Wildrosengeheimnisse
meine Mutter ganz offensichtlich richtig glücklich in ihrer neuen Heimat geworden ist.
Meinen letzten Tag in Detroit verbrachten wir mit der intensiven Suche nach einem Brautkleid, was sich als relativ schwierige Aktion herausstellte.
Als wir schon beinahe aufgeben wollten und völlig erledigt und frustriert den Weg zurück zum Auto einschlugen, entdeckten wir in einer Seitenstraße ein kleines Geschäft mit ein paar hübschen Kleidern im Schaufenster. Weil sie recht teuer aussahen, wollten wir den Laden zunächst gar nicht betreten. Schließlich versuchten wir doch noch unser Glück und erstanden ein traumhaftes pfirsichfarbenes Chiffonkleid, das zwar sehr romantisch, jedoch keineswegs zu aufgerüscht wirkt. Während meine Mutter in der Umkleidekabine war, entdeckte ich ein zauberhaftes himbeerfarbenes Corsagen-Cocktailkleid in Ninis Größe.
Ohne zu zögern, ließ ich es mit dem Gedanken an Ninis Abiball und die bevorstehende Hochzeit ihrer Oma einpacken. Ich freue mich schon darauf, es ihr zu überreichen, wenn ich nach Hause komme.
Als ich nach zehn Stunden Flug und zwei Stunden Zugfahrt todmüde zu Hause ankomme, packe ich in Ruhe meinen Koffer aus und beschließe, erst einmal ein Bad zu nehmen und danach ein kleines Mittagsschläfchen zu halten, bevor Nini aus der Schule kommt.
Doch es klopft jemand sehr heftig an die Eingangstür der ›Butterblume‹.
Verflixt, können die nicht lesen? Da hängt doch groß und fett das Schild mit ›Betriebsferien‹ an der Tür. Heute wollte ich das Café noch nicht öffnen, schließlich muss auch noch einiges vorbereitet werden, bevor die Gäste wieder kommen können.
Durch das Fenster sehe ich einen großen, sehr attraktiven blonden Mann von circa 50 Jahren, lässig gekleidet in brauner Wildlederjacke und Jeans, vor der Tür stehen.
Hmmm, der sieht ja mal wirklich gut aus. Wer das wohl sein mag?
Neugierig, wie ich bin, öffne ich die Tür, obwohl mein Aussehen nach der langen Reise sicherlich alles andere als präsentabel ist.
»Frau Winter? Guten Morgen, mein Name ist Michael Harter«, begrüßt mich der nette Hübsche freudestrahlend, als müssten wir uns kennen.
»Guten Morgen«, grüße ich freundlich zurück. »Entschuldigen Sie, aber wir haben noch geschlossen.«
Mein Gott, hat dieser Mann tolle blaue Augen.
»Das habe ich gesehen. Darf ich trotzdem hereinkommen?«
Er zückt einen Ausweis. »Verzeihung, ich habe mich noch gar nicht richtig vorgestellt. Ich komme von der Kriminalpolizei.«
Erschrocken bitte ich Herrn Harter herein und biete ihm erst einmal einen leckeren Cappuccino an. Die Kriminalpolizei – was will die denn hier?
Ich denke nicht, dass es etwas mit Nini zu tun hat, denn mit dieser habe ich vorhin kurz telefoniert, als die Maschine in Zürich gelandet war.
»Bitte schauen Sie doch nicht so erschrocken«, lächelt der nette Mann. »Keine Angst. Es ist nichts passiert. Ich würde Ihnen nur gern einige Fragen stellen, wenn ich darf.«
»Natürlich. Ich weiß zwar nicht, worum es geht, aber das werden Sie mir sicher gleich verraten, nicht wahr?«, lächle ich zurück und setze mich zu ihm.
Während er sich in meinem schönen Café umsieht und mir dazu auch ein paar Komplimente macht, rührt er in seinem Kaffee und verteilt darin ungefähr drei Löffel Zucker.
Dann kommt er jedoch ohne weitere Umschweife direkt zur Sache.
»Frau Winter, ist Ihnen eine Isabella Grothe bekannt?«
An meinem Zögern kann er vermutlich leicht erkennen, dass mir der Name nicht fremd ist.
»Bekannt ist zu viel gesagt«, gebe ich daher zurück. »Ich will es mal so ausdrücken: Ich habe diesen Namen schon einmal gehört.«
»Aha … Und in welchem Zusammenhang?«, forscht der freundliche Kommissar.
Bereitwillig erzähle ich ihm daher von den Gerüchten, die ich vor Kurzem im Café aufgeschnappt habe, dass eine junge Frau namens Isabella Grothe verschwunden sein soll.
»Sie haben also nur Gerüchte gehört? Persönlich kannten Sie die junge Dame nicht?«, hakt er nach. »Es könnte doch sein, dass sie hin und wieder Gast in Ihrem Café war?«
Mit diesen Worten zieht er ein Foto von Isabella aus seiner Jackentasche und zeigt es mir.
Genau. Das ist die Schönheit, die mir am Valentinstag am Zebrastreifen auffiel, als sie offensichtlich mit ihrem Mann in Streit geraten war. Dieselbe, die am nächsten Tag in der ›Butterblume‹ einen Cappuccino trank.
»Hmmm, ja, ich glaube, ich habe sie schon einmal gesehen«, erkläre ich daher. »Eine solche Frau
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