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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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anzusteuern.
    Liebermann war geradezu begeistert, als Kral ihm den Vorschlag unterbreitete, einmal mit nach Asch zu fahren. Offensichtlich gefiel ihm der Gedanke, einem Gymnasiallehrer Nachhilfe in Sachen Rotlichtmilieu zu geben. Er lachte meckernd: »Spielbank, he? Und dann a weng an Durchzug, wos moinst?«
     
    Schon am übernächsten Tag waren die beiden gegen neun unterwegs nach Asch. Ein Abstecher in die Spielbank müsse zunächst sein, so Liebermann, denn in den Puffs sei vor zehn, elf Uhr »noch der Hund verreckt«. Kral fragte vorsichtig, was er denn vom »Blue Moon« halte.
    Sein Begleiter zeigte sich angetan: »Gut, der Laden, sehr gut! Korrekte Abwicklung, tolle Weiber!«
    In der Spielbank war Liebermann ein bekannter und gern gesehener Gast. Das Personal im Saal einschließlich der Croupiers grüßte betont freundlich, sogar der Saalchef sah sich veranlasst, heranzutreten und nach dem Befinden der Neuankömmlinge zu fragen.
    Kral hatte sich ein Limit von hundert Mark gesetzt und begann mit einer Variante, von der er einmal in irgendeiner Illustrierten gelesen hatte: Ein Jeton auf Rot oder Schwarz, bleibt der Erfolg aus, wird der Einsatz so lange verdoppelt, bis die Farbe kommt. Der Haken an der schönen Theorie: Meist kam sie sofort, und als sie dann ausblieb, verdoppelte er so lange, bis die hundert Mark futsch waren. Spätestens jetzt wurde Kral klar, dass er bei den Verhandlungen in Wernersreuth unbedingt einen Spesenetat hätte einfordern müssen.
    Liebermann arbeitete vorwiegend mit Annoncen, wie »Orphelins« oder »große Serie«, gelegentlich setzte er auch auf Zahlen. Schon nach kurzer Zeit hatte er drei- oder vierhundert Mark verspielt. Aber es dauerte auch gar nicht lange, da schob ihm der Croupier einen stattlichen Stoß von Jetons zu, die gut und gerne einen Wert von über tausend Mark hatten. Nun wandte er sich Kral zu, um ihm spieltechnisch auf die Sprünge zu helfen. Ungefragt schob er ihm drei Hundert-Mark-Chips zu und forderte ihn auf, auf »Orphelins« zu setzen.
    Zögernd nahm Kral die Jetons an, ließ wechseln und befolgte den Rat.
     
    Beim Verlassen der Spielbank gegen halb elf war Liebermann nach eigener Aussage auf »plusminus Null« gelandet. Kral dagegen hatte einen Reingewinn von gut achthundert Mark eingefahren.
    »Hab’ ich gewusst«, kommentierte sein Begleiter die Ansage.
    »Aber wie …?«, hob Kral verunsichert an.
    »Weil du mit mir das erste Mal in der Spielbank warst«, unterbrach ihn Liebermann, »und weil du noch öfter kommen sollst, außerdem siehst du so aus, als hättest du auch Geld zum Spielen übrig.« Er lachte: »Hab’ ich nicht Recht? – Mit dem Geld, meine ich.«
    Kral entschied sich für ein undefinierbares »Na ja!«.
    »Nennen die Anfüttern«, klärte ihn Liebermann auf.
    »Aber das bedeutet doch, dass die irgendwie bestimmen können, wo die Kugel landet.«
    »Klar, können gute Croupiers auch, wenn nicht genau die Zahl, dann zumindest den Sektor.«
     
    Das Taxi fuhr zunächst in Richtung Gymnasium und bog kurz danach in eine Seitenstraße ein, die in Richtung Rathaus führte. Das »Blue Moon« war noch ziemlich leer. Kral hatte zunächst Mühe, sich in der blau eingefärbten Düsternis zu orientieren. An der Bar saßen zwei ältere Herren. Trotz der ziemlich lauten Disco-Klänge war unüberhörbar, dass sie aus Sachsen stammten.
    An einem der Tischchen lümmelten sich drei ziemlich gelangweilt dreinschauende, Kaugummi kauende Mädchen. Ein viertes tanzte auf einer Art Bühne an einer verchromten Stange, die vom Boden bis zur Decke reichte. Ihre Bewegungen erinnerten allerdings eher an Dehn- und Streckübungen. Bekleidet war sie nur mit einem Bikini, der von einer raffiniert flackernden Deckenbeleuchtung, die dem Takt der Musik folgte, zum Glänzen und Glitzern gebracht wurde. Wohl weniger erwünscht war der Effekt, dass das Licht auch die Neigung des Mädchens zur Magersucht unvorteilhaft zur Geltung brachte.
    Betont herzlich wurde Liebermann vom Barkeeper begrüßt, der auch die Stellung eines Geschäftsführers zu bekleiden schien. Der glatt rasierte Schädel und der schmale Oberlippenbart, dessen beide seitlichen Enden bis unter das Kinn reichten, verliehen dem Mann das Aussehen eines asiatischen Steppenkriegers. Wenn Kral sich nicht täuschte, hatte er den Mädchen das Zeichen gegeben, zunächst einmal in Wartestellung zu bleiben.
    Nachdem Kral eine Pfeife gestopft und zum Glimmen gebracht hatte, bemerkte er, dass ihn eine der Animierdamen

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