Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie
Gesundheit glücklicherweise ziemlich robust war, musste sie damit rechnen, dass er im Bad darauf stoßen würde. Zumal die Packung ganz vorne gesteckt hatte. Es war alles so rätselhaft!
Die Idee, im Keller weiterzusuchen, drängte sich ihm auf. Zuvor hatte er das als zu umständlich abgetan, doch nun passte es symbolisch, hinabzusteigen, um der Sache auf den Grund zu gehen, um in der Vergangenheit nach den Wurzeln ihrer Probleme zu graben. Er hinterließ Anna einen Zettel, dass sie ihn auf dem Handy anrufen solle, nahm den Kellerschlüssel von der Leiste im Flur und ging hinunter.
Er schloss die Tür zum Keller auf, machte Licht, beugte sich ein wenig nach vorne, um sich nicht den Kopf anzustoßen, und stieg vorsichtig über die ausgetretenen Sandsteinstufen in den schmalen Gang, unter dessen gemauerten Bögen auf jeder Seite ein halbes Dutzend Gittertüren abgingen. Hinter der vorletzten auf der linken Seite lag ihr Abteil. Er öffnete das Vorhängeschloss und machte sich daran, die überschüssigen Stühle, die sie nur für Gäste benötigten, in den Gang zu stellen. Dahinter kamen sein kaputtes Mountainbike, das er irgendwann einmal reparieren lassen wollte, das zusammengeknautschte Schlauchboot und weitere Gegenstände, die sich nicht als Versteck eigneten. Er gelangte zur ersten der Kisten, die Anna bei ihrem Einzug abgestellt und seitdem vermutlich nicht mehr hervorgeholt hatte. Sie war so schwer, dass Jan sie an ihrem Platz beließ und dort aufklappte. Darin befand sich das feine Geschirr, das Anna von ihren Großeltern geerbt hatte und für das in der engen Küche der Platz fehlte.
Das Licht ging aus.
Jan tastete sich durch die Finsternis, den Gang entlang zur Treppe.
Er zuckte zurück.
Nur Spinnweben.
Er fand den Schalter und machte sich erneut an die Arbeit. Auch die übrigen Kisten enthielten nichts Aufschlussreiches. Er schaut auf sein Handy, das 22:24 Uhr anzeigte, dachte sich, dass er dessen Schein bei der Suche nach dem Lichtschalter hätte verwenden können, und räumte alles wieder zurück.
Er stieg in den vierten Stock. Die Wohnungstür öffnete sich mit einer halben Schlüsseldrehung. Hatte er sie nicht abgeschlossen? Doch, er erinnerte sich genau, wie er beim Heruntergehen nach einigen Treppenstufen gedacht hatte, dass das eine unnötige Gewohnheitshandlung gewesen war.
Der Flur war dunkel und leer. Er rief Annas Namen und wartete eine hoffnungsvolle Sekunde, schloss enttäuscht die Tür und ging zum Bad. Sie musste gekommen und wieder gegangen sein – und er hatte sie verpasst! Da sah er aus dem Türspalt des Wohnzimmers einen flackernden Lichtschein fallen.
Er spähte hinein. Auf dem Tisch brannten hohe, rote Kerzen, die Vorhänge waren zugezogen. Die Flammen spiegelten sich in zwei Weingläsern. Anna erhob sich, ihr schwarzes Seidenkleid floss bis zum Boden. Sie warf Jan einen erschreckten Blick zu, wie eine sehr junge Frau in verschämteren Zeiten, die sich beim Bad überrascht vor dem Fremden nicht verhüllen kann. Dann blitzten ihre Augen verschwörerisch.
Jan atmete flach, spürte die Spannung in seinem Körper und begriff, dass geschah, was er sich so innig ersehnt hatte.
Sie nahm die beiden Gläser.
Der Gedanke, wie aufgeregt sie hinter ihrem Schauspiel sein musste, war ihm nicht sogleich gekommen. Erst ihr Zittern rief es ihm ins Bewusstsein – und machte sie in ihrer Verletzlichkeit noch begehrenswerter. Er malte sich aus, wie er sie auf den Hals küssen, ihr das Kleid abstreifen und sie ins Bett tragen würde.
Sie reichte ihm das Glas.
Er fühlte sich überwältigt. Vor Erregung. Und vor Erleichterung, dass ihr nichts zugestoßen war, dass sie auch nicht beim Sturz zugegen gewesen sein konnte, denn sonst würde sie ihn jetzt nicht verführen. Dennoch durfte er sich nicht darauf einlassen. „Anna –“
„ Pst!“
Sie trat ganz nahe vor ihn und hauchte, die Lippen leicht geöffnet, einen Kuss auf seinen Mund.
Er schob sie von sich, nahm ihr die Gläser ab und stellte sie auf den Tisch. „Wir müssen reden.“
„ Nicht jetzt.“
Sie wollte ihn wieder umarmen, doch er hielt sie auf Abstand. „Setz dich, ich muss erst etwas mit dir klären!“
Sie nahm ihm gegenüber Platz, nippte an ihrem Wein und schaute trotzig.
„ Ich verstehe dich nicht, Anna. Ich weiß nicht, was in den letzten Monaten in dir vorgegangen ist und warum du mich heute in der Umkleide rumgestoßen hast und auch nicht, wie du mich jetzt romantisch empfangen kannst, nach dem, was mit Rainer
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