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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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überschlug sich. »Das ist ein SKANDAL!« Er rüttelte mit den Pfoten an den Gitterstäben. Neugierig beobachtete Curtis ihn von oben; der Käfig des Kojoten hing viel weiter unten als sein eigener.
    »Ach, halt die Luft an«, schimpfte einer der Räuber. Seine Käfigzelle war links über der von Curtis, und er lehnte an den Stäben und reinigte sich die Fingernägel. »Die hören dir sowieso nicht zu. Die Habeas-Corpus-Vorschrift gilt hier nicht so richtig.«

    »Habeas … was?«, knurrte der Kojote. »Wo hast du denn solche tollen Wörter gelernt, du Schwachkopf?« Er wandte sich dem Räuber zu, und in diesem Moment konnte Curtis sein Gesicht erkennen; es war einer der beiden Kojoten, die er mit Prue zusammen entdeckt hatte – einer der Soldaten, die sich unter ihrem Versteck im Gebüsch gestritten hatten. Curtis glaubte sich zu erinnern, dass er Dmitri hieß.
    »Wir wissen um einiges mehr, als ihr Schakale wahrscheinlich glaubt«, erwiderte der Räuber und tippte sich mit dem Finger an die Schläfe. »Manch einer von uns wirkt vielleicht beschränkt, aber lass dich nicht täuschen. Wir sind blitzgescheit. Und deshalb werdet ihr uns auch niemals in die Knie zwingen. Egal wie viele Schlachten ihr gewinnt, egal wie stark unsere Reihen gelichtet werden, es wird immer Räuber geben, die den Kampf weiterführen.«
    »Oh, bitte, verschon mich mit deinen Parolen«, gab Dmitri zurück. »Die kannst du dir sparen. Ich wurde eingezogen. Es interessiert mich nicht die Bohne, ob ihr Räuber hier alles überrennt; ich wär sowieso lieber zu Hause in meinem Bau, um mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern. Was mich echt nervt, ist, dass ich hier festhänge wie ein gewöhnlicher Krimineller – ich dachte, ich krieg nur eine Abmahnung und kann gehen. Stattdessen hocke ich im Räubertrakt und muss euch Nichtsnutzen zuhören.«
    »Ich bin kein Räuber«, schaltete Curtis sich ein. »Ich bin ein Soldat.« Er stockte, blickte an seiner Uniform hinab und betrachtete
den zerrissenen Stoff, an dem das Abzeichen gesteckt hatte. »Oder zumindest war ich einer.«
    Der Kojote schnaubte und wandte sich ab.
    »Du da«, sagte ein anderer Räuber. Sein Käfig baumelte an einer der dickeren Wurzelranken auf ähnlicher Höhe wie der von Curtis. »Du bist also der Außenweltler, was? Du hast auf der Seite der Gouverneurswitwe gekämpft, stimmt ’s?«
    Curtis runzelte die Stirn und nickte. »Ja, stimmt«, sagte er beschämt. »Aber jetzt wünschte ich, ich hätte es nicht getan. Ich wusste nicht, was sie im Schilde führt.«
    »Was hast du denn erwartet?«, fragte der Räuber über ihm gehässig. »Dass sie die rechtmäßige Königin von Wildwald ist? Nur mal eben kurz für Ordnung sorgt? Damit jeder sich wieder erinnert, wer hier der Boss ist? Und du spazierst einfach aus deiner Außenwelt rein und machst dich ein bisschen nützlich?«
    »Na ja, ich hatte eigentlich keine Wahl«, wehrte Curtis sich. »Ich meine, sie hat mich gefangen genommen und plötzlich gibt sie mir was zu essen und eine Uniform und erzählt mir, ich wäre ihr Stellvertreter!«
    »Blödmann«, ertönte eine Stimme direkt über Curtis. Da saß ein weiterer Räuber im Schneidersitz, die Wangen in die Hände gestützt.
    »Im Ernst«, sprach Curtis weiter. »Ich hatte keine Ahnung, was sie vorhat; sonst hätte ich doch nie mitgemacht.«
    »Ach nein?«, spottete der Räuber etwas weiter draußen an der
Wurzel. »Was hat dich denn zuerst misstrauisch gemacht? Dass sie eine gesamte Tierart zum Wehrdienst verpflichtet? Oder vielleicht, dass sie systematisch jeden Einwohner von Wildwald einen nach dem anderen ausrottet? Wann hat es dir langsam gedämmert, du kleines Genie?«
    Etwas Nasses platschte auf Curtis’ Stirn. Erschrocken blickte er auf und erkannte, dass der Räuber im Käfig über ihm einen fetten Spucketropfen hatte fallen lassen. Zwischen seinen abgewinkelten Beinen konnte Curtis das Gesicht des Mannes sehen, und bemerkte, dass er eine zweite Ladung vorbereitete. Eilig zog Curtis den Kopf ein und rutschte zur anderen Seite des Käfigs.
    »Ihr Außenweltler«, schaltete sich jetzt ein Räuber ein, der sich bisher noch nicht an den Beschimpfungen beteiligt hatte. »Ihr sucht doch immer nur nach einem Weg, um zu erobern und Dinge zu plündern, die euch gar nicht zustehen, oder? Ich hab gehört, was ihr macht. Glaubt bloß nicht, wir wüssten nicht, dass ihr euch diesen Wald unter den Nagel reißen würdet – dass ihr die Gouverneurin mit ihren eigenen Waffen

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