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WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)

WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)

Titel: WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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murmelten etwas. Alys warf Charles einen ängstlichen Blick zu. Dann schaute sie sehr angestrengt in die andere Richtung, fing mit den Fingerspitzen die Ecke des Briefes ein und zog ihn weiter heraus. Bisher, das musste sie zugeben, liefen die Dinge nicht gerade gut. Die Polizisten hatten ihr zugehört, ja, und sie waren mitgekommen, okay, aber ob sie ihr glaubten, stand auf einem anderen Blatt … Nun, der Brief würde helfen.
    » Was bitte?«, fragte sie hastig und riss die Finger zurück, als sich einer der Polizisten an sie wandte. » Oh ja, ich weiß, es ist etwas spät für Claudia, um noch draußen zu sein.« Sie errötete heftig. Aber was noch viel schlimmer war, war die Tatsache, dass die Beamten keine Anstalten machen, das Haus zu durchsuchen. So würden sie den Brief nie entdecken! Hatten die denn noch keine Mordfälle im Fernsehen gesehen? Verstohlen zupfte sie hinter ihrem Rücken erneut an dem Brief herum – bis er zu Boden flatterte. Sie bückte sich danach, richtete sich wieder auf und bemerkte, dass die beiden Polizisten sie direkt anstarrten.
    » Es – sehen Sie nur, was ich gefunden habe«, stieß sie mit erstickter Stimme hervor.
    Der hochgewachsene Polizist riss ihr den Umschlag aus der Hand, brach das Siegel und las. Dann gab er den Brief seinem Kollegen.
    Während der darauffolgenden Stille kühlten Alys’ heiße knallrote Wangen ein wenig ab und der Knoten in ihrem Magen lockerte sich. Der Brief war gut, schrecklich gut, das wusste sie. Schließlich hatte sie mit ihrem Talent schon oft genug nicht nur ihre Freunde sondern auch Erwachsene in Erstaunen versetzt.
    Als der zweite Polizist den Brief zu Ende gelesen hatte, warf er dem ersten einen vielsagenden Blick zu.
    » Tja«, begann der hochgewachsene Beamte, » ich finde, die Sache sieht ziemlich ernst aus.«
    » Genau«, bekräftigte Alys und versuchte, so gelassen wie möglich zu erscheinen, während ihr ein Stein vom Herzen fiel.
    » Nun denn«, fuhr der Polizist fort und holte ein kleines Notizbuch aus seiner Tasche. » Könntet ihr alle, bevor wir den Brief hier als Beweis mit aufs Revier nehmen, einen Probesatz für mich aufschreiben?«
    Einen Augenblick lang herrschte absolute Stille.
    » Was – was meinen Sie damit? Welchen Satz?«, fragte Alys schließlich.
    » Oh, wie wäre es mit diesem hier: ›Zu öffnen im Falle meines Todes oder meines Verschwindens‹«, antwortete der Polizist ruhig.
    Um Alys herum verschwamm alles. Die Bedeutung seiner Worte war unmissverständlich – und unglaublich. Bis jetzt war niemand sonst skeptisch geworden, nicht einmal die Lehrer, die sich mit ihrer eigenen Handschrift konfrontiert sahen. Niemand hatte direkt verlangt, die Schrift mit ihrer eigenen zu vergleichen.
    Aber – Moment mal. Welchen Nutzen hätte denn ein Vergleich? Die kalligrafischen Lettern in dem Brief sahen ganz anders aus als ihre normale Handschrift. Während zuerst Janie, dann Charles und dann Claudia den Stift nahmen, den der Polizist ihnen in die Hand drückte, versuchte Alys verzweifelt, ihr Herz zu beruhigen und nachzudenken.
    Konnten sie es erkennen oder nicht? Sie musste es wissen.
    » Darf ich – darf ich fragen, warum wir das tun sollen?«, fragte sie mit zittriger Stimme. » Ich meine, wenn Sie glauben, dass einer von uns diesen Brief geschrieben hat – nun, dann hätten wir doch unsere Handschrift verstellt, nicht wahr?«
    » Niemand«, antwortete der Polizist, » kann seine Handschrift gut genug verstellen, um einen Experten zu täuschen.«
    Das war’s. Alys hatte das Gefühl, als hätte sie es schon die ganze Zeit über gewusst, dass die Sache schiefgehen würde. Inzwischen starrten alle sie an. Claudia hatte etwas Unleserliches in das Notizbuch gekritzelt und der große Polizist hielt ihr den Stift hin.
    Es gab keine Hoffnung mehr auf Hilfe. Und sie bekam auch keine Hilfe. Sie nahm Janies ausdrucksloses Gesicht und Charles’ klägliche Miene wie durch einen Schleier wahr. Weglaufen – etwas Besseres fiel ihr nicht ein. Ihr blieb also nichts anderes übrig, als den Schwindel zuzugeben. » Ich habe den Brief geschrieben«, flüsterte sie.
    » Verstehe«, sagte der Polizist so selbstgefällig, dass sie ihn dafür hasste.
    » Aber es ist wahr – der ganze Rest ist wahr –, alles, was wir gesagt haben!« Die Worte strömten wie ein Wasserfall aus ihr heraus, ebenso wie die Tränen, die ihr plötzlich über die Wangen rannen. » Es ist wahr, es ist wahr. Wir wussten nur nicht, wie wir Sie dazu bringen sollten,

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