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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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Lieferwagen mit einem Ruck stehen blieb.
    Ihre Lider schnellten hoch; ihr Herzschlag beschleunigte sich wie bei einem Rennpferd, das aus der Startbox gelassen wird. Sie hörte Schritte, Murmeln. Die Geräusche näherten sich dem Laderaum. Da wurden auch schon die Türen des Transporters klappernd aufgerissen, und die Stimmen waren jetzt nur noch von der dünnen Holzwand gedämpft, die Prue vom Innenraum des Wagens trennte.
    »… um diese Uhrzeit«, hörte sie. »Vorschriften, Sie verstehen. Wir sind angewiesen, heute Nacht besonders wachsam zu sein, wegen der Razzia. Vor allem der Grenzschutz.«
    »Aber natürlich.« Das war Richards Stimme. Sie klang ruhig, gelassen, was Prue neuen Mut einflößte. Sie hielt den Atem an und wartete.
    »Dann wollen wir mal sehen«, sagte der fremde Mann, der wohl ein Grenzposten sein musste. Der Lieferwagen wackelte leicht, als er in den Laderaum stieg.

    »Umschläge, Pakete«, zählte der Grenzer auf, während seine Schritte auf dem Metallboden hallten. »Mhm, scheint alles in Ordnung zu sein.«
    Da erschütterte ein lautes, hohles Krachen die Seitenwand der Kiste. Der Mann hatte dagegen getreten! Prue schlug sich die Hand auf den Mund.
    »Was ist da drin, Postmeister?«
    Jetzt schwand alle Gelassenheit aus Richards Stimme. »Klopapier.« Er stolperte über die ersten Konsonanten des Wortes. »Handtücher und, äh, Damenunterwäsche.«
    Was? , schrie es in Prues Kopf.
    »Was?«, fragte der Grenzer.
    »Unterwäsche, g-genau«, stotterte Richard. »Und Klopapier. Socken auch, ja, Socken sind auch drin. Und, man glaubt es kaum, alte … alte Trocknerflusen.«
    Prue vergrub ihr Gesicht in den Händen.
    »Alte Trocknerflusen? «, fragte der Mann ungläubig. »Was für ein Paket soll das denn sein?«
    »Ein sehr, äh, seltsames«, sagte Richard. »Denke ich mal.«
    Das Spiel war aus. Prue wusste es einfach. Sie malte sich schon aus, wie gut sie das Gefängnisleben verkraften würde. Bekäme sie einen Fernseher? Wäre das Essen genießbar?
    »Aufmachen«, befahl der Grenzer.
    »Wie bitte?«

    »Sie haben richtig gehört, Postmeister. Aufmachen. Öffnen Sie diese Kiste. Ich möchte diese … diese Trocknerflusen sehen.«
    Richard brummelte etwas vor sich hin und stapfte außen an der Seitenwand des Transporters entlang, vermutlich um ein Brecheisen zu holen. Unterdessen trommelte der Grenzposten ungeduldig auf den Deckel der Kiste, was durch das Holz wie Donnerschläge klang. Endlich kam Richard zurück, und der Lieferwagen wackelte erneut, als er hineinkletterte.
    »Also, welche war es noch gleich?«, fragte Richard. Prue hörte ein hohles Klopfen, das vom anderen Ende der Ladefläche herkam. »Die hier?«
    »NEIN«, schimpfte der Mann. »Die, neben der ich stehe, wenn ich bitten darf.«
    »Ach ja.« Richards Stimme zitterte leicht. »Die da. Es ist nur so, ich habe einen Kunden, der dieses Paket erwartet, und er ist bestimmt nicht sonderlich glücklich, wenn ich …«
    Der Grenzer fiel ihm ins Wort. »Aufmachen, Postmeister. Ich verspreche, dass ich die Trocknerflusen nicht allzu stark verschmutze.« Allmählich klang er wie eine Katze, die mit ihrer Beute spielte. »In der Kiste sollte sich besser nichts Verbotenes befinden, sonst werden Sie sich noch wünschen, dass da tatsächlich Handtücher und Klopapier und Damenunterwäsche drin wären – ziemlich begehrte Tauschobjekte, wie ich hörte, im Gefängnis .«
    Richard lachte unbehaglich.

    Prue bereitete sich auf die große Enthüllung vor.
    »Was ist mit der daneben«, fragte Richard plötzlich. »Vielleicht gefällt Ihnen der Inhalt besser.« Er klang vieldeutig.
    »Hören Sie mal, alter Mann, allmählich habe ich Ihre …« Der Grenzer verstummte. »Moment mal. Was steht da?«
    »Sie können es doch sicher lesen«, sagte Richard.
    »Das ist kein … kann das sein?« In die strenge Stimme hatte sich ein aufgeregtes Beben geschlichen.
    »Sie gestatten«, meinte Richard mit alter Gelassenheit. Jetzt war ein knarrendes Ächzen zu vernehmen, gefolgt von einem lauten Knacken, was darauf hindeutete, dass die Kiste unmittelbar neben der von Prue aufgebrochen worden war. Sie hörte den Grenzposten nach Luft schnappen.
    »Gehört alles Ihnen«, sagte Richard. »Aber ich muss jetzt wirklich weiter. Ich hab eine ganze Menge Post auszuliefern.«
    »Aber sicher doch.« Der Tonfall des Mannes war knapp und professionell. »Sicher doch. Entschuldigen Sie die Umstände.« Prue hörte ein kurzes Händeklatschen, dann Fußgetrappel, das sich dem

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