Wildes Begehren
wissen, wo sie nie den Glauben an die Menschheit verlor.
Während Conner Marcos folgte, merkte er sich die Anordnung der Gebäude und den Standort der Wächter. Es gab einen großen Wasserturm mit einer schmalen Holztreppe. Conner vermutete, dass er nicht seinem eigentlichen Zweck diente, sondern eher als Hochsitz für Scharfschützen, denn anscheinend gab es noch einen anderen Wassertank, in der Nähe des Pumpenhauses. Drei kleine Wachhäuschen an der Umzäunung waren mit Posten besetzt. Von dort aus hatte ein guter Schütze den gesamten Wald im Blick und war gleichzeitig gut geschützt.
Sie traten ins Haus. Es war lang, niedrig und kühl, nach dem Vorbild spanischer Villen gebaut, mit einer Veranda, die sich über die Front und die beiden Seiten erstreckte und von einem Dach beschattet wurde, das auf dicken Säulen ruhte. Innen war das weitläufige Gebäude mit bequemen Möbeln ausgestattet, die viel Platz ließen, offenbar für einen Rollstuhl. Imelda schien zwar nicht der Typ Frau zu sein, der sich gern um andere kümmerte, am allerwenigsten um ihren alternden Großvater, doch der Einfluss des Mannes war im ganzen Haus zu spüren. Es gab lange Reihen sonniger
Fenster, auch wenn jedes einzelne vergittert war, und drinnen wie draußen wucherten hohe, buschige Pflanzen. Conner merkte, dass sie nicht nur sehr schön waren, sondern bei einem Kampf von Nutzen sein konnten. Sie waren groß genug, um die Fenster abzuschirmen und denen, die sich im Haus befanden, als Deckung zu dienen. Sollte zufällig ein Feuer ausbrechen, würden sie andrerseits den Flammen perfekte Nahrung geben.
Der alte Mann erwartete sie mit einem Lächeln auf dem Gesicht, das jedoch langsam verblasste, je näher Isabeau auf ihn zukam.
Ihre Miene dagegen hellte sich schlagartig auf, als sie Imeldas Großvater entdeckte. »Mr. Cortez. Wie schön, Sie wiederzusehen.«
Alberto Cortez streckte beide Arme nach ihr aus, sodass Imelda gezwungen war, sie loszulassen. Isabeau ergriff die Hände des alten Mannes und beugte sich herab, um ihn auf beide Wangen zu küssen.
»Ich bin hocherfreut, dass Sie uns besuchen, meine Liebe. Ich hatte gehofft, dass Sie kommen.«
»Ich wollte mir die Gelegenheit, Ihren Garten zu bewundern, nicht entgehen lassen. Die Pflanzen hier im Haus sind großartig.«
Imelda stieß einen langen, gelangweilten Seufzer aus. »Großvater, wir haben auch noch andere Gäste.« Über die Schulter hinweg warf sie den Männern ein kleines, entschuldigendes Lächeln zu.
Der alte Mann sah die Besucher freundlich an. »Verzeihen Sie mir«, sagte er, »aber Isabeau ist eine bezaubernde Frau. Willkommen in unserem Haus.«
Imelda verdrehte die Augen, sah aber davon ab, ihren
Großvater noch einmal zu tadeln, denn Marcos und Elijah schüttelten ihm bereits die Hand.
»Schön, Sie wiederzusehen, Sir«, sagte Elijah. »Isabeau ist wirklich bezaubernd.«
»Sie passen sicher gut auf sie auf«, erwiderte Alberto.
Elijah musterte Isabeau nachdrücklich. »Es ist ihr zwar gelungen, bis hierher zu gelangen und sich weit weg von zu Hause im Dschungel zu verkriechen, aber jetzt nehme ich sie wieder mit.«
Conner musste zugeben, dass Elijahs einfache Antwort als Schachzug brillant war. Mit diesem einen Satz gelang es ihm zu vermitteln, dass er keine Skrupel hatte, seine Familie mit eiserner Hand zu regieren und jeden Ausreißer, dem die Flucht gelang, wieder einzufangen. Das und die Tatsache, dass seine Schwester vor einiger Zeit verschwunden, aber wiedergefunden worden war, musste Imelda vermuten lassen, dass Elijah ihr in vielem sehr ähnlich war: ein grausamer, herrischer Diktator, der jeden Widerspruch im Keim erstickte.
Isabeau spielte ihren Part perfekt.
Die Augen gesenkt, um Elijahs gebieterischem Blick auszuweichen, rückte sie wie Schutz suchend etwas näher an Alberto heran.
Geistesabwesend tätschelte Alberto ihr die Hand. »Es macht Ihnen doch nichts aus, wenn ich Isabeau den Garten zeige, oder? Ich habe mich so darauf gefreut, vor ihr damit anzugeben.«
Es gab eine kleine Pause, in der Elijah sichtlich mit sich kämpfte.
»In Gottes Namen. Dann stören die beiden uns nicht, während wir übers Geschäft reden. Nadia! Bring uns sofort
etwas zu trinken«, rief Imelda einer jungen Hausangestellten zu.
Doch Elijah ließ sich nicht drängen. »Ich habe Isabeau schon einmal mit Ihrem Großvater gehen lassen, damals ist sie von einem Ihrer Sicherheitsleute belästigt worden. Das würde ich gern noch klären, ehe wir weiterreden. Ich
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