffte Juliet es, ihr Ziel zu erreichen, ohne sich ernsthaft zu verirren.
    Salehs Bruder Tura war ein Meisterweber, und sein Haus bezeugte den Wohlstand, den der Seidenhandel erbrachte. Der Diener, der ihr

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