Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Parker
Vom Netzwerk:
spürte die warme Nässe. „Sie haben mich erwischt“, sagte er.
    Sie sah sich seinen Arm an. „Es blutet. Zieh die Jacke aus, ich will es mir ansehen.“
    „Nicht hier. Wir müssen in Deckung gehen, damit wir sie im Auge behalten können.“
    „Dann lass mich wenigstens die Blutung stillen“, sagte sie. „Es dauert keine Minute.“ Sie holte den Verbandskasten aus seinem Rucksack, nahm eine Mullbinde heraus, wickelte sie so fest wie möglich um seinen Arm, schnitt das letzte Stück mit ihrem Messer in der Mitte auf und verknotete die Enden.
    „Okay, jetzt kann es weitergehen“, sagte sie.
    „Als wir gekommen sind, ging der Weg über eine kleine Wiese, erinnerst du dich? Mit einem Bach und vielen Wildblumen und ganz von Bäumen umgeben. Dort, wo das Wanderschild stand.“
    „Ich glaube schon.“
    „Okay. Dort warten wir auf sie. Auf der anderen Seite der Wiese.“
    „Glaubst du immer noch, dass sie über diesen Weg kommen?“
    „Sie wissen es nicht besser. Es sind Stadtmenschen, wie wir, sie haben nichts zu essen, sie sind nass und frieren. Sie haben vermutlich Angst. Sie haben keine Karte, wahrscheinlich keinen Kompass. Sie haben nur den Wanderweg. Ich an ihrer Stelle würde mich an ihn halten.“
    „Hoffentlich.“
    „Selbst wenn ich mich irre – eine andere Möglichkeit haben wir nicht.“
    Sie liefen eineinhalb Stunden. Die Taubheit im Arm verschwand. In Newmans Arm begann es zu pochen. Als sie bei der Wiese ankamen, war es fast dunkel. Sie gingen auf die andere Seite der Lichtung, wandten sich am Waldrand nach rechts und hockten sich in eine kleine Mulde unter die Bäume.
    Janet nahm den Verbandskasten aus ihrem Rucksack und stellte ihn neben sich auf den umgestürzten Baumstamm, hinter dem sie lagen. Sie entfernte den Verband und schnitt mit dem Messer vorsichtig den Stoff von Jacke und Hemd um die Wunde herum weg.
    „Wie sieht’s aus?“, fragte er, den Blick auf den Weg ge richtet.
    „Es ist zu dunkel, ich kann nichts erkennen.“ Sie nahm die Taschenlampe aus dem Rucksack, legte schützend die Hände darüber und besah sich die Wunde. „Nicht sehr schlimm“, meinte sie. „Tut es weh?“
    „Ja.“
    „Es sind ein paar kleine Pünktchen drin“, sagte sie.
    „Das ist Blei. Es war eine Schrotflinte.“
    „Das werde ich wohl rausholen müssen.“
    „Glaub ich auch.“
    „Gib mir dein Messer.“
    Er legte den Karabiner auf den Baumstamm, angelte das Klappmesser aus der rechten Hüfttasche, gab es ihr und griff wieder nach der Büchse.
    Sie öffnete die größere Klinge, die eine schmale, scharfe Spitze hatte.
    „Gib mir dein Feuerzeug“, bat sie. Er reichte es ihr. Sie knipste es an, zog die Messerklinge durch die Flamme, machte es zu und schob es ihm in die Tasche. Sie blies auf die Klinge, bis sie sich abgekühlt hatte. Schwarzer Ruß hatte sich auf dem Metall niedergeschlagen.
    „Ich werde versuchen, die Dinger mit der Messerspitze rauszuangeln, so wie man es mit Splittern macht. Ich tu dir nicht weh.“
    „Okay“, sagte er. „Leg los.“
    Sie nahm die Taschenlampe in den Mund und hielt sie mit den Zähnen fest, so dass das Licht auf seine Wunde fiel und sie die Hände frei hatte. Behutsamschob sie die Messerspitze unter den Rand eines Bleistückchens, das sich schwarz von dem rohen Fleisch abhob. Er zuckte zusammen.
    „Halt still“, sagte sie, undeutlich um die Taschenlampe herumredend.
    Er biss die Zähne zusammen, und sie schnippte das Schrotstück mit einer raschen Bewegung der Klinge aus dem Fleisch. Es tat nicht weh. Was ihn nervte, war das, was sie tat. Es war die Vorstellung des Messers, das in der offenen Wunde wühlte, die ihm den Schweiß auf die Stirn treten ließ. Er war verkrampft. Er sah sie an. Speichel lief an dem Taschenlampengehäuse herunter, sie runzelte die Stirn, durch das nach oben reflektierende Licht sah es aus, als lägen ihre Augen tief in den Höhlen. Auch ihre Stirn war schweißnass. Er wandte sich ab und blickte zum Wald hinüber. Sorgfältig und sehr behutsam holte sie noch ein Stück Blei aus der Wunde.
    Es war dunkel geworden. Auf der Lichtung lag wie ein Abglanz vom Tageslicht noch ein wenig Grau, aber die Wälder waren schwarz. Er zuckte, als die Messerspitze zu tief ging. Sie murmelte etwas um die Taschenlampe herum. Er hielt still, und sie erwischte noch ein Stück Blei. Eine Eule strich in fast lautlosem Tiefflug über die Lichtung. Sie suchte nach Feldmäusen.
    Sie arbeitete fünfundzwanzig Minuten an der Wunde. Dann legte sie das

Weitere Kostenlose Bücher