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Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Titel: Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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war soeben klar geworden, wie Kater kommen und gehen konnte, sogar in geschlossenen Räumen. Er benutzte die wilden Wege. Offensichtlich konnte er, wo immer er wollte, ein Nebelloch öffnen, und zwar in Sekundenschnelle. Wäre Kater kein Tier, sondern eine Wildhexe gewesen, er wäre eine bessere Hexe als Tante Isa. Auf jeden Fall konnte er besser auftauchen und verschwinden. Ein leichter Schauer lief mir über den Rücken. Seit ich drei oder vier Jahre alt war, hatte ich mir ein Haustier gewünscht, am allerliebsten einen Hund, aber meine Mutter sagte immer, unsere Wohnung sei zu klein. Bis Kater in unser Leben trat. Mit ihm hatte sie sich abgefunden, auch wenn sie nicht unbedingt dicke Freunde geworden waren. Jetzt hatte ich also einen Kater – aber ihn für ein Haustier zu halten wäre wirklich sehr, sehr dumm gewesen.
    Erinnere. Vi. Ri. Di.
    ERINN EREVI RIDI AN.
    Erinnere Viridian.
    Vielleicht war es gar kein Fuchs gewesen, der seine Pfotenabdrücke im Schnee hinterlassen hatte. Sondern Kater. Aber wenn er wollte, dass ich mich an »Viridian erinnere«, wieso sagte er es dann nicht einfach? Wieso mystische Schneespuren und dieses merkwürdige halb erstickte Flüstern, als würde er die Silben kaum herausbekommen? Sonst schreckte er mich doch auch mit seinem Gebrüll auf, wann immer es ihm passte.
    »Ihr könnt jetzt mit den Aufgaben auf Seite 32 und 33 anfangen«, sagte unsere Mathelehrerin. »Was ihr hier nicht mehr schafft, macht ihr dann bitte zu Hause fertig.«
    »Ja, aber ich weiß nicht, ob ich das mit den Dreiecken richtig verstanden habe«, sagte Louise.
    »Versuch es erst mal alleine, Louise. Ich habe es jetzt schon zweimal erklärt!«
    Aber das stimmte gar nicht. Wegen dieser Sache mit Kater war sie mitten im zweiten Durchgang stecken geblieben.
    Was war nur so wichtig an Viridian? So wichtig, dass Kater in der Schule auftauchte, was er bisher noch nie getan hatte. Weder Shanaia noch Tante Isa hat es für nötig befunden, über Viridian zu reden. Ich hatte vielmehr den Eindruck, dass sie es längst schon wieder vergessen hatten.
    Aber Chimära hatte es gesagt. Zweimal zu mir und einmal zu Shanaia. Das musste doch irgendetwas zu bedeuten haben?
    Gemurmel und Geraschel wurden laut, als um mich herum alle anfingen, ihre Mäppchen auszupacken und in ihren Matheheften zu blättern.
    »Was hat sie denn? Ich hab doch nur gefragt …«, flüsterte Louise gerade so laut, dass alle es hören konnten. Unsere Lehrerin saß mit gerunzelter Stirn da und starrte Löcher in die Luft, als wäre sie davon überzeugt, etwas Wichtiges vergessen zu haben. Sie verlor kein Wort mehr über Kater.
    Ich wartete an unserer üblichen Stelle am Fahrradschuppen auf Oscar, auch wenn wir heute gar nicht mit den Rädern gekommen waren. Winzig kleine Schneeflocken rieselten aus dem bleigrauen Himmel, und es war ziemlich kalt, wenn man nur so rumstand. Endlich tauchte er auf, zusammen mit Theis. Ich hatte so gehofft, er würde alleine sein. Ich konnte Theis nicht besonders leiden, und außerdem musste ich mit Oscar reden. Dieses piekende, stechende Reißzweckengefühl war immer noch da, und ich wünschte mir so, dass zwischen uns alles wieder gut war.
    Aber da setzte Theis ein breites Grinsen auf und zeigte mit seinem Handschuh auf mich.
    »Oscar sagt, du hältst dich für eine Hexe.«
    Genauso gut hätte er mir einen Tritt in den Magen verpassen können. Mit einem krampfhaften Japsen entwich alle Luft aus meinen Lungen, und ich starrte Oscar ungläubig an.
    »Nein«, protestierte er. »So habe ich das nicht gesagt …«
    Er wedelte hilflos mit den Händen, als könnte er die Worte wieder wegwischen. Theis hörte gar nicht zu.
    »Zeig uns, was du kannst«, sagte Theis, immer noch mit demselben Grinsen im Gesicht. Man sah förmlich, dass er das für den besten Witz hielt, den er seit Langem gehört hatte. »Na los, Clara. Hex doch mal was für uns.«
    Drei Mädchen aus Oscars Klasse waren auf dem Weg aus dem Schulgebäude stehen geblieben.
    »Ich glaube, die kann höchstens Oscar verhexen«, sagte eine von ihnen, ein großes, dünnes Mädchen mit dunklen Haaren, das Caroline hieß. Und dann kicherten sie alle drei, gingen weiter und unterhielten sich dabei ziemlich laut.
    »Meine Cousine dachte mal, sie werde unsichtbar, wenn sie die Augen zumacht«, sagte eine von ihnen. »Aber die war auch erst vier.«
    Oscar schaute ihnen verzweifelt hinterher.
    »Das war nicht mit Absicht«, sagte er. »Es war nur … Ich habe gesagt …« Dann drehte

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