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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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sofort entdeckt wird, weil er offen sichtbar ist. Oder wenn er keine Signale empfängt, weil er an einer ungünstigen Stelle positioniert ist beziehungsweise die Antenne zu nah an einer bereits vorhandenen montiert wurde. Oder auch wenn er in Spritzwasser ersäuft, nicht vor übermäßiger Hitze geschützt ist oder nach drei Minuten Fahrt auf die Straße fällt. Es gibt ein kompliziertes Zusammenspiel von Fahrzeugtyp, Ausstattung, geeigneten Haftflächen, Empfangspegel, Abschattung durch bestimmte Materialien und so weiter, das es zu kennen und zu beachten gilt. Das gilt nicht allein für denjenigen, der das Gerät anbringt, sondern ebenfalls für den, der danach sucht. Folglich für mich und für die Person, die mir das Ding untergejubelt hat.
    Ich schnappe mir eine Fußmatte, rutsche unter den Mondeo und prüfe den Unterboden, anschließend die Stoßfänger und die Radläufe – Fehlanzeige. Ich nehme alle erreichbaren Stellen unter die Lupe, die für eine temporäre Anbringung infrage kommen, finde jedoch nichts. Also forsche ich nach einem möglicherweise fest eingebauten System. Einen Festeinbau nimmt man nicht mal so eben vor, dafür müssen selbst geübte Leute mindestens zwei Stunden veranschlagen, doch wer weiß, wie lange mich das Ding schon ausspioniert und welcher Crack sich in einer langen Nacht ein Zubrot verdient hat.
    Ich taste hinter das Handschuhfach, wo viel Platz für allerlei Zeugs ist, kann aber nichts entdecken. Ich öffne die Motorhaube und suche nahe der Batterie und im Wischwasserbehälter nach einer möglicherweise dort angebrachten Antenne, ich entferne Elemente der Türverkleidung – nichts. Es ist zwecklos, muss ich mir eingestehen, ohne Bühne und technische Geräte bin ich aufgeschmissen.
    Frustriert lasse ich mich auf den Fahrersitz fallen. Waskovic, ich hasse dich! Er hat mich am Wickel, ob es mir passt oder nicht.
    ›Das wäre schließlich nicht das erste Mal. Schon vergessen, Supermami?‹ Der Satz schießt mir wie ein Pingpongball durch den Sinn, überall aneckend, jeden klaren Gedankengang torpedierend. Dieser Satz – er hat mich härter getroffen als alles andere, was er über mich gesagt hat.
    Woher in Gottes Namen hat er derart viele Informationen über mich? Sicher nicht aus den Gelben Seiten. Gut, eine Quelle hat er mir verraten, er hat von dem Gespräch mit Frau Stegemeier erzählt, der Chefin des Möbelhauses Stegemeier, in dem ich früher als Kaufhausdetektivin gejobbt habe. Doch das erklärt nicht den Rest. Den Rest namens Müller. Da muss ein Profi am Werk gewesen sein, und wer weiß, wie lang der schon an mir dran ist …
    Sollte es möglich sein, dass mir jemand bereits seit Jahren auf die Finger guckt? Nun mach mal halblang, ermahne ich mich. Das erscheint mir nun wirklich zu weit hergeholt. Viel wahrscheinlicher ist, dass meine Bekanntschaft mit Thomas Müller den Ausschlag für die Entscheidung gegeben hat, mich genauer unter die Lupe zu nehmen. Allerdings kannte ich Müller die längste Zeit nur flüchtig, meine Hausbesuche bei ihm fanden erst statt, nachdem die Kaulquappe mich bereits ins Rennen geschickt hatte. Waskovic ließ mich also vermutlich erst ausspionieren, nachdem er von der Auftragsvergabe seiner Gattin an mich erfahren hatte.
    Wen wird er wohl auf mich gehetzt haben, überlege ich: die Schnitzlers aus Bonn, das flinke Wiesel aus Betzdorf, den Kölner Klüngel? Im Kopf gehe ich die gesamte Konkurrenz durch, doch nein, Waskovic wird sich nicht unnötig in Gefahr begeben und jemanden engagiert haben, der nicht in irgendeiner Form mit ihm unter einer Decke steckt. Eher ist davon auszugehen, dass er sich seine eigenen Gewächse herangezogen hat. Vielleicht hat der Sprintkreismeister mich observiert. Vielleicht, kommt es mir in den Sinn, hat Müller gar selbst geplaudert? Vielleicht hat ihn Waskovic auf mich angesprochen? Vielleicht hat Müller tatsächlich von mir erzählt? Und Waskovic hat ihm geglaubt – oder auch nicht. Er hatte Müller ja ohnehin auf dem Kieker.
    Doch warum sollte Müller von mir erzählt haben? Wurde er vor seinem Tod erpresst? Oder gar gefoltert?
    Hilfe! Momentan ist das alles ohnehin reine Spekulation und hilft mir nicht weiter. Was im Augenblick zählt, ist dieser verdammte Peilsender, den ich nicht finde. Was jetzt zählt, ist das Wohlergehen meiner Familie.
    Ich muss mit Markus sprechen, unbedingt.

10
    Einen Fehler durch eine Lüge zu verdecken heißt, einen Flecken durch ein Loch zu ersetzen.
    Aristoteles

    Ein Königreich

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