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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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putzige kleine Wassermühle und der Teich unterhalb der Burg nicht echt sind? Das heißt, echt schon, aber nicht authentisch. Die Mühle stand ursprünglich anderswo und der Teich wurde künstlich angelegt. Kaum zu glauben, was? Tja, du siehst, ich bin im Bilde.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Das weißt du nicht? Hast du nicht heute Morgen eine kleine Burgbesichtigung unternommen?«
    »Nein.«
    »Aus der Ferne ist gut lügen, Schätzchen. Aber denk dran: Egal, in welchem Loch du dich verkriechst, ich weiß, wo du steckst. Big brother is watching you, babe!«
    »Leck mich!«
    »Engelchen, du bist vulgär. In gewissen Situationen habe ich das allerdings ganz gern. Und nun sag schon: Was hast du mit Müller angestellt?«
    »Das werde ich Ihnen sicher nicht auf die Nase binden!«
    »Gut, sehr gut. So gefällst du mir! Mach ein Geheimnis draus, das niemand lüften wird. Mach aus dir ein Geheimnis!«
    »Wissen Sie was, Waskovic? Rutschen Sie mir den Buckel runter! Ich brauche niemanden, der mir am Seniorentelefon erklärt, wo der Hase lang läuft.« Und mit diesen markigen Worten beende ich das Gespräch.

    Was wollte er eigentlich?, frage ich mich, während ich die Handbremse löse und das linke Vorderrad über den gelben Knochen rollen lasse. Er wollte mir unmissverständlich klarmachen, dass er mich in der Hand hat, obwohl die nächtliche Fotosession misslungen ist. Dass er nach wie vor am längeren Hebel sitzt. Und dass er mich am Leben lässt, weil ich nützlich für ihn bin – solange ich sein Spiel mitspiele. Okay, das wird nicht gelogen sein, denn hätte er Ernie den Auftrag erteilt, mich umzubringen, hätte ich jetzt keine Riesenbeule am Hinterkopf, sondern ein Loch im Rücken wie Müller. Ich wäre tot.
    Was nicht zwangsläufig heißt, dass ich nicht irgendwann in den nächsten Tagen dran glauben muss. Wenn ich die Mission erfüllt habe, die er mir aufgetragen hat. Wenn er sich sicher sein kann, dass ich Müller sauber eingesargt habe.
    Merkwürdig. Er weiß, wo ich bin, aber nicht, was ich tue. Das heißt, ich bin offenbar nicht ständig unter Beobachtung, trotzdem kennt er meine Koordinaten. Möglich, dass er meine jetzige Position über den gelben Knochen geortet hat. Gestern Nachmittag in der Leuscheid hatte ich das Ding vorsichtshalber ausgeschaltet, und ich hatte sogar die Akkus entfernt. Ich habe es erst wieder in Betrieb genommen, nachdem ich Müller im Dorfteich versenkt und Altwindeck verlassen hatte. Trotzdem hat Ernie mich am Blauen Stein gefunden, trotzdem weiß Waskovic, dass ich mich in der Nähe der Burg Windeck aufgehalten habe. Er hat mir also einen Peilsender untergejubelt – ganz, wie ich es befürchtet habe.
    Warum, zum Teufel, hat mein Jammer nicht funktioniert? Das ist meine neueste Errungenschaft von Mr. Q’s Secrets: Eine Art Störsender für diverse Sendefrequenzen, der gegen eine unerwünschte Ortung schützen soll und hierzulande illegal ist, aber fragt etwa einer wie Waskovic nach Legalität? Die Frage erübrigt sich ohnehin, denn das Ding funktioniert offenbar nicht. Auch mein mobifinder schweigt. Er ortet GSM-Signale, wie sie Handys normalerweise versenden, aber womöglich trickst Waskovic auch hier. Anzunehmen, dass sein Gerät intelligente Module besitzt, die die GSM-Komponenten abschalten, sobald sie eine Standortbestimmung vorgenommen haben. Vielleicht überträgt Waskovics Handy mit einem anderen Standard wie beispielsweise UMTS, für die mein mobi ungeeignet ist. Ich habe zwar immer einen kleinen Scanner dabei, der einfache Sender lokalisieren kann, doch wenn Waskovic sich ein anständiges Spionage-Equipment zugelegt hat, ist ihm kaum beizukommen. In derlei Verdachtsfällen hilft einzig ein Sweep, ein kompletter Check des Wagens. Dumm nur, dass man dafür eine Hebebühne und Koffer voller hoch technisierter Geräte benötigt.
    Sind wir mal nicht zu anspruchsvoll, sage ich mir. Lassen wir das mit den Koffern, verzichten auf die Hebebühne und versuchen unser Glück mit einem wachen Auge und gesundem Menschenverstand. Schauen wir noch einmal genauer nach. Ich streife meine stinkende Regenkombi über und mache mich an die Arbeit.
    In der Abschlussprüfung des Praxismoduls ›Observationstechnik‹ am Recklinghäuser Lehrinstitut für private Ermittlungen, der besten Detektivschule Europas, mussten wir innerhalb von jeweils drei Minuten ein Tracking-System an diversen Fahrzeugtypen anbringen. Keine leichte Aufgabe, denn der schönste Sender nützt nichts, wenn er

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