Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie
mit Olga – hat die danach geplaudert?“
Chris schaute erschrocken.
„ Sorry.“ Jan lächelte gequält. „Ich musste in Alaska eine Menge kombinieren ... Rainer nimmt also gelegentlich Speed und deswegen willst du Anna von ihm fernhalten.“
„ Wenn du kombinieren gelernt hast, warum siehst du nicht das Offensichtliche?“
„ Nämlich?“
„ Rainer gibt Anna Speed!“
„ Nein!“
„ Warum geht es ihr dann immer schlechter? Das kannst du doch nicht allein darauf zurückführen, dass sie zwischen zwei Männern hin und her gerissen ist.“
„ Anna nimmt keine Drogen!“ Aber sie kannte sich bestens mit psilocybinhaltigen Pilzen aus. Weil sie sich um eine Freundin gekümmert habe, die damit experimentierte, hatte sie ihm damals im Chix-Tal erklärt.
„ Ich verstehe“, Chris fuhr sich durch ihre kurzen Haare, „das ist nicht leicht zu akzeptieren, aber wie erklärst du dir das sonst?“
Im Flur stritten sich zwei Mädchen. Jan wurde sich erst jetzt bewusst, dass die Stimmen bereits seit einer Weile zu ihnen drangen.
„ Hör zu, Jan, wir müssen uns gemeinsam überlegen, wie wir Anna da rausholen können!“
Er stand auf. „Wir reden morgen weiter, von mir aus früh. Ich muss erst eine Nacht darüber schlafen.“
Diese Nacht würde er bestimmt nicht schlafen!
Chris öffnete ihm die Tür. Als er ging, klopfte sie ihm auf die Schulter. „Es wird schon wieder werden.“
Ziellos irrte Jan umher, einmal hupte ein Auto, ein anderes Mal schrie ihn ein Radfahrer an, sonst verschwamm alles in einem Nebel aus Bewegungen, Lichtern und Geräuschen. Mit einer Wolke hatte er ihre Situation verglichen, mit einer harmlosen, weißen Quellwolke, die für eine Weile die Sonne verdeckte. Und nun war ein Wirbelsturm über sie hereingebrochen und hatte alles verwüstet. Sogar die sicher geglaubte Vergangenheit hatte der Sturm aus dem Boden gerissen: Seit Monaten musste Anna in einer anderen Welt leben, selbst die seltenen gemeinsamen Lichtblicke waren eine Illusion gewesen, immer mussten Rainer und das Speed in ihrem Bewusstsein gewesen sein, noch im zärtlichsten Augenblick, wenn sie ihn umarmte und küsste, ja, gerade da!
Er liebte sie, immer noch, obwohl sie ihn verraten hatte. Obwohl sie sich ihm nicht anvertraut hatte, nicht zu Beginn ihrer Beziehung und auch nicht später, als irgendetwas Unfassbares sie in Rainers Hände getrieben hatte. Er musste ihr helfen. Danach würde er sehen, ob sich ihre Liebe retten ließ, daran durfte er jetzt noch nicht denken und auch nicht an all das, was zwischen Rainer und Anna geschehen sein mochte, diese Fantasien musste er verdrängen und sich auf die Gegenwart konzentrieren.
Er stand auf einem der Hügel im Volkspark Friedrichshain, zwischen den Bäumen schimmerte Berlin, eine Gruppe Jugendlicher lagerte, dem kühlen Oktoberabend zum Trotz, um ein Grillfeuer und hörte Musik. Vielleicht hatte sich Anna längst beruhigt und wartete auf ihn. Oder war sie bei Rainer geblieben? Er rannte hinaus aus dem Park und nach Hause.
Sein Herz hämmerte, als er die Wohnungstür aufschloss. Er rief ihren Namen, keine Antwort. Er lief durch die Zimmer, sie war nicht da.
Das Telefon klingelte. Er stürzte ins Wohnzimmer, nahm ab und brachte nur ein „Ja“ heraus.
„ Jan?“
„ Ja.“
„ Hier ist Chris.“
„ Ich bin eben erst reingekommen“, sagte er außer Atem.
„ Ich versuche schon die ganze Zeit, euch zu erreichen.“ Ihre Stimme war schrill.
„ Was ist denn los?“
„ Ihr wisst davon noch nichts?“
„ Nein, sag schon!“
„ Rainer ist gestürzt. Aus dem schwebenden Bett in der Tanzhalle. Sieben Meter.“
„ Was?“
„ Er lag auf dem Boden und alles war voller Blut, es sah grauenhaft –“
„ Erzähl von vorne!“
„ Ich habe einige Freundinnen im Wohnheim überredet, bei Anna vorbeizuschauen. Ich habe ihnen vorgeschlagen, dass wir Anna dazu bringen, mit uns ein Glas Wein zu trinken. In Wirklichkeit habe ich mir Sorgen gemacht, dass du in deinem Zustand zurückgekehrt bist und einen Streit mit Rainer angefangen hast. Und wie er dalag, sein Kopf sah so komisch aus, er war tot, das sah man sofort. Wir haben die Polizei gerufen und sind alle raus, um keine Spuren zu zerstören.“
Jan setzte sich auf den Boden.
Chris klang den Tränen nahe. „Ein Rettungswagen ist gekommen und die Polizei und die hat uns getrennt verhört. Es war ein fürchterliches Chaos und ich hatte Angst, dass du ihn hinuntergestoßen hast, und ich wusste nicht, was ich sagen
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