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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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voneinander nur die Nasenspitzen zu sehen bekommen. In mehreren Foren habe ich um Tipps gebeten. Ziemlich bald hat jemand gepostet, er kenne den idealen Ort für uns und ich solle ihm eine E-Mail schicken. Daraufhin empfahl er mir das Chix-Valley. Er sei seit drei Jahren nicht mehr dort gewesen. Damals habe ihn sein Freund Brian Wilken dorthin eingeladen, doch seit der Tragödie mit den Reffords stünde das Haus leer. Er hat mir Wilkens E-Mail- und Skype-Adresse gegeben.“
    Michael sprach beiläufig. Nun blickte er rasch in die Runde, um sicherzugehen, dass er die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer hatte. Jan war bereit zu wetten, dass eine außergewöhnliche Geschichte auf sie wartete.
    „Also habe ich ‚Refford Alaska‘ gegoogelt. Und siehe da, jede Menge Treffer. Unschöne Sache. Im ersten Moment war ich abgeschreckt. Erst nachdem ich mit Wilken telefoniert hatte, habe ich verstanden, dass ich einen Glückstreffer gelandet hatte.“
    Er nippte an seinem Whisky. „Wir befinden uns in einem der abgelegensten Teile Alaskas. Die nächste Straße ist mehrere Tagesmärsche entfernt und nur mit hochalpiner Ausrüstung und Erfahrung erreichbar. Dennoch gibt es hier zwei Hütten, oder gab es, sollte ich eher sagen. Unsere, die Wilken gehört, und die von einem Mr. Refford. Beide verbrachten jedes Jahr etliche Sommerwochen hier. Was ich euch jetzt berichte, steht zum Teil im Internet. Den Rest hat mir Wilken erzählt, um mich von meiner Idee abzubringen.“
    „Wie?“, fragte Laura. „Er wollte sein Haus gar nicht vermieten?“
    „Nein. Aber er hat sich rumkriegen lassen.“ Michael zwinkerte ihr zu. „Wahrscheinlich nur deshalb, weil er das Geld braucht. Refford und er waren im Ölgeschäft und hatten jede Menge Kohle. Nach allem, was passiert ist, hat ihn das Glück verlassen.“
    Er nahm einen tiefen Zug. „Refford und Wilken waren also hier, wie jedes Jahr im Sommer. Wilken ist verwitwet, Refford geschieden, weswegen sie sich nach ein paar Wochen Freunde dazuzuladen pflegten, die auch gerne fischten und jagten. Eine hartgesottene Männergesellschaft. Doch dieses Mal hat Refford seine sechzehnjährige Tochter dabei. Sie hieß ... Sarah? Nach ein paar Tagen meldet er sich aufgeregt per Funk bei Wilken. Jemand habe bei ihm mit Ruß auf die Tür geschrieben, er solle auf der Stelle verschwinden. Zwei Tage später funkt er, der Übeltäter habe sämtliche Fenster zertrümmert, während sie beim Fischen gewesen seien. Wilken schlägt ihm vor, die Polizei zu verständigen, doch er lehnt ab und auch von der Einladung, zu Wilken umzuziehen, will er nichts hören. Stattdessen möchte er, dass Wilken zu ihnen kommt, um einen Hinterhalt zu legen. Am nächsten Morgen läuft Wilken wie verabredet die zwei Stunden zu seinem Nachbarn und versteckt sich mit seinem Gewehr, ohne sich am Haus gezeigt zu haben. Vater und Tochter machen sich auf zum Fischen, das Haus liegt verlassen da, nichts geschieht. Wilken ist ein geduldiger Jäger und bleibt bis zum späten Abend in seinem Versteck. Als endlich die Dunkelheit hereinbricht, kehren Vater und Tochter zurück. Auch Wilken geht ins Haus und schläft dort in einem der Gästebetten. Mitten in der Nacht fällt ein Schuss. Es riecht nach Feuer. Die beiden Männer schnappen das Mädchen und ihre Waffen und rennen ins Freie. Jemand hat an der Rückseite des Hauses Benzin ausgegossen, an Löschen ist nicht zu denken.“
    Nun war Michael in Fahrt. In seinen Augen spiegelte sich die Panik der drei Entflohenen, zwischen seinen Händen loderte das Feuer und in der kurzen Pause meinte Jan, das Knistern der Flammen zu hören, so eindrücklich hatte Michael gesprochen. Michael trank und redete sogleich weiter: „Sie bringen das Mädchen zu Wilkens Haus, verständigen die Polizei und brechen beim ersten Tageslicht auf, um den Brandstifter zu jagen. Das Mädchen ist zwar erst 16, aber ein echtes Alaska-Girl. Übrigens ziemlich attraktiv. Sie bleibt bewaffnet zurück, um das Märchenschloss zu bewachen. Die beiden Männer finden Spuren nahe der Brandruine, verlieren sie wieder, trennen sich, um mehr Gelände durchstreifen zu können. Die Polizeihubschrauber treffen an der Ruine ein, Wilken stößt zu ihnen. Die Polizisten sprechen mit ihren Kollegen, die bei Wilkens Haus gelandet sind. Das Mädchen ist nicht mehr da. Auch ihr Vater meldet sich nicht.“
    Michael betrachtete sein leeres Glas. Jenny schenkte ihm nach. Er atmete den Duft ein. „Die Polizei hat wochenlang gesucht, aber in dieser

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