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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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alles andere scheitert, könntest du die Mystiker aufsuchen.«
    »Die Mystiker?«
    »In Nordwald«, erklärte der Uhu. »Sie pflegen kaum Umgang mit dem Süden, sind ein zurückgezogenes Volk. Aber möglicherweise haben sie Einblick in dein Problem. Sie sind zuständig für die Peripheriefalle – jenen in die Bäume am Waldrand eingewobenen Schutzzauber, der uns von der Außenwelt trennt und abschirmt, und über den du dich einfach irgendwie hinwegsetzen konntest, als du hierherkamst.« An dieser Stelle schmunzelte er etwas.
    »Verzeihung«, flüsterte Prue verschämt.

    »Die Mystiker von Nordwald stehen, wie niemand sonst, in einer ganz besonderen Verbindung zum Wald. Der große Ratsbaum, dessen Wurzeln sogar bis zu uns in den Süden reichen, nimmt jeden Schritt im Wald wahr. Um diesen Baum herum treffen sich die Mystiker; daraus ziehen sie ihre Macht. Es wäre ein schwieriges Unterfangen – aber falls du keine andere Wahl haben solltest, dann können sie dir vielleicht Hinweise auf den Verbleib deines Bruders geben. Und vielleicht auch deines Freundes.« Sanft schüttelte er den Kopf. »Es ist allerdings eine lange Reise; eine, die voller Gefahren steckt. Und du kannst nicht unbedingt mit einem freundlichen Empfang rechnen – die Mystiker hüten ihre Abgeschiedenheit. Und selbst wenn du sie davon überzeugen könntest, dich zu unterstützen, haben sie keine nennenswerte Armee. Es ist undenkbar, dass sie über die Fähigkeit oder militärische Stärke verfügen, deinen Bruder oder deinen Freund mit Gewalt zurückzuholen.« Erneut hob sich die Brust des Uhus in einem tiefen Seufzer. »Deine Situation ist wahrlich verfahren, Prue. Ich wünschte, ich könnte dir eine größere Hilfe sein.«
    Plötzlich wurde die Stille des Raums von einem schrillen Gekreische zerrissen, und heftiges Flügelschlagen war zu vernehmen. Die beiden kleinen Diener schossen um die Sessel herum und landeten hastig auf dem Kaminsims vor Prue und Uhu Rex. Hinter ihnen schwebten einige verlorene Federn sachte zu Boden.
    »Herr Kronprinz!«, rief der eine. »Herr Kronprinz! Sie müssen sich verstecken! Sie müssen …«

    »Was er zu sagen versucht, Herr Kronprinz«, stotterte der andere, »ist, dass sie … die Straße ist … wir glauben nicht, dass wir imstande sein werden …«
    Da fiel der Erste wieder ein: »Es ist von größter Wichtigkeit, dass Sie sich verstecken, weil …«
    Doch weiter kam der Vogel nicht, unterbrochen von dem unverkennbaren Geräusch einer eingetretenen Haustüre.
    »DAS SARG!«, rief der andere. »SIE SIND HIER!«
    Panisch sah Prue Uhu Rex an. »Das was ?«
    »Die Geheimpolizei der Regierung.« Verzweifelt suchte er den Raum ab. »Das Südwald-Amt für Rehabilitation und Gewahrsam. Sie haben schneller zugeschlagen, als ich vermutet hatte. Rasch! Wir müssen dich verstecken.«
    Uhu Rex breitete die Flügel aus und erhob sich aus dem Sessel. Prue folgte ihm eilig, während er einen schnellen, fieberhaften Bogen durch den Raum flog. Vor einem großen Weidenkorb mit Deckel, der neben einem Regal stand, hielt er an, klappte ihn mit den Krallen auf und drängte Prue, hineinzuklettern. Der Krach aus dem Flur breitete sich inzwischen bis ins Esszimmer aus: Ein Stakkato von Stiefelabsätzen und das Poltern umgestoßener Stühle verseuchten die Luft, während die beiden Diener verzweifelt versuchten, die Eindringlinge mit gezwitscherten Einwänden aufzuhalten. Prue sprang in den Korb und drückte sich in einen Stapel muffiger alter Zeitungen. Uhu Rex warf den Deckel zu, und dann saß sie in
der Dunkelheit, eine Hand auf die Brust gelegt, um ihren rasenden Herzschlag zu bändigen.
    Gerade als der Korb zuklappte und Uhu Rex in sichere Entfernung davongeflogen war, wurde die Flügeltür brutal aufgetreten und der Raum füllte sich mit dröhnendem Getrampel.
    »Wo ist sie, Uhu?«, brüllte jemand. Prue hielt die Luft an, ihr Herz flatterte in ihrer Brust wie ein Kolibri im Käfig.
    »Ich fürchte, ich weiß nicht, von wem die Rede ist«, erwiderte Uhu Rex höflich.
    Der Mann lachte. »Typisch für euch Vögel, euch dumm zu stellen.«
    Einer der Diener protestierte: »Das ist empörend! Niemand spricht so mit dem Kronprinzen!«
    Uhu Rex ging nicht weiter darauf ein. »Wenn Sie von dem Außenweltmädchen Prue sprechen: Ja, sie war hier, ist aber schon längst wieder weg. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wohin sie gegangen ist.«
    Es folgte eine kurze Pause, dann sprach wieder der Mann. »Ach ja?« Prue konnte die

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