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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Parker
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seinem Bein hervor, schwang in einem seitlichen Karateschlag die Waffe nach oben und hieb dem Kerl mit dem oberen Teil des Laufs, an der Stelle, wo die Patronenhülsen ausgeworfen werden, gegen die Schläfe. Das ging so schnell, dass der Mann keine Bewegung machen konnte. Es gab ein Geräusch, als wenn ein Hammer auf eine Grapefruit trifft, dann knickte er in den Knien ein. Hood schlug noch einmal zu. Diesmal klang es matschiger. Und noch einmal. Der Kerl begann zu kippen.
    Wie in einem Peckinpah Film, dachte Newman. Der Bursche war offenbar zu massiv, um auf einen Schlag k.o. zu gehen. Langsam, wie in Zeitlupe, sank er zu Boden und blieb auf dem Bauch liegen. Ein dünner Blutfaden, von einem roten Feld umgeben, war an der Schläfe zu sehen.
    Hood beugte sich vor, zog dem Mann die Brieftasche aus der linken Hüfttasche, streifte ihm die Armbanduhr mit dem flexiblen Band vom linken Handgelenk, dann deutete er, mit einer kurzen, stoßenden Bewegung der rechten Hand, die noch die Waffe hielt, zur Straße. „Los!“
    Sie liefen los, Newman voran, Hood hinterher. An der Einmündung zur Straße nahm Newman das Tempo nicht zurück, sondern rannte weiter. Hood war fünf Schritte hinter ihm, als sie den Wagen erreichten.
    „Du fährst“, sagte Hood. Newman setzte sich ans Steuer, nahm die Schlüssel aus der Ablage und startete. Auf dem Causeway unter der Hochbahn fuhren sie rechts heraus auf die Charlestown Bridge. Am City Square nahm Newman die Ausfahrt auf die Route 93 und wandte sich nach Norden.
    „Er hat mich nicht erkannt“, sagte er.
    „Nein, weil du deine Taubstummenklamotten nicht anhattest“, bestätigte Hood. „Sonst hätte ich ihn erledigt.“
    „Bestimmt nicht?“
    „Ganz bestimmt nicht. Ich hab’ seine Augen beobachtet.“
    „Glück gehabt“, sagte Newman.
    Hood besah sich den Inhalt der Brieftasche. „Nicht viel“, sagte er, „Zweihundertachtundzwanzig Dollar und ein Führerschein, ausgestellt in Massachusetts. Tateheißt er. Gordon Tate. Dieselbe Adresse wie Karl. Geboren 1940.“
    Newman holte tief Luft und stieß sie wieder aus. „Es war einer der Burschen aus Karls Büro, einer von denen, die Janet gefesselt haben.“
    „Ich weiß“, sagte Hood. „Übrigens, Aaron, du hättest nicht geradewegs rausrennen dürfen. Wenn man an die Einmündung zu einer Straße kommt, bleibt man stehen und schaut sich um, ehe man weiterläuft.“
    Newman fuhr schweigend durch die Somerville in Richtung Medford. Dann sagte er: „Ich hatte Angst, Chris, da klappt das mit dem Nachdenken wohl nicht so richtig.“
    Hood hob die Schultern. Am Mystic River lagen ein paar Motorboote vor Anker. Der Fluss war hier nur halb so breit wie ein paar Meilen weiter unten am Meer, wo ihn die Brücke überspannte und Frachtschiffe zu den Containerdocks gingen.
    „Ich war dir vorhin keine große Hilfe, Chris“, sagte Newman.
    Es ging leicht bergan über eine Autobahnbrücke, die den Fluss kreuzte. „Das muss man alles lernen, Aaron“, sagte Hood. „Heute hast du ein bisschen Nahkampfpraxis gekriegt, das ist auch was wert. Du hast ja auch nicht viel zu tun brauchen. Endeckt hast du ihn.“
    „Warum hast du gesagt, dass ich meine Kanone nicht anfassen soll?“
    „Ich wollte nach Möglichkeit Lärm vermeiden. Jede Schießerei lockt die Cops an oder Gangster mit Ballermännern. Hätten wir den Kerl umgebracht, wäre Karl vielleicht nervös geworden. Kann sein, dass wir ihn dann überhaupt nicht mehr erwischt hätten. Wenn’s ohne Kanone geht, ist das immer besser.“
    Newman nickte.
    „Der Kerl war zu leichtsinnig“, meinte Hood. „Hat man häufig bei diesen Kraftprotzen. Dass es sie auch mal treffen kann, kommt ihnen gar nicht in den Sinn. Er ist zu nah rangegangen. In eine Sackgasse, in der schon zwei Mann stehen, hätte er sich ohne Kanone gar nicht reintrauen dürfen. Wir sind zwar nicht ganz sein Kaliber, aber wir sind auch keine Zwerge. Das hätte er sehen müssen.“
    „Es ist wohl nicht weiter wichtig, ob man äußerlich wie ein Zwerg aussieht“, sagte Newman. „Nicht, wenn man innerlich einer ist.“
    Er sah stur geradeaus. Hood schaute ihn an, zog die Wangen nach innen und sagte nichts.

14
    Lieutenant Murray Vincent saß in seinem Büro in der Commonwealth Avenue 1010 und blätterte einen dicken Stapel Computerausdrucke durch. Er saß bequemauf seinem Sessel, die Füße flach auf den Boden gestellt, die Ausdrucke vor sich auf dem spartanischen, aufgeräumten Schreibtisch. Sein Blick wanderte systematisch

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