Wildnis

sofort ein.
    Als er aufwachte, regnete es. Er sah auf die Uhr. Fünf Uhr sechsunddreißig. Janet schlief noch immer, ohne sich zu rühren, das Gesicht auf den Fichtennadeln, mit offenem Mund. In seiner unmittelbaren Umgebung war der Boden noch trocken. Es kann gerade erst angefangen haben, dachte er. Wenn wir jetzt richtig durchweichen, werden wir nie mehr trocken. Er spähte nach draußen. Auf dem Weg und im Wald rührte sich nichts. Der Himmel über ihm war gleichmäßig grau. Er lehnte den Karabiner an einen der Findlinge, um ihn so gut wie möglich vor dem Regen zu schützen,holte den Revolver aus Janets Halfter und steckte ihn in die Hosentasche. Sie regte sich nicht, ihr Atem ging langsam und gleichmäßig.
    Er schob mit dem Beil die Kiefernzweige beiseite und trat ins Freie. Er kletterte in eine hohe Weißfichte, die neben den Findlingen stand, und machte sich daran, Zweige abzuhacken, die er von oben auf die Findlinge warf. Er arbeitete fast eine Stunde. Das Beil war scharf geschliffen, das Holz weich. In dieser Zeit bekam er einen schönen Haufen Fichtenzweige zusammen. Wenn Chris das Beil besorgt hat, muss es ja scharf sein, dachte er.
    Er schob sich das Beil wieder in den Gürtel, sprang von dem Baum auf die Steine herunter und legte die Zweige in überlappenden Reihen über die Öffnung zwischen den beiden Findlingen. Janet setzte sich auf und sah zu ihm hoch. Der Regen war stärker geworden.
    „Guten Morgen, meine Schöne“, sagte er leise.
    Sie nickte ihm ernst zu.
    Er legte die Zweige über die ganze Länge des Spalts bis auf einen halben Meter vor der Stelle, wo die Findlinge zusammentrafen. Die Steine waren vorn etwas niedriger als hinten, und er legte die Zweige mit den Spitzen zur Schräge.
    „Regnet es noch herein?“, fragte er.
    „Nein. Nur noch ganz hinten.“
    Er ließ sich von dem Findling gleiten und besahsich sein Fichtendach von unten. Es war jetzt in ihrem Unterschlupf dunkler als in einer Höhle. Janet klapperte mit den Zähnen. Newman gab ihr den Revolver zurück. Aus der Ferne hörte man Donnergrollen und Sekunden später blitzte es. Newman sammelte trockenes Reisig und machte mit Hilfe von Toilettenpapier an dem nicht überdachten Ende des Spalts ein Feuer. Er stellte sich vor das Anmachholz, um es vor dem Regen zu schützen und fütterte die kleine Flamme, bis das Holz Feuer gefangen hatte. Am Fuß der Findlinge war ein kleiner Absatz, der das Feuer zum Teil vor dem Regen schützte. Der Rauch kroch an den Steinen hoch und zog durch die halbmetergroße Öffnung ab, die er dafür vorgesehen hatte. Er ging noch einmal hinaus. Der obere Teil der Steine war fast ganz durch Zweige abgeschirmt, die über dem Feuerloch hingen. Der Rauch verlor sich, dünner werdend, zwischen den Bäumen. Vom Weg aus war nichts zu sehen.
    Riskant, dachte er, aber lohnend. Wir können es uns nicht leisten, klatschnass und kalt zu werden. Wir müssen fit bleiben. Er suchte sich einen gestürzten Baumstamm, hackte ein paar Scheite herunter und legte sie aufs Feuer. Die Steine reflektierten die Flamme, es wurde schon wärmer. Janet saß nah am Feuer, die Arme eng an den Körper gepresst.
    „Jetzt wäre ein Kaffee schön“, sagte sie.
    „Ich weiß.“
    „Wollen wir uns einen Keksriegel teilen?“
    „Einverstanden.“
    „Glaubst du, der Regen hält sie auf?“, fragte Janet.
    Er kaute. „Kommt drauf an, ob sie sich haben unterstellen können.“ Er saß am offenen Ende ihrer Höhle, den Karabiner im Schoß, und sah durch die Wand aus Weißkieferzweigen auf den Wanderweg hinaus.
    „Ob sie den Rauch sehen?“, fragte Janet.
    „Er verliert sich in den Bäumen. Möglich, dass sie ihn riechen, aber sie könnten ihn nie lokalisieren.“
    „Das Feuer konnte ich gebrauchen“, sagte sie. „Als ich aufwachte, war ich total erfroren.“
    „Ich weiß. Mir ging es genauso.“
    Draußen im Wald war es wieder still. Kein Vogellaut, kein Insektengesumme, keine Bewegung. Es regnete heftig, an einigen Stellen tropfte es durch das Fichtendach. Unter dem Feuer begann sich Glut zu bilden. Ab und zu legte Aaron ein paar Scheite nach. Auf dem Weg regte sich nichts.
    „Was machen wir, wenn wir sie sehen?“, wollte Janet wissen.
    „Wir schießen. Oder vielmehr – ich schieße. Du gibst mir mit dem Revolver Rückendeckung. Auf größere Entfernungen ist er sowieso nicht besonders. Wenn wir sie alle vier erwischen, haben wir es geschafft. Wenn nicht, müssen wir hinterher, auch wenn sie bis zum See kommen. Vergiss nicht,