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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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paar Löckchen zurecht, machte zwei Wischer mit dem Lippenstift und eilte die Treppe hinunter. An der Tür verlangsamte sich ihr Schritt. Durchs Milchglas konnte man draußen den Schatten des Mannes sehen, der sich näherte. Die Rehbein legte die Hand auf die Klinke, und zwar im gleichen Moment, in dem dies auch der Mann draußen tat. Der programmierte leichte Zusammenprall war unvermeidlich.
    »Oh!« stieß Ingrid Rehbein hervor.
    Er: »Verzeihung!«
    Sie: »Ich habe nicht aufgepaßt! Ich muß mich entschuldigen!«
    Er: »Aber nein!«
    Sie: »Doch, doch, ich weiß, daß ich sträflich geistesabwesend war. Und stellen Sie sich vor – ist das nicht lustig? –, ich war in Gedanken in Madrid.«
    Er: »So?«
    Sie: »Was werden die zwei jetzt dort machen, dachte ich.«
    Das war wirklich zum Lachen und beide taten es.
    »Sie haben also nicht angenommen, daß ich – daß wir – schon wieder zurück sein könnten?« sagte er.
    »Wirklich nicht, Herr Zumberg. Ich sehe Sie hier vollkommen überraschend.«
    Der kleine Funken in seinen Augen glomm wieder auf, eine Idee größer jetzt.
    »Haben Sie ein bißchen Zeit, Frau Rehbein?«
    »Wieso?«
    »Wir könnten im Lokal eine Tasse Kaffee zusammen trinken. Oder fürchten Sie, daß Herr Selzer etwas dagegen haben könnte?«
    Verständnislos schüttelte sie den Kopf.
    »Herr Zumberg, fragen Sie mich doch nicht so etwas!«
    »Warum nicht?«
    »Weil ich Sie auch nicht frage, ob Sie fürchten, daß Fräulein Selzer etwas dagegen haben könnte.«
    Wie er diese Antwort fand, das ging hervor aus seinem Ausruf: »Sie haben recht!«
    »Außerdem scheinen Sie noch nicht zu wissen«, setzte Ingrid Rehbein hinzu, »daß Herr Selzer vor einer Stunde plötzlich weg mußte nach Köln. Er kommt auch nicht heute oder morgen zurück. Frühestens übermorgen.«
    Der Kaffee wurde in Begleitung eines Kognaks getrunken, und zwar nicht eines Kognaks vom Lokal, sondern eines aus der Hand Zumbergs, der ihn von seiner Reise nach Madrid mitgebracht und auf seinem Zimmer deponiert hatte.
    Spanischer Kognak, sagte er, sei für seinen Geschmack der beste der Welt, jedem französischen überlegen.
    »Deshalb bringe ich immer einen mit. Ich hole ihn rasch, damit Sie sich selbst davon überzeugen können, Frau Rehbein.«
    Nach drei Gläsern war Ingrid Rehbein beschwipst. Der letzte Rest ihrer Hemmungen, mit denen es ohnehin nicht weit her war, hatte sich verflüchtigt. Kaum anders erging es Zumberg, der vorher noch nichts gegessen hatte.
    »Herr Zumberg«, sagte sie, »ich muß eine ernste Frage an Sie richten …«
    »Bitte.«
    »Können Sie sich vorstellen, daß ich ihre Schwiegermutter werde?«
    »Nein«, erwiderte er aus Überzeugung. »Aber etwas anderes kann ich mir vorstellen.«
    »Was?«
    »Daß Sie meine Geliebte werden.«
    Zwischen den beiden wurden Nägel mit Köpfen gemacht.
    »Siehst du«, sagte Ingrid, »darauf wollte ich hinaus, Hermann.«
    »Kennst du Trier, Ingrid?«
    »Die Porta Nigra?«
    »Nein, die Hotelzimmer dort?«
    »Ich hoffe, sie sind gut.«
    »Wir werden es in den kommenden zwei Nächten feststellen. Einverstanden?«
    »Und was sagen wir denen hier?«
    »Daß du zwischendurch rasch nach Koblenz mußt, ich nach Düsseldorf.«
    »Und wo treffen wir uns wirklich?«
    »Ich hole dich hier in Wehlen mit dem Wagen vom Bahnhof weg.«
    »Du meinst, das klappt, ohne daß uns jemand sieht?«
    »Ja, sehen könnte uns höchstens der Schang, wenn er nach Gästen Ausschau hält, aber der ist zu blöd, um sich dabei etwas zu denken.«
    Die Zimmer im ›Winzergold‹ hatte, das wurde schon einmal erwähnt, Frau Wagner unter sich, eine zweimal verwitwete, gestrenge Wehlener Persönlichkeit. Nicht nur auf Sauberkeit der Fußböden, sondern auch auf moralische Reinheit zu achten, war ihr ein Bedürfnis. Und in letzter Zeit ging ihr da diesbezüglich etwas ganz entschieden gegen den Strich. Ihre Überzeugung wuchs, mit jemandem darüber reden zu müssen. Aber mit wem? Das Kapitel war heikel.
    Frau Wagner entschied sich für Herrn Gollwitzer.
    »Ihr Beruf«, sagte sie zu ihm, »setzt Diskretion voraus. Außerdem bietet er Ihnen in vieles Einblicke, die sich summieren zu dem, was man Lebenserfahrung nennt. Deshalb frage ich Sie: Was soll ich tun?«
    Der Kellner fühlte sich geschmeichelt.
    »Wo drückt Sie denn der Schuh, Frau Wagner?«
    »Hoffentlich haben Sie etwas Zeit, ich muß nämlich etwas weiter ausholen …«
    »Tun Sie das.«
    Frau Wagner verschränkte die Finger ineinander, drückte sie

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