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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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seit einiger Zeit verschwunden. Er hatte sich wohl mit einer der Damen nach oben abgesetzt.
    Konnte, besser, durfte Kral jetzt sein Anliegen vorbringen? Er bat Svetlana zunächst an einen der Tische, um ein Mithören des Geschäftsführers auszuschließen. Einer seiner Kumpel sei rettungslos in ein Mädchen aus einem Club in Asch verliebt, begann er zögerlich, und schon ärgerte er sich über seinen Vorstoß, denn er wusste aus Erfahrung, dass er ein verdammt schlechter Lügner war.
    »Wie heißen Frau?«
    »Alena, glaube ich.«
    Svetlana schien irgendwie irritiert und blickte in Richtung Bar, obwohl der Geschäftsführer mit Sicherheit kein Wort mitbekommen hatte, dann zuckte sie mit den Schultern.
    »Viel Frau mit Name Alena, diese vielleicht in andere Club.«
    Aber dann schlug sie vor, man könne doch so tun, als habe man sich auf eine schnelle Nummer geeinigt, und nach oben gehen. Er müsse allerdings 60 Mark investieren.
    Kral war einverstanden. Svetlana lieferte das Geld beim Geschäftsführer ab und führte ihn in ihr karg möbliertes Zimmer mit französischem Bett, Nachtkästchen, schmalem Holzschrank, einem kleinen Couchtisch mit zwei abgenutzten Sesseln und einem Waschbecken samt Spiegel. An den Wänden hingen ausgeschnittene Bilder von Film- oder Musikstars, aber kein einziges Bild mit persönlichem Bezug.
    Svetlana drehte die beiden Wasserhähne auf und plätscherte mit dem Wasser, um möglichen Lauschern den Eindruck zu vermitteln, vor dem Akt sei erst eine gründliche Reinigung nötig. Darauf hätte sie allerdings verzichten können, denn aus dem Nebenzimmer drang reichlich Lärm. Die spitzen Schreie, die ein bisschen an das Quieken eines Schweinchens erinnerten, und das rhythmische Knarzen eines instabilen Bettes waren ein sicheres Zeichen dafür, dass nebenan ein Kunde zugange war, der laut Svetlana zu Typ 3, dem »Mann mit machen viel Arbeit«, gehörte.
    Wenn der Lärm von nebenan kurz aussetzte, fuhr Svetlana mit ihrem Täuschungsmanöver fort, nun aber in der Weise, dass auch sie Lustgeräusche ausstieß.
    Schade, dass ich diese Geschichte kaum jemandem erzählen kann, dachte Kral, der sich angesichts der skurrilen Vorstellung kaum das Lachen verkneifen konnte.
    In den Stöhnpausen flüsterte ihm Svetlana die Informationen zu, die ihn brennend interessierten: Es habe eine Kollegin namens Alena gegeben und die habe auch einen Verehrer aus Deutschland gehabt. Vor gut zwei Monaten sei sie plötzlich verschwunden, auch der Deutsche sei nicht mehr aufgetaucht. Die Möglichkeit, dass das Mädchen verkauft worden sei, schließe sie aus, denn der Geschäftsführer habe wegen des Verschwindens regelrechte Tobsuchtsanfälle bekommen und sei tagelang kaum ansprechbar gewesen. »Ist vielleicht abgehauen mit deutsche Mann?«, fügte sie schulterzuckend hinzu. »Aber wenn der auch suchen, sähr komisch!«
    Wäre in der Tat sehr komisch, dachte Kral, der davon ausging, dass der besagte Mann bei Selb erschossen worden war. Nach den Begleitumständen der Brücknerschen Visite im »Blue Moon« wagte er zunächst nicht zu fragen. Svetlana schien ihm eine ehrliche Haut zu sein, sie hatte sich geöffnet und ihm vertraut. Jetzt mit der Wahrheit herauszurücken, er arbeite ja eigentlich für die Polizei, schien ihm reichlich unpassend. Sie würde, dessen war er sich ziemlich sicher, tief enttäuscht sein und gar nicht mehr mit ihm reden.
    Aber schon auf der Heimfahrt ärgerte er sich über seine Zurückhaltung. Wahrscheinlich hatte Brückner von ihm auch einen Vorstoß in seiner Sache erwartet. Und Josef war ein guter Kumpel, dem geholfen werden musste, schließlich ging es um seine berufliche Zukunft. Als Kral in Selb aus dem Taxi stieg, war die Entscheidung schon gefallen: Er würde Svetlana gleich am nächsten Abend noch einmal besuchen.
    Aber wie sich anschleichen? Das war die Frage, die ihn am nächsten Tag nicht aus dem Kopf ging. Er entwarf Strategien, um sie sofort wieder zu verwerfen, er bastelte an Argumenten und erfand immer neue Lügengeschichten, um Svetlana die gewünschten Informationen zu entlocken. Er brauchte ziemlich lange, um den richtigen Weg zu finden: Nur die Wahrheit konnte ihn zum Ziel führen. Klar war allerdings auch, dass er mit einer Abfuhr rechnen musste.
     
    Gegen neun betrat Kral das »Blue Moon«. Er war der einzige Gast. Die Mädchen kicherten erwartungsvoll, sie rechneten wohl mit einer Neuauflage des Pfeifenumlaufs. Aber er gab deutlich zu verstehen, dass er nur Svetlana am Tisch

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