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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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nachdenklich fort. »Sie meinen …«

    »Ja, Curtis«, sagte Alexandra. »Bleib bei uns. Schließ dich unserem Kampf an. Lass dein ödes, einfaches Menschenleben hinter dir. Tritt der Wildwaldbrigade bei und koste den Geschmack unseres unausweichlichen Sieges.«
    »Hm«, machte Curtis. »Ich weiß nicht. Meine Eltern wären bestimmt ziemlich traurig, glaube ich. Sie haben mich schon für die Ferienfreizeit nächsten Sommer angemeldet, und vielleicht mussten sie sogar schon eine Anzahlung machen.«
    Alexandra verdrehte die Augen und lachte. »Du bist ein Goldstück, Curtis, ehrlich. Aber hier geht es um Wichtigeres. Die Rettung Wildwalds steht auf dem Spiel. Du hast dich heute bewiesen; du hast uns allen gezeigt, dass in diesem kleinen Körper das Herz eines wahren Kriegers schlägt.« Sie deutete auf den Raum voller Soldaten. »Ich habe ungeheuren Respekt vor den Kojoten, denn sie sind ein enormes Risiko eingegangen, als sie sich auf meine Seite stellten. Aber man sehnt sich eben doch nach der Gesellschaft von Menschen . Und ich habe nicht vor, einen Beraterstab aus diesem vierbeinigen Gesindel zusammenzustellen – dazu sind sie viel zu ungestüm.« Sie nahm einen kleinen Schluck Wein und sah Curtis durchdringend an.
    Dann sagte sie in ernstem Ton: »Ich möchte, dass du mein Stellvertreter wirst, Curtis. Ich möchte dich an meiner Seite wissen, wenn wir in den Süden einmarschieren. Ich möchte, dass du neben meinem Thron sitzt, wenn er auf den schwelenden Trümmern der
Villa Pittock steht. Gemeinsam könnten wir dieses Land neu aufbauen, dieses wunderschöne wilde Land.« An dieser Stelle machte sie eine Pause und ihre Augen wanderten langsam von dem Trubel vor ihr zu einem weit entfernten, unsichtbaren Punkt. »Wir könnten zusammen herrschen, du und ich.«
    Curtis war sprachlos. Als er sich schließlich wieder gefangen hatte, stellte er seinen Becher ab und sagte: »Wow, Alexandra. Ich meine, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Vielleicht muss ich darüber erst mal nachdenken. Es ist schon eine ziemlich große Sache, mich einfach so aus meiner Familie und der Schule zu verkrümeln. Also, verstehen Sie mich nicht falsch: Das ist super. Alle waren echt total nett zu mir, und ich muss schon sagen, der heutige Tag war der Hammer. Ich hätte mir das wirklich nie zugetraut.« Er rutschte unbehaglich auf seinem Platz herum. »Aber ich muss das alles erst mal verdauen, okay?«
    »Überleg, so lange du willst, Curtis.« Alexandras Stimme wurde weicher. »Wir haben alle Zeit der Welt.«
    Einer der Kojoten, der mitbekommen hatte, wie Curtis spontan die Kanone entzündete, kam zum Podest geschwankt, den Zeigefinger auf Curtis gerichtet. »Curtisch! Herr Offischier!«, lallte er, nachdem er sowohl Curtis als auch Alexandra schlampig salutiert hatte. »Ich erzähl gerade die Gesch-schichte von der Kanone. Diese Köter glauben mir nich! Sie müsssssen mal kommen!«
    Alexandra lächelte und nickte Curtis mit einem lautlosen Geh
nur zu. Lachend ergriff Curtis die Pfote des Kojoten, der ihm vom Podest helfen wollte. Der Soldat schlang den Arm um Curtis’ Schulter, und zusammen liefen sie zu einem Grüppchen Kameraden, das sich neben dem Weinfass versammelt hatte. Aufmerksam blickte Alexandra ihm nach und kratzte geistesabwesend mit dem Finger am Holz ihres Throns.

ZWÖLF
Ein Uhu in Ketten · Curtis’ schwere Entscheidung
    W irklich?«, fragte Prue ungläubig. »Sein Gebiss?« Einer der Diener flog über ihre Sessellehne, nahm den Feuerhaken in die Krallen und schürte das Feuer.
    Uhu Rex nickte.
    »Das ist ja widerlich.«
    »Man sollte die Macht der Trauer nie unterschätzen, Prue«, sagte er ernst.

    »Also war Alexei plötzlich wieder lebendig? Einfach so?«
    »Ja. Sein Tod war vor den Bewohnern Südwalds als Genesungszeit geheim gehalten worden, in der sich der junge Prinz von seinen bei dem Unfall erlittenen Verletzungen angeblich erholte. Um seine Rückkehr ins öffentliche Leben wurde allerhand Wirbel gemacht. Alexandra selbst unternahm alles in ihrer Macht Stehende, um zu verbergen, dass er nur ein Apparat war – sie ging sogar so weit, die beiden für seinen Bau verantwortlichen Spielzeugmacher in die Außenwelt zu verbannen. Nicht einmal Alexei wusste, dass er ein mechanisches Geschöpf war. Was den Zeitraum seines Todes betraf, so glaubte er, er sei lediglich bewusstlos gewesen. Natürlich war er zutiefst betrübt über das unerklärliche Ableben seines Vaters, doch der Kummer verflog irgendwann, und er

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