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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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verblüffende Neuigkeit verbaute. »Ist er gekommen, um dich von hier fortzuholen?

    Obwohl es geschrieben steht, daß eine Frau ihrem Gemahl gehorchen soll, werden deine treuen Diener es nicht zulassen, daß er dich gegen deinen Willen entführt.«
    »Der Lord will mich nicht wegholen. Es waren nur die Winde des Zufalls, die ihn hierhergeführt haben. Er war genauso überrascht wie ich, mich hier zu treffen. Und genauso entsetzt.« Juliet schenkte Saleh ein leises Lächeln. »Er würde es auch nicht wünschen, mich nach Hause zu holen. Wir haben uns seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen. Da ist nichts zwischen uns außer einem Pakt, den wir geschlossen haben, als wir jung waren. Zu jung.«
    Saleh streichelte nachdenklich seinen dichten grauen Bart, während seine Augen sie durchdringend ansahen. »Die Winde des Zufalls sind auch oft die Winde des Schicksals, Kind.«
    »In diesem Fall nicht«, sagte sie fest. »Komm, laß uns zu den Ställen gehen. Ich möchte ein Pferd für meinen Mann aussuchen, damit er schon bald weiterreiten kann.«
    Denn um ihres Seelenfriedens willen konnte ROSS nicht schnell genug verschwinden.
    Mit den alltäglichen Aufgaben in Serevan umzugehen, brachte Juliet wieder ins Gleichgewicht. Sie, Saleh und der Vorsteher des Dorfes besprachen zunächst den Wiederaufbau eines verrotteten Systems von Bewässerungskanälen, dann wählte sie ein Pferd aus, das ROSS’ Gewicht gerecht wurde, und schließlich ging sie in die Küche, um ein besonderes Essen für zwei zu arrangieren.
    Sie sprach auch mit ihren Männern, die von der Verfolgung zurückkehrten. Die Gruppe, die den Turkmenen nachgejagt war, hatte keinen Erfolg gehabt: Die Räuber hatten die offene Ebene erreicht, in der ihre Pferde in ihrem Element waren, und so hatte die Truppe aufgegeben
    und kehrtgemacht. Die Suche nach ROSS’ Dienern jedoch war erfolgreich gewesen. Nachdem man sie gefangen hatte, waren die Perser froh über die Nachricht gewesen, daß ihr Arbeitgeber noch lebte, und glücklich, die Sicherheit einer Festung in Anspruch nehmen zu können, statt zu riskieren, noch mehr Turkmenen über den Weg zu laufen.
    Der Nachmittag verstrich in Windeseile, und nur zu bald mußte sich Juliet zum Essen fertig machen. Zuerst ging sie in den Frauen-Hammam, um zu baden und sich das Haar zu waschen.
    Dann half ihr eine Dienerin, die Strähnen zu bürsten, während eine andere es trocken fächelte.
    Der Himmel wußte, daß sie ROSS nicht reizen wollte.
    Nichtsdestoweniger war sie Frau genug, um gut aussehen zu wollen. Ihr Haar faßte sie nicht zu dem gewohnten Knoten im Nacken zusammen, sondern ließ es in weichen Wellen auf die Schultern fallen. Doch was sollte sie anziehen? Als Gul-i Sahari trug sie fast immer nur Männerkleidung - sie besaß keines dieser orientalischen Frauengewänder. Allerdings …
    Mit beträchtlichem Zögern ging Juliet in die kleine Kammer, die an ihr Schlafzimmer grenzte. Dort stand eine abgeschabte Truhe, die die Reste ihres europäischen Lebens mitsamt zwei Kleidern enthielt. Sie hatte die Truhe seit Jahren nicht mehr geöffnet, hatte es aber auch nicht übers Herz gebracht, den Inhalt fortzuwerfen.
    Die Kleider hatten auch damals, als sie neu gewesen waren, nicht der Mode entsprochen. Kurz nach ihrer Hochzeit hatte Juliet leidenschaftlich gegen die barbarischen und schmerzhaften Korsetts gewettert und sich gefragt, warum die Europäer die echten Figuren ihrer Pfauen nicht mochten. ROSS hatte ihr versichert, daß er ihre Figur liebte und ihr mit atemberaubender Schlichtheit vorgeschlagen, sie solle sich Kleider ohne Korsett machen lassen, da ihre Taille auch so schmal genug war.
    Juliet hatte nicht gezögert, sich an die Verwirklichung von ROSS’
    Vorschlag zu machen. Obwohl die Schneiderin entsetzt gewesen war, hatte sie Lady ROSS Carlisle natürlich als Kundin nicht verlieren wollen, und so waren zwei Kleider, eins für den Tag und eins für den Abend, entworfen und genäht worden. Nun waren diese beiden die einzigen europäischen Kleider, die sie noch besaß.
    Zögernd kniete sich Juliet nieder, entriegelte die Truhe und hob dann den Deckel. Lavendelduft strömte ihr entgegen, und sie hielt sekundenlang die Luft an. Sie hatte vergessen, daß sie die Kleider zum Schutz in Lavendel eingepackt hatte, und nun traf der süßliche Geruch ihr zerbrechliches Nervenkostüm wie ein gewaltiger Schlag.
    Mit bebenden Händen schlug Juliet das Papier von dem blauseidenen Abendkleid zurück. Das zarte Material schimmerte

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