Wilder als Hass, süsser als Liebe
auf den Weg zur nächsten Quelle.
Gnadenlos trieb Shabid seine Truppe durch die gelben, glühenden Sandwogen. Gerade noch in Sichtweite bewegte sich eine andere Gruppe Reiter mit Höchstgeschwindigkeit, und er wußte ohne den geringsten Zweifel, daß er seiner Beute auf der Spur war.
Sein Jagdinstinkt hatte Shahid bis hierhin gebracht, und es war eine fast unheimliche Fähigkeit, die Gedankengänge seiner Opfer nachzuvollziehen. Es hatte mit Gazellen und Löwen funktioniert, und nun stellte es sich als nicht weniger effektiv bei diesem verdammten Ferengi heraus. Am Oxus hatte ihnen ein Fährmann bestätigt, daß Kilburn mit drei Männern in westlicher Richtung ritt, aber es war wieder der Instinkt, der Shahid sagte, sie würden die südliche Route mit ihren wenig verläßlichen Wasserquellen nehmen.
Als sie den toten Brunnen erreicht hatten, wußte Shahid, daß er gewinnen würde, denn er und seine Männer hatten zwei Packpferde mit zusätzlichen Wasserschläuchen dabei, die noch voll waren. Bald mußten Kilburn und seine Gruppe langsamer werden, und dann würden sie reif für den Schlußakt sein. Mit einem grausamen Funkeln in den Augen trieb Shahid seine brummelnden Soldaten zu noch höherer Geschwindigkeit an.
Ein weiterer endloser, erschöpfender Tag verstrich. Juliet fand es schrecklich zu wissen, daß ihre Verfolger immer naher aufrückten.
Als sie über die Schulter sah, stellte sie fest, daß sie immer noch außer Schußweite waren, aber es würde
nicht mehr lange so bleiben. Sie erlaubte ihrem müden Pferd zu ROSS’ zurückzufallen. »Ich denke, wir sollten irgendwo Deckung suchen und auf sie warten.«
ROSS schnitt eine Grimasse. »Dazu wird es bald wohl kommen.
Unsere Gewehre sind unser großer Vorteil, zumal die meisten Usbeken längst nicht so gut schießen können wie Afghanen oder Paschtuns. Aber es steht immer noch zehn zu zwei Gewehren.«
Juliet blickte besorgt zum Himmel. »Wenn wir halten, sollten wir es bald tun, bevor die Sonne untergeht.«
Er musterte ihre Umgebung, die aus niedrigen Sandhügeln bestand. »Ich würde all den Sand für eine hübsche kleine Felsformation eintauschen, auf die wir klettern könnten.« Juliet lächelte schwach. »Ich würde all den Sand für praktisch alles, was du erwähnen könntest, eintauschen.«
Ihre Unterhaltung wurde durch Murads Ruf unterbrochen, der soeben den nächsten Hügel umrundet hatte. Alarmiert durch den Tonfall seiner Stimme, gaben ROSS und Juliet ihren Pferden die Sporen, bis sie die beiden anderen eingeholt hatten.
Weniger als eine Viertelmeile vor ihnen befand sich eine Gruppe schwarzhütiger Turkmenen. Es waren etwa zwanzig Mann ohne Kinder und Frauen, was darauf schließen ließ, daß es sich um eine Räubertruppe handelte… und sie hatten die Neuankömmlinge entdeckt und bewegten sich nun auf sie zu.
Juliet fluchte leise. »Das ist ja fast so reizend, wie zwischen Teufel und tiefem blauem Ozean entscheiden zu müssen.«
»Ehrlich gesagt sind das Alternativen, die ich diesen hier vorziehen würde«, bemerkte lan beißend.
Juliet versuchte zu entscheiden, was das Beste zu tun wäre, doch ihr müder Geist war leer. Vielleicht könnten sie die Männer, die ihnen folgten, erledigen, aber die Turkmenen
.
waren zu zahlreich, um sie zu bekämpfen. Und der Versuch, beiden Gruppen davonzulaufen, war bei dem geschwächten Zustand ihrer Pferde nahezu sinnlos.
ROSS atmete mit einem weichen, reuevollen Seufzer aus. »Wir haben nur eine Chance. Wir begeben uns in die Hände der Turkmenen und hoffen, daß ihre Gesetze der Gastfreundschaft uns beschützen.« Und zu Juliets Entsetzen trieb ihr Mann sein Pferd an und ritt mit erhobener Hand zum Zeichen des Friedens direkt auf die Plünderer zu.
»Er hat recht«, meinte lan bitter und drückte seinem Reittier die Fersen in die Flanken.
Juliet und Murad tauschten erschreckte Blicke aus. »Sie müssen verrückt sein, sich turkmenischen Räubern anzuvertrauen«, rief Murad aus.
Juliet war voll und ganz seiner Meinung, aber sie hatte auch keine andere Lösung anzubieten. »Sind Verrückte im Islam nicht heilig?« sagte sie mit trockenem Humor, als sie ihren Tagelmoust richtete. »Und ist Gastfreundschaft nicht ebenso geheiligt? Beten wir also, daß die Turkmenen an beides glauben!«
Mit einer Art übermütigem Draufgängertum stürmte sie hinter ROSS und lan her, die nun die Turkmenen erreicht hatten. Hinter ihr hörte sie das Galoppieren von Murads Pferd. Beide langten bei ROSS und lan an, als
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