Wildes Blut
erleichtert, daß dem anderen nichts passiert war, daß sie keine Worte fanden für die Liebe und die Gefühle, die sie überwältigten.
Nach einiger Zeit sagte Slade angesichts Rachels aschfahlem Gesicht schließlich reumütig: »Das war vielleicht eine Fahrt, was, Schätzchen?«
»Du verfluchter alter Mann!« schrie sie wütend und immer noch verängstigt. Tränen strömten ihr übers Gesicht, und sie stürzte sich auf ihn und hämmerte mit den Fäusten gegen seine Brust. »Du verdammter alter Mann! Du hast mich fast umgebracht – und noch schlimmer, meinen besten Preisbullen dazu!«
Und dann lag sie plötzlich in den Armen ihres Mannes, schluchzte leise an seiner Brust, während er ihr beruhigend übers Haar strich und ihr tröstliche Worte der Liebe und der Entschuldigung ins Ohr flüsterte. Und ihre Welt war wieder in Ordnung. Schließlich löste sie sich aus seiner Umarmung, gefaßt und beruhigt und sagte mit verächtlichem Schniefen: »Das war’s also mit meinem Hochzeitsgeschenk!« und warf einen vorwurfsvollen Blick auf den demolierten Packard.
»Ja, also …« Slade rutschte verlegen auf seinem Sitz hin und her. »Ich fürchte, ich muß dir ein kleines Geständnis machen, Rachel«, sagte er in seinem besten zerknirschten Tonfall. »Weißt du, das Auto hab’ ich eigentlich für mich gekauft, weil ich gewußt habe, daß du, obwohl wir reichlich Geld haben, nur ungern was davon hergibst aus Angst, es bleibt nicht genug in der Blechdose auf dem Küchenregal, damit du dich sicher fühlst. Ich dagegen versteh’ nicht, daß wir mit vierzigtausend Morgen Land und fast ’ner halben Million auf der Bank nicht mal ein bißchen was ausgeben sollen, solange wir noch leben und es genießen können! Also hab’ ich mir, als Geschenk von dir, den Packard gekauft, und das hier kriegst du von mir.« Er zog ein kleines Päckchen aus der Tasche und reichte es ihr. »Alles Gute zum Hochzeitstag, Rachel, mein Herz.«
Rachel öffnete mit zittrigen Händen das schöne Papier und die hübschen Bänder (das hatte er im Laden verpacken lassen, weil Slade nie ein solches Päckchen fertiggebracht hätte, aber es war gut so). Dann hob sie den Deckel und schob das Seidenpapier zur Seite. In der Schachtel lag eine goldene, herzförmige Brosche, deren Rand mit Rubinen besetzt war. In der Mitte war ein einziges Wort eingraviert: Heartland.
»Oje, oje!« keuchte Rachel, als sie die Brosche sah. Die Tränen stiegen ihr in die Augen, und ihre Kehle war wie zugeschnürt.
Dann, als sie langsam die Brosche hochhob, sah sie, daß darunter eine pastellfarbene Karte lag. Sie schlug sie auf und darin stand in der kühnen schwarzen Schrift ihres Mannes: Meine allerliebste Rachel, trotz der vierzigtausend Morgen und durch jedes einzelne der vierzig Jahre war immer nur da, wo du warst, das Land, das mein Herz Zuhause nennt. Denn jetzt und für alle Zeit liebe ich dich von ganzem Herzen, meine Liebe. Slade.
»Oh, Slade, Slade! Ich liebe dich auch«, flüsterte sie lachend und weinend zugleich. Sie schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihn einen langen, wehmütigen Augenblick an sich. Dann griff sie nach der Brosche und sagte: »Wirst du – steckst du sie mir bitte an? Meine Hände zittern so, daß ich es wohl nicht schaffe.«
»Natürlich. Gefällt sie dir, Süße?« fragte er, als er die Brosche an den hohen Kragen ihres Brautkleides steckte.
»Gefallen? Ich liebe sie! Sie ist einfach wunderschön, Slade – das Schönste, was ich je besessen habe.«
»Dann hast du wohl nichts dagegen, wenn ich das Auto behalte?«
Rachel lachte unter Tränen und schüttelte den Kopf.
»Armer Chili Pepper«, seufzte sie. »Ich wette, der ist inzwischen auf halbem Weg nach Oklahoma und fragt sich, was ihn da fast erwischt hätte. Wahrscheinlich dauert’s einen Monat, bis er wieder ganz der alte ist. Dem Himmel sei Dank für diesen Heuhaufen! Wenn er nicht gewesen wäre, würden wir uns inzwischen die Radieschen von unten angucken. Er riecht aber ziemlich modrig. Wie lange der wohl schon hier ist? Du solltest wirklich ein paar Leute herschicken und die alte Scheune abreißen lassen, Slade …«
»Das werde ich ganz bestimmt nicht«, rief er beleidigt und fixierte sie mit grimmigem Blick. »Und ich will kein Wort mehr davon hören – und das ist mein letztes Wort!«
»Also, das versteh’ ich nicht. Sie ist gefährlich …«
»Es ist der Platz, an dem ich die Frau, die ich liebe, das erste Mal geküßt habe«, sagte er streng. »Und die bleibt
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