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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Parker
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sich über die Tote. Man gewöhnt sich an alles. Ihre Hand lag weit vom Körper weggestreckt, so dass er sich den Ring ansehen konnte, ohne den zerschmetterten Schädel zur Kenntnis nehmen zu müssen.
    „Nofretete“, sagte er.
    „Wer?“, fragte Diamond.
    „Dürfte noch von dem Tutanchamun Rummel stammen“, erläuterte Newman.
    „Ist ja auch egal“, sagte Diamond und fuhr fort: „Opfer liegt auf der linken Seite, offenbar mehrere Schüsse in die rechte Hinterkopfhälfte. Keine Hinweise auf Vergewaltigung oder sexuellen Missbrauch. Keine Kampfspuren. Keine Blutergüsse oder Abschürfungen an sichtbaren Teilen von Oberkörper, Nacken oder rechtem Arm. Gesicht durch Blut unkenntlich und durch Schusswunde entstellt.“
    Newman begriff, dass er die Sirene schon eine Weile gehört hatte, ohne sie zu registrieren. Dann hielt ein blauer Wagen der Staatspolizei von Massachusetts neben dem Wagen der Cops aus Smithfield, ihm folgte ein zweiter Smithfielder Streifenwagen.
    „Einstichstellen an der Innenseite des rechten Arms“, sagte Tinkham.
    Zwei hochgewachsene Polizisten entstiegen dem blauen Wagen. Sie trugen Dienstmützen und schwarze Stiefel und waren so glatt rasiert, dass ihre Gesichter glänzten. Die Uniformhemden waren tadellos gebügelt, die Revolvergurte blank gewienert. Das Haar unter den Mützen war kaum zu sehen, die Koteletten waren kurz gehalten. Einer von ihnen war ein Schwarzer.
    Der Weiße wandte sich an Diamond. „Irgendwas angefasst?“
    Diamond schüttelte den Kopf.
    Der Schwarze sah die Frau an. „Schwarz. Was zum Teufel hatte sie hier draußen zu suchen?“
    „Weiß nicht“, sagte Tinkham. „Hier in der Gegend hat sie jedenfalls nicht gewohnt.“
    Der Schwarze betrachtete Tinkham zehn Sekunden lang, dann sagte er: „Ach nee …“
    Tinkham lief rot an. „Vielleicht hat sie Wassermelonen verkauft.“ Der Schwarze lächelte einmal kurz. Es war, als wenn man das Licht ein und gleich wieder ausschaltet.
    „Junkie“, sagte er.
    „Spuren?“, fragte der Weiße.
    Der Schwarze nickte. „Der rechte Arm ist total zerstochen.“
    „Sie haben den Mann schießen sehen?“, sagte der Weiße zu Newman.
    „Ja.“
    „Könnten Sie den Mörder identifizieren?“
    „Bestimmt“, sagte Newman.

2
    Es ist wie bei der Army, dachte Newman. Wenn du erstmal in der Mühle bist, kommst du nicht mehr raus, mit der Zeit stumpfst du ab und irgendwann wirst du auf der anderen Seite wieder ausgespuckt. Ehrenhaft entlassen. Oder sonst wie. Er saß an einem grauen Stahltisch im Morddezernat auf der Commonwealth Avenue und blätterte große Karteien mit Verbrecherfotos durch. Er trug noch immer die Trainingshose, das weiße T Shirt mit dem Aufdruck Adidas und die gelben, blau abgesetzten Nike Laufschuhe. Der Schweiß, vor zwei Stunden ein so gutes Schmiermittel, ließ ihn jetzt frösteln. Er hatte Hunger.
    Um 20.47 Uhr sah er den Mann. Im Profil und von vorne. Glatt zurückgekämmtes Haar, tiefliegende Augen. Adolph Karl, männlich, weiß, geb. 15.7.30, alias Addie Kaye.
    „Das ist er“, sagte Newman.
    Ein Kriminalbeamter namens Bobby Croft nahm die Füße von der Schreibtischplatte, stellte sich neben ihn und sah sich Karls Foto an.
    „Der? Adolph Karl. Dreckskerl. Sicher?“
    „Ganz sicher“, sagte Newman.
    Croft ging zu der Tür mit der Milchglasscheibe, an der „Lieutenant Vincent“ stand, und steckte den Kopf ins Zimmer.
    „Komm mal raus, Murray.“
    Lieutenant Vincent, ein geschmeidiger Mann mit rundem Gesicht, kahlem Kopf und blaugeränderter Brille, trat an den Tisch, an dem Newman saß, und sah über dessen Schulter in die Verbrecherkartei.
    „Zeigen Sie es ihm“, sagte Croft.
    Newman deutete auf das Foto von Adolph Karl. „Der da.“
    Vincent hob die Augenbrauen und sah Croft an. „Sicher?“
    „Ganz sicher.“
    Vincent lächelte. „Ich würde sagen, Bobby, du lässt Adolph herbringen, dann machen wir eine Gegenüberstellung, für alle Fälle. Wir müssen Rücksicht auf Adolphs Bürgerrechte nehmen.“
    Croft nickte und verließ den Raum.
    „Kennen Sie diesen Karl, Lieutenant?“, fragte Newman.
    „Ja. Übler Typ. Prostitution, Drogen, Kreditbetrug, Erpressung. Inzwischen groß genug, um seine Leute für die Drecksarbeit zu haben. Wundert mich etwas. Muss was Persönliches gewesen sein. War noch jemand dabei?“
    „Muss wohl“, sagte Newman. „Er ist auf der Beifahrerseite eingestiegen, dann ist der Wagen weggefahren.“
    „Aber er hat’s selber gemacht.“ Vincent lutschte an der

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