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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nehmen das Honorar von Herrn Zumberg zur Weiterleitung an mich in Empfang …«
    »Und?«
    »Sie behalten es.«
    »Aber –«
    »Kein Aber! Nur so geht's! Die Sache bleibt unter uns beiden, ich kann zufrieden sein, weil ich Ihnen das Bild ja tatsächlich geschenkt habe, und Sie können sogar sehr zufrieden sein, weil Sie das Bild haben und darüber hinaus auch noch das Geld, das Sie gut gebrauchen können, nachdem Sie Ihr Vater, wie Sie mir sagten, so kurz hält.«
    »Das Geld können Sie auch sehr gut gebrauchen, Fritz – oder nicht?«
    »Doch.«
    »Na also, dann –«
    »Nein!«
    Die Verwunderung in ihrem Blick, als sie ihn ansah, hätte nicht mehr größer sein können.
    »Fritz, Sie sind wirklich verdreht im Kopf.«
    »Aber nicht im Herzen, Anne.«
    Im Tal schlug eine Kirchturmuhr. Anne lauschte, zählte die Schläge mit und erschrak.
    »O Gott! Zwei Vertreter warten, die ich bestellt habe. Ich muß die gegeneinander ausspielen.«
    Sie machte auf dem Absatz kehrt und rief über die Schulter zurück: »Wiedersehen, Fritz!«
    »Wiedersehen, Anne!«
    »Vielleicht sehen wir uns heute abend in der Bar. Sind Sie da?«
    »Hundertprozentig – wenn ich weiß, daß Sie kommen!«
    »Gut!«
    Noch am gleichen Nachmittag führte Anne Selzer, nachdem sich die zwei Vertreter sowohl mit Zähneknirschen als auch mit geschäftlicher Hochachtung von ihr verabschiedet hatten, zwei Gespräche, das erste mit ihrem Vater, das zweite mit ihrem Verlobten.
    »Paps«, sagte sie, »ich habe mit Herrn Brühe gesprochen.«
    »Und?«
    »Er macht das Bild.«
    »Daß er das Bild macht, ist mir klar. Was will er dafür haben?«
    »Was schätzt du denn?«
    »Wieder zweitausend?«
    »Nein.«
    »Mehr?«
    »Weniger.«
    »Weniger? Sehr gut. Um wieviel weniger?«
    »Um zweitausend.«
    »Wie? Das verstehe ich nicht. Zweitausend weniger zweitausend ist null.«
    »Ganz richtig.«
    »Willst du damit sagen, daß er …«
    Dem Winzer schien die Stimme zu versagen.
    »Ja, Papa.«
    »Das gibt's doch nicht!«
    »Doch, Papa.«
    »Anne …«
    »Was?«
    »Ist der verrückt?«
    »Das habe ich ihn auch gefragt.«
    »Von dem lasse ich mich auch noch malen.«
    Der werde, setzte der Winzer hinzu, nie auf einen grünen Zweig kommen.
    »Sag aber dem Hermann vom Ganzen nichts, Paps, und auch dem Brühe nicht, daß ich dich eingeweiht habe.«
    »Warum nicht?«
    Anne erklärte es ihm, und er folgte ihren Darlegungen mit uneingeschränkter Zustimmung.
    »Das machst du ganz richtig«, pflichtete er ihr bei.
    So ganz wohl war ihr aber bei der Geschichte nicht.
    Ihr zweites Gespräch führte sie, wie gesagt, mit ihrem Verlobten.
    »Hermann«, begann sie, »mit dem Bild geht alles klar. Herr Brühe will es im unmittelbaren Anschluß an den Weinberg in Angriff nehmen.«
    »Du bleibst also dabei?«
    »Wobei?«
    »Daß er es macht?«
    »Ja.«
    »Mein Angebot steht immer noch, Anne, uns in Düsseldorf umzusehen.«
    »Danke, nein.«
    Nun wiederholte sich wörtlich die Frage, die auch Baptist Selzer gestellt hatte:
    »Was will er denn dafür haben?«
    »Den Preis«, antwortete Anne mit unbewegter Miene, »überläßt er dir.«
    »Was?«
    »Den magst du bestimmen.«
    »Ist das sein Ernst?«
    »Anscheinend ja.«
    »Und wenn ich sage: hundert Mark?«
    »Dann sagst du: hundert Mark.«
    »Oder fünfzig Mark?«
    »Auch dann.«
    »Oder zehn?«
    »Brächtest du denn das fertig, Hermann?«
    Das war die richtige Frage zum rechten Moment. Er erinnerte sich, wer er war.
    »Natürlich nicht. Ich doch nicht – Hermann Zumberg!«
    Sie nickte.
    »Aber einfach ist das nicht«, fuhr er fort. »Welchen Preis hieltest du denn für angebracht?«
    Sie wiegte den Kopf.
    »Ich weiß nicht … Vater zahlt ihm für den Weinberg zweitausend …«
    »Eine stolze Summe. Um so mehr wundert mich die plötzliche Bescheidenheit des Künstlers.«
    »Du mußt dich entscheiden, Hermann.«
    »Für ein Porträt von dir kann ich wohl nicht weniger zahlen als dein Vater für einen Weinberg.«
    »Wenn du es so siehst, Liebling, vermag ich dir nicht zu widersprechen.«
    Hermann Zumberg biß in den sauren Apfel. Für einen prominenten Maler hätte er sich leichten Herzens von zehntausend Mark getrennt. Für einen Unbekannten taten ihm zweitausend in der Seele weh. So war er, und so sind viele Leute.
    Die Bar war am Abend dieses Tages – eines Mittwochs – gut besetzt. Mehr als die Hälfte der Gäste waren Einheimische, die sich normalerweise während der Woche hier nicht so zahlreich sehen ließen, da sie früh raus

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