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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Kuepper
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ein Zimmer genommen. Es liegt direkt neben Ihrem«, fährt die Behrendt fort, ruhig und sachlich, doch ich höre ihren unterschwelligen Stolz heraus. Sie hat mich ausgetrickst. Sie hat sich direkt neben mir eingenistet. Und ich habe es nicht gemerkt.
    Warum sie mich nicht schon früher besucht hat, wenn sie seit gestern hier ist, frage ich, und sie meint, ich sei nicht im Hotel gewesen, als sie ankam. Da ich nicht unter meinem Namen eingecheckt hätte, hätte sie mich ja auch erst einmal ausfindig machen müssen. »Und später haben Sie nicht reagiert.«
    »Nicht reagiert, was soll das heißen?«
    »Ich habe leise geklopft, aber sie haben nicht aufgemacht. Ich konnte ja schlecht die Tür eintreten, also habe ich auf einen günstigen Zeitpunkt gewartet.«
    Sie war schon einmal hier, und ich habe ihren Besuch verschlafen. Das wird immer besser! Und woher, zum Kuckuck, wusste Kemper von Freudenberg? Ich habe doch extra meinen geliebten Mondeo geopfert, um ihm zu entgehen. Eine böse Ahnung überkommt mich: Dass er mich nach wie vor auf dem Schirm hat, liegt nicht am Wagen. Es liegt an mir.
    Fassungslos starre ich an mir herunter: Irgendwo an meiner Kleidung muss Kemper einen Sender angebracht haben. In der Nacht, als er mich am Blauen Stein zu Boden schlug. Irgendwo an den Schuhen, den Jeans, dem Pullover, der Jacke, an irgendetwas, das ich getragen habe – und immer noch trage, da ich nichts anderes bei mir habe. Ausgenommen den schwarzen Mantel vom Beerdigungskaffee. Mir bleibt eine einzige Möglichkeit, um das Spiel zu beenden: Ich muss zusehen, dass ich die Sachen loswerde. Und zwar sofort.
    »Ausziehen!«, kommandiere ich. Die Behrendt starrt mich begriffsstutzig an.
    »Runter mit den Klamotten!« Mit vorgehaltener Waffe löse ich ihre Fesseln. Herrgott, womit habe ich das verdient? Ein Taucheranzug wäre mir lieber als das Outfit dieser Frau: ein Stretchschlauch mit Ärmeln und ein Lackleder-Mini.
    Vanessa kommt erstaunlich flink aus ihrer Garderobe. Das macht die Übung, nehme ich an – Zeit ist Geld.
    Selbstverständlich trägt sie Reizwäsche drunter, rote Reizwäsche, und ich kann nicht anders, als auf ihren Busen zu starren, rund und prall wie zwei total überdimensionierte Eiskugeln. Nicht zu fassen. Schon gar nicht, wenn der Rest der Figur an Twiggy erinnert.
    Ich sage ihr, sie solle sich wieder auf den Boden setzen, klaube mit einer Hand ihre Klamotten vom Boden auf, richte mit der anderen die Waffe auf sie und fahre erschrocken zusammen, als plötzlich das Telefon auf dem Nachttisch läutet. Rangehen oder nicht? Ich brauche Klarheit, also gehe ich ran.
    »Guten Morgen, Frau Kronenberg, die Rezeption hier.«
    Fast hätte ich erwidert, dass ich nicht Frau Kronenberg bin, kriege jedoch gerade noch die Kurve. Selbstverständlich bin ich Frau Kronenberg. Gabriele Kronenberg. »Ja bitte?«
    »Ich soll ausrichten, dass gerade etwas für Sie abgegeben wurde. Der junge Mann bat mich, Ihnen das mitzuteilen. Ich glaube, er wartet draußen.«
    »Gut, vielen Dank«, sage ich in dem Bemühen, mir meine Verblüffung nicht anmerken zu lassen. »Ich komme gleich herunter. Und machen Sie bitte die Rechnung fertig.«
    »Sehr gern.«
    Ich lege auf, gehe zum Fenster und werfe einen Blick auf die Straße. Kein junger Mann weit und breit. Ist das eine Finte? Versucht jemand, mich von Vanessa wegzulocken? Ich verlasse meinen Fensterposten und baue mich vor ihr auf.
    »Wer ist dort draußen?«, herrsche ich sie an.
    »Keine Ahnung.« Sie starrt demonstrativ an mir vorbei.
    Ich fasse ihr ins immer noch gut frisierte Haar und reiße daran.
    »Wer?«
    Sie stöhnt auf.
    »Ich bin allein hier!«, behauptet sie erneut und setzt pampig hinzu: »Wird wohl jemand von Waskovics Truppe sein.«
    Vermutlich hat sie recht, auch wenn der Portier mit ›ein junger Mann‹ kaum Ernst Kemper gemeint haben wird, es sei denn, er hätte sich einen kleinen Spaß erlaubt.
    Wer immer dort draußen ist: Die Brüder wissen, wo ich bin. Was wiederum heißt, dass ich schnellstens hier weg muss.
    Ich reiße mir die Kleider vom Leib und schlüpfe in Vanessas Klamotten. Obwohl sie viel größer ist als ich, sitzt alles hauteng. Das einzig Geräumige ist der tiefe Ausschnitt ihres Shirts, der freie Aussicht auf meinen Sport-BH bietet. Todschick!
    Der Rock sitzt einigermaßen, was wohl daran liegt, dass er bei mir nicht haarscharf unter dem Hintern endet, sondern locker die Anstandshandbreit über dem Knie schafft. Fehlen die Schuhe.
    Lieber Gott, bitte nicht

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