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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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Kisten unter einem Schreibtisch hervor und stellte sie auf den Platz vor dem Feuer. »Setz dich doch.«

    Prue bedankte sich und ließ sich nieder, froh darüber, endlich ihre Füße ausruhen zu dürfen. Enver hockte sich auf einen Stapel Schachteln neben dem Schreibtisch und flatterte jedes Mal nervös, wenn dieser unter ihm ins Schwanken geriet.
    »Also, was ist los? Was soll der ganze Tumult?«, fragte Richard, der auf einem umgedrehten Korb vor dem Feuer saß.
    Prue holte tief Luft und erzählte, was passiert war, seitdem sich ihre und Richards Wege getrennt hatten. »Sie verhaften alle Vögel in Südwald«, erklärte sie, als sie schließlich am Ende ihrer Abenteuer angelangt war. »Keine Ahnung, wohin sie gebracht werden. Im Augenblick weiß ich einfach nicht weiter, und deshalb wollten Enver und ich Sie um einen Gefallen bitten.«
    Richard kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Es dauerte einen Moment, bis ihm auffiel, dass eine Reaktion von ihm erwartet wurde. »Ein – einen Gefallen?« Er rieb sich mit den knubbeligen Fingern die Schläfe. »Was für einen denn?«
    »Na ja«, meinte Prue, »unmittelbar bevor die Polizei auftauchte, hat der Uhu gesagt, ich soll nach Nordwald gehen, falls alles andere schiefgeht. Zu den Mystikern. Enver glaubt, ich könnte mich von einem Adler hinbringen lassen, wenn ich es nur über die Grenze ins Vogelfürstentum schaffe. Aber da der gesamte Südwald nach mir und jedem Vogel sucht, der zufällig unterwegs ist, müsste das unbemerkt passieren.« Sie biss sich auf die Lippe. »Also, ich brauche jemanden, der mich heimlich rausbringt.«

    Jetzt fiel bei Richard der Groschen. »Du willst also, dass ich dich schmuggle. Über die Grenze.«
    »Genau.«
    »Ich kann nur raten: im Postauto. Im staatseigenen Postauto.«
    »Mhm«, machte Prue.
    Richard rubbelte sich das stoppelige Kinn, stand auf und lief zum Kamin. Nachdenklich schürte er die Kohlen mit einem Feuerhaken.
    »Tja«, begann er bedächtig, »ich bin wahrlich kein Freund des Gouverneurregenten und seiner Kumpane, so viel kann ich sagen. Und diese SARG-Rowdys, die durch die Gegend spazieren und grundlos Leute verhaften – das ist einfach nicht richtig. Dieses Land ist nicht mehr das, was es mal war, zumindest nicht seit Grigors Tod. Ich hab ja schon eine Menge Gouverneurregenten erlebt, und ich muss zugeben, dass Lars so ungefähr der schlimmste ist, den wir je hatten. Aber dich in einem Postauto über die Grenze zu bringen, das würde mich meine Arbeit kosten, wenn wir erwischt werden, und die Arbeit ist alles, was ich noch habe, seit meine Bette krank ist – das ist meine Frau, weißt du. Sie zählt auf mich, wir brauchen das Geld. Schlimmer noch, wahrscheinlich würde ich eine Weile im Gefängnis landen, und das darf einfach nicht passieren.«
    Prue ließ den Kopf hängen. Enver stieß einen entmutigten Pfiff aus und sah aus dem Fenster.
    »Also sollten wir uns wohl besser nicht erwischen lassen«, sagte Richard.

    Prue sprang von ihren Kisten auf. »Dann machen Sie es?«
    »Ich glaub schon«, seufzte er.
    Prue packte Richards Hände und vollführte spontan mit ihm ein wildes Tänzchen vor dem Kamin. »Ich wusste es!«, rief sie ausgelassen. »Ich wusste, Sie sagen Ja!« Auch Enver hatte seinen Platz verlassen und kurvte fröhlich zwitschernd durch die Luft.
    »Immer langsam mit den jungen Pferden«, warnte Richard und blieb stehen. »Wir dürfen nichts überstürzen. Und wir dürfen nicht so laut sein – diese SARG-Kerle sind wie kleine Termiten: Wenn sie wollen, kriechen sie sogar aus der Holzverkleidung heraus. Sie könnten überall sein.« Er ließ Prues Hände los und drehte den Docht der Paraffinlampe auf dem Kaminsims herunter. Schatten erfüllten den Raum. Richard warf einen hastigen Blick aus dem Fenster und wandte sich dann wieder an Prue. »Ich hab ja schon mal gesagt, dass du wahrscheinlich aus einem bestimmten Grund hier bist; vielleicht wurdest du hergeschickt, um hier endlich richtig was zu verändern – um den Leuten wieder auf die Beine zu helfen. Das ist eine Sache, die ich unterstützen kann.«
    Prue lächelte unter Tränen. »Vielen Dank, Richard. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie viel mir das bedeutet.«
    Richard nickte und sah sich im Raum um. »Na dann«, sagte er, »müssen wir nur noch eine passende Kiste für die Fracht finden.«

    Curtis hatte alle Mühe, in seinem Käfig einen bequemen Platz zum Sitzen zu finden; der unebene Boden bestand aus dicht gewebten Ahornzweigen und war daher

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