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Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Titel: Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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könnte ich sie mal eben wegzaubern. Aber das kann ich nicht.«
    »Deine Tante Isa hätte sich das jedenfalls nicht gefallen lassen«, sagte er stur.
    Nein, das hätte sie nicht. Alleine der Gedanke …
    »Ich bin nicht Tante Isa.«
    »Nein, und du wirst auch nie wie sie werden, wenn du es nicht versuchst, Clara.«
    Langsam fing ich an, mir zu wünschen, ich hätte Oscar nie von den Wildhexen erzählt. Ich hatte gerade einen wirklich üblen Start in den Tag hinter mir und durfte den restlichen Vormittag in nassen, dreckigen Klamotten herumsitzen. Und Oscar stellte sich hin und behauptete, das sei alles irgendwie meine Schuld. Das tat weh. Viel mehr als mein Fuß, mein Knie oder mein eingeseiftes Gesicht.
    »Was habe ich dir getan?«, fragte ich. »Wieso bist du plötzlich so? Sonst …« Ich hielt mich selbst gerade noch davon ab, »passt du doch auch immer auf mich auf« zu sagen, denn das klang so armselig. Aber es war so. Er passte immer auf mich auf. Schon damals im Sandkasten hatte er mich immer verteidigt und sich damit abgefunden, dass die anderen behaupteten, wir seien ein Liebespaar. Wir waren Freunde. Als wir sieben oder acht waren, hatte Oscar an einem warmen Nachmittag in den Sommerferien das Kartoffelmesser seiner Mutter gemopst, und wir hatten uns Blutsbrüderschaft geschworen.
    »Ich verstehe es einfach nicht«, sagte er. »Du kannst diese ganzen coolen Sachen. Shanaia sagt, Chimära hätte Angst vor dir. Aber du willst ihr nicht helfen, Vestmark zurückzubekommen. Und jetzt lässt du auch noch zu, dass dieser bescheuerte Martin mit seinen bescheuerten Freunden auf dir herumtrampelt. Clara, verdammt. Es wäre was anderes, wenn du dich nicht verteidigen könntest. Aber du kannst es doch.«
    »Du hast recht«, sagte ich. »Du verstehst es nicht. Wenn es so einfach ist, wieso machst du es dann nicht selbst?«
    Ich hob meine Tasche auf und wischte den schlimmsten Schneematsch ab. Ich konnte Oscar nicht anschauen. Meine Augen brannten. Ich wollte mich nicht mit ihm streiten. Das fühlte sich so hässlich und schrecklich an, als hätte ich eine ganze Schachtel Reißzwecken verschluckt. Er wusste doch schon immer, wie ich war, und hatte mich trotzdem gemocht. Wieso meinte er plötzlich, ich müsste eine ganz andere sein?

8  SCHEISSTAG

    Ich musste den ganzen Tag daran denken, was Oscar gesagt hatte. Ich fand es immer noch ungerecht. Wie sollte ich bitte seiner Meinung nach mit dem bösen Martin fertig werden? Martin ging in die Achte. Er war einen halben Kopf größer als ich. Und er hatte eine Menge blöder Freunde, die ebenfalls größer und stärker waren als ich.
    Nachdem ich nicht mal mit Martin fertig wurde, wie konnte man da auf die Idee kommen, ich hätte etwas gegen Chimära auszurichten. Es war ja nicht so, dass Shanaia mir nicht leidtat. Das tat sie wirklich. Es gab nur einfach nichts, was ich für sie tun konnte.
    Erinnere .
    Die Worte schlichen sich mitten in der Mathestunde in meinen Kopf, es war nicht mehr als ein Flüstern. Ganz und gar nicht wie Katers übliche lautstarke Botschaften. Deshalb entdeckte ich ihn auch nicht sofort.
    Erinnere. Vi .
    Ich rieb mit beiden Händen mein taubes Gesicht. Mein Kopf fühlte sich seltsam schwer an, und ich hatte das Gefühl, jeden Moment einzuschlafen.
    Ri .
    Was? Ich richtete mich mit einem Ruck auf.
    »Wer hat die Katze reingelassen?«
    Unsere Mathelehrerin zeigte aufgebracht auf meinen Rucksack. Oder besser gesagt auf das, was sich wie ein buschiger Fellüberzug darauf ausgebreitet hatte.
    »Kater!«
    Er erhob sich, machte einen Buckel und verpasste meinem Bein einen Hieb mit seiner breiten Pfote.
    Di .
    Dann verschwand er.
    Und ich meine verschwand .
    Im einen Moment war er da, ein schwarzer, massiger, warmer Katzenkörper mit funkelnden gelben Augen, im nächsten Moment war nur noch ein katzengroßer Nebelfleck zu sehen, der sich langsam auflöste, wie ein Rauchsignal, das am Himmel verschwindet.
    Unsere Lehrerin stand wie erstarrt da, noch immer einen anklagenden Zeigefinger auf meinen Rucksack gerichtet. Ich glaube, ich habe noch nie erlebt, dass eine Lehrerin derart ins Schleudern kam.
    »Die … die …«, stammelte sie.
    »Katze?«, sagte ich, kaum weniger sprachlos. »Äh … was für eine Katze?«
    Sie blinzelte ein paarmal. Dann ließ sie langsam den Zeigefingerarm sinken.
    »Nichts …«, sagte sie matt. »Ich … ich dachte nur …«
    Obwohl sie nicht gerade meine Lieblingslehrerin war, tat sie mir total leid. Aber ich sagte nichts. Mir

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