Wildwood
»Tatsächlich hatte sie andere Pläne. Mithilfe der Zauberkünste, die ihre Schwarzmagier sie gelehrt hatten, setzte sie Alexeis vollständiges Gebiss – sie hatte es aus seinem Leichnam gerettet – in den Mund des Spielzeugapparats. Daraufhin belegte sie die Maschine mit einem mächtigen Zauber – und rief damit Alexeis Seele in dieses mechanische Kind.«
Prue hielt die Luft an. Das Feuer knisterte im Kamin. Leise schlug eine Uhr auf dem Sims.
Curtis hatte noch nie im Leben ein solches Hochgefühl empfunden. Der Wald um ihn herum nahm ein überirdisches Leuchten an und die Luft schmeckte nach Ambrosia und er wurde auf den Schultern johlender Kojotensoldaten durch die Menge gereicht, deren Jubelschreie sich immer wieder zu einem »CURTIS! CURTIS! CURTIS!« vereinigten. So marschierte dieser kampflustige Zug durch den Wald, beleuchtet von den flackernden Fackeln der Soldaten.
Ihr Sieg war entscheidend gewesen, ihre Verluste minimal. Die Schlacht an diesem Nachmittag war ein durchschlagender Erfolg gewesen – und Curtis war der Held des Tages. Mit einem stolzen Lächeln ließ Alexandra ihr Pferd neben der Parade hertraben.
Als sie im Kojotenbau ankamen, war die große Halle durch den Schein der Feuerschalen hell erleuchtet, und der Duft eines herzhaften Eintopfs drang einem jeden in die Nase. Eine bunt zusammengewürfelte Blaskapelle stimmte eine schräge, blecherne Melodie an, und Curtis wurde fünf Mal im Kreis um den Thron der Gouverneurin getragen, ehe er mit viel Trara auf dem Moos des Podests abgesetzt wurde. Noch ehe er Einwände erheben konnte, drückte man ihm einen Becher in die Hand, der bis zum Rand mit Brombeerwein gefüllt war.
Der Kommandant sorgte mit einem lauten Bellen für Ruhe.
»Aufgepasst, ihr Köter!«, rief er, als sich der Lärm langsam legte. »Ihr stinkenden Promenadenmischungen!« Er schnappte sich den nächstbesten Soldaten und nahm ihn mit dem freien Arm – dem, der keinen überschwappenden Weinbecher hielt – brutal in den Schwitzkasten. »Eine räudigere, miesere Bande hab ich mein Lebtag noch nicht gesehen.« Der ganze Raum hielt den Atem an, keiner wusste, was ihm blühte. Da lächelte der Kommandant und knurrte: »Und denen haben wir es heute gehörig gezeigt!«
Alles brach in lauten Jubel aus, und der Kommandant schmatzte seinem Gefangenen einen feuchten Kuss auf die Stirn, ehe er ihn losließ. Dann torkelte er zum nächsten Kojoten, stützte sich auf dessen Schulter ab und verharrte dort ernst.
»Der ganze Wald wird von unserem Sieg erfahren, bald schon wird jedes Tier von unseren Taten sprechen. Unsere Anwesenheit wird nicht länger ohne Beachtung bleiben. Und wenn wir nach Südwald einmarschieren, werden diese bleichen Schlappschwänze keine andere Wahl haben, als ihre Waffen niederzulegen. Und dann werden die goldenen Gemächer der Villa Pittock vom Echo unserer Siegesfeiern widerhallen.«
Er wurde von Alexandra unterbrochen, die durch die Menge zu ihrem Thron geschlendert war und sich nun setzte. »Das, was von der Villa dann noch übrig ist«, sagte sie kalt.
Der Kommandant merkte, dass er seine Grenzen überschritten hatte, und verneigte sich tief.
»Wenn wir mit Südwald fertig sind, werden dort keine zwei Wände mehr stehen, die ein Echo zurückwerfen könnten«, zischte Alexandra.
»Jawohl, Frau Gouverneurin«, sagte der Kommandant. Die Stimmung im Raum hatte sich beträchtlich abgekühlt.
»Aber heute Abend feiern wir unseren Sieg!«, rief sie und stand auf. »Und erheben unsere Becher auf Curtis, Kanonenmeister, Räuberbezwinger, Baumstammwerfer .« Lächelnd hatte sie sich zu Curtis umgedreht, den hölzernen Kelch nach oben gereckt. Er errötete und erwiderte die Geste. Feierlich fielen alle Anwesenden mit ein und ein Meer von grob geschnitzten Bechern war zum Trinkspruch erhoben. »Musik!«, brüllte Alexandra, und sofort gab ein schleppender Trompetenton den Auftakt zu einer weiteren betrunkenen Melodie. Die Soldaten johlten und stießen lautstark an. Curtis grinste von einem Ohr zum anderen und klopfte den Takt der Musik auf dem Knie seiner dunkelblauen Uniformhose mit.
»Das glauben die mir in der Schule nie«, übertönte Curtis die tobende Kapelle. »Nicht in einer Million Jahren.«
»Vielleicht solltest du gar nicht zurück in die Schule gehen«, entgegnete Alexandra. Sie ließ den Blick über die ausgelassenen Kojoten schweifen.
»Was, abbrechen? Meine Eltern würden …«, begann Curtis. Er wurde kurz blass. »Ach so«, fuhr er dann
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