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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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zurück.
    »Wenn du eine Reaktion haben wolltest, dann warst du zweifellos erfolgreich.« Während er sein Hemd wieder überstreifte, fügte ROSS nachdenklich hinzu: »Interessant, daß du meine äußerliche Ruhe so ärgerlich fandest. Eben die hätte mich einmal fast umgebracht. Bedeutet das, daß die britische Steifheit gefährlich ist?«
    »Sieht ganz so aus.« Juliet hatte seine stoische Gelassenheit tatsächlich mehr als ärgerlich gefunden. In der Zeit, die sie verheiratet gewesen waren, hatte er sich Fremden gegenüber stets hinter einer Mauer der Zurückhaltung verborgen, niemals aber vor ihr. »War die Kugel durch deine Brust das Ergebnis deiner ausgesprochenen Gelassenheit?«
    »Nein. Die habe ich bekommen, als jemand einen Freund von mir umbringen wollte und ich dummerweise in die Schußlinie geriet.«
    Juliet überlegte, ob sie nachhaken sollte, entschied sich dann aber dagegen. ROSS würde niemals etwas so Peinliches wie Tapferkeit zugeben. Im übrigen gab es keinen Grund, warum sie wissen mußte, was mit ihm geschehen war.
    Während er seine Manschetten befestigte, meinte er: »Es wäre tatsächlich besser gewesen, wenn du deine Identität verborgen hättest. Aber da du es nicht getan hast, fallen mir ziemlich viele Frage ein, die ich dir stellen möchte. Vielleicht hast du selbst ein oder zwei im Sinn. Sollen wir anfangen?«
    Nun, da die Katze aus dem Sack war, konnte Juliet ihm, wenn sie fair sein wollte, kaum eine Erklärung verweigern, warum sie hier am Rande der Welt gelandet war. Doch in dem gegebenen Augenblick war sie nicht in der Verfassung, etwas zu beginnen, das sich ganz sicher zu einer schwierigen, tiefgreifenden Diskussion auswachsen würde.
    »Nicht jetzt.« Sie stand auf. »Ich habe heute nachmittag einiges zu erledigen. Würdest du heute abend mit mir essen? Dann können wir reden, bis wir heiser und wütend sind.«
    »Was bestimmt eintreffen wird«, bestätigte er mit einem vergnügten Funkeln in seinen braunen Augen.
    Seine Bemerkung ignorierend, fuhr sie fort: »In der Zwischenzeit solltest du dich ausruhen und vielleicht dem Badehaus einen Besuch abstatten. Heißes Wasser wird deinen Prellungen guttun.«
    Sie reichte ihm den kleinen Salbentopf, damit er bei Bedarf selbst etwas davon auftragen konnte.
    »Also gut.« ROSS erhob sich und zog seinen zerschlissenen Rock über. »Ach da fällt mir ein … bin ich ein Gefangener?«
    Juliet starrte ihn verdattert an. »Natürlich nicht.« Dann biß sie sich auf die Lippe, als sie erkannte, daß es überhaupt nicht natürlich war, zumindest nicht nach der Art, wie sie ihn noch kurz zuvor behandelt hatte. »Ich bringe dich zu deinem Zimmer. Deine Sachen müßten schon dort sein.«
    Schweigend folgte ROSS ihr durch das ausladende Gebäude zu der Flucht der Zimmer, die ihm zugewiesen worden waren.
    Tatsächlich lagen Sattel und sein Gepäck bereits dort.
    Nachdem sie ihm erklärt hatte, wo sich das Badehaus oder der Hammam der Männer befand, sagte sie: »Wir sehen uns eine Stunde nach Sonnenuntergang. Ich schicke dir jemanden.«
    Plötzlich schoß ihr durch den Kopf, daß sie oft zusammen in der Tür eines Schlafzimmers gestanden hatten, doch jedesmal waren sie gemeinsam hineingegangen. Und vielleicht ließ der rätselhafte Blick, mit dem ROSS sie bedachte, darauf schließen, daß er dasselbe dachte.
    Abrupt machte Juliet kehrt und entfernte sich, ohne einen Blick zurückzuwerfen, wobei sie sich zu einer gemäßigten Geschwindigkeit zwingen mußte, statt um ihr Leben zu rennen.
    Sie bog um eine Ecke in einen anderen Korridor, ging ihn bis zum Ende und bog dann wieder ein. Im Palast lebten weitaus weniger Menschen als in seiner Blütezeit, und dieser Teil des Gebäudes war meistens leer. Und dann war sie zum ersten Mal, seit sie ROSS
    gefunden hatte, endlich allein.
    Die kühle Entschlossenheit, die sie durch die letzten Stunden gebracht hatte, bröckelte, und sie lehnte sich mit zittrigen Knien gegen eine Wand. Lieber Gott, ROSS hatte so recht. Es wäre unendlich viel leichter gewesen, sich niemals zu erkennen zu geben … und Juliet konnte nur sich selbst daran die Schuld geben.
    Bebend drückte sie sich an die Wand und rang um Atem. Sie hätte ihn niemals reizen dürfen! Ja, sie war wegen seiner Verwundung besorgt gewesen, auch frustriert durch sein kühles Verhalten. Aber der wirkliche Grund für ihr unmögliches Benehmen war Zorn gewesen. Wieder war ihr feuriges Rotschopf-Temperament mit ihr durchgegangen, und wieder war der Schuß nach

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