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Wildes Herz

Titel: Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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sie je gesehen hatte.
    „Nein.“ Sie lächelte ebenfalls. „Sie passte nicht in meinen Topf.“ Den Blechteller mit einer Hand haltend und ohne einen Tropfen zu verschütten, ging Janna in die Knie. Ihr war nicht bewusst, wie anmutig sie wirkte. „Vor einigen Wochen habe ich ein Päckchen Trockenkräuter, drei Briefe und einmal Vorlesen aus dem Sommemachtstraum gegen dreißig Pfund Trockenfleisch getauscht.“
    „Wie bitte?“
    Sie lachte leise. „Ich erzähle Ihnen alles, während ich Sie füttere. Können Sie sich aufsetzen?“
    Vorsichtig und dann mit mehr Zutrauen kam Ty hoch. Eben wollte er sagen, er könne gut allein essen, als ihm schwindlig wurde. Er lehnte den Rücken gegen den Felsen, der die Rückwand seiner Schutzhöhle bildete. Die Decke, die über ihn gebreitet war, rutschte ihm von der Brust auf den Schoß.
    Beim Anblick der dunklen Behaarung, die unter Tys Verbänden hervorlugte und sich bis unten fortsetzte, spürte Janna, wie ihr Puls schneller ging. Die Versuchung, mit den Fingerspitzen diese Muster nachzuzeichnen, war nahezu überwältigend.
    Sei nicht albern, schalt sie sich. Seit vier Tagen wasche, füttere und pflege ich Ty wie einen Säugling. Ich habe ihn gesehen, in der prallen Sonne und mit nichts als Seifenschaum auf der Haut. Warum zittere ich plötzlich und benehme mich wie eine dumme Gans?
    Weil er jetzt wach ist.
    Er blickte an sich selbst hinunter und fragte sich, warum er angestarrt wurde. Dann zuckte er zusammen. Unter dem Verband um seine Rippen schimmerten Prellungen in allen Regenbogenfarben.
    „Ich biete einen wunderbaren Anblick, wie? Sieht schlimmer aus, als es wehtut. Die Medizin, die du mir gegeben hast, wirkt gut.“ Janna schloss die Augen. Dann richtete sie den Blick auf den Teller. Feine Kreise zeigten sich auf der Oberfläche der Suppe. Ihre Hände zitterten unmerklich, seit sie Ty angeschaut hatte.
    „Du wirst doch nicht blass werden bei meinem Anblick, Bursche. Sicher hast du schon schlimmere Verletzungen gesehen.“
    Bursche. Gott sei Dank, dass er mich dafür hält. Mein Verstand schrumpft auf die Größe eines Sandkorns, wenn er mich mit diesem Verführerlächeln ansieht.
    Sie holte tief Luft, um sich zu sammeln.
    „Fertig?“ fragte sie und tauchte den Löffel in die Suppe.
    „Kann’s gar nicht abwarten.“
    Sie schob ihm den Löffel in den Mund und spürte den leichten Druck von Lippen und Zunge, als er den Inhalt aufnahm. Beinahe hätte sie den Teller fallen gelassen. Er merkte nichts. Der Geschmack der Suppe verblüffte ihn.
    „Das ist gut.“
    „Kein Grund, so erschrocken zu klingen“, murmelte Janna.
    „Nach der Pferdepisse wusste ich nicht, was du mir als Nächstes einflößt.“
    „Das war Medizin. Jetzt bekommen Sie etwas zu essen.“
    „Essen ist die beste Medizin. Nur gegen ein gewisses Männerleiden hilft ein anderes Mittel.“
    „Ach? Welches Mittel?“
    Ty lächelte viel sagend. „Wenn du erst ein Mann bist, erledigt sich diese Frage.“
    Der Löffel klapperte an seinen Zähnen.
    „Tut mir Leid.“ Sie tat unschuldig.
    „Mach kein verdrießliches Gesicht, Bursche. In deinem Alter ging es mir genauso. Du wirst noch ein Mann.“
    „Für wie alt halten Sie mich?“
    „Sagen wir... dreizehn.“
    Sie atmete durch die Zähne aus. „Sie brauchen nicht höflich zu sein.“
    „Verdammt, Bursche. Mit deinen weichen Wangen und dem zarten Knochenbau wirkst du eher wie zwölf. Das weißt du auch. Sobald du in den Stimmbruch kommst, ändert sich alles. Du musst nur Geduld haben.“
    Da half keine Geduld. Janna wusste, was sie war. Aber sie besaß genug Verstand und Selbstbeherrschung, um diese Wahrheit für sich zu behalten. Mit stetigen Bewegungen löffelte sie die Suppe in Tys Mund.
    „Willst du mich ertränken?“ Er nahm ihr den Löffel weg. „Ich kann allein essen. “ Krachend zerbiss er eine blasse Wurzel und wollte nach dem Namen fragen. Dann entschied er sich anders. Die erste Verhaltensregel in der Wildnis lautete, wenn etwas gut schmeckte, nicht danach zu fragen, was es war. Einfach dankbar sein und hinunterschlucken. „Was hat das zu bedeuten, mit den Kräutern - mit Shakespeare und den Briefen?“ fragte er zwischen zwei Löffeln Suppe.
    „Mein Vater und ich haben die Stücke mit verteilten Rollen gelesen. Das half, unterwegs die Zeit zu vertreiben. Ich besitze noch eine ganze Kiste mit Büchern“, erklärte Janna und musste hilflos zusehen, wie Ty mit der Zunge um seinen Mund fuhr und die Suppe aufleckte. „Wenn ich

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