WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)
hast deinen Sinn für Humor nicht verloren. Ich hoffe, du sagst nicht wieder …«
» Ich habe nur eines zu sagen«, unterbrach Alys sie. » Und zwar das: Wenn du Claudia nicht sofort und ein für alle Mal in Ruhe lässt, reiße ich dir den Kopf ab!«
Janie klappte der Unterkiefer herunter.
» Ich bin vielleicht kein Genie«, fuhr Alys fort, » aber wenn es eines gibt, von dem ich was verstehe, dann ist es Teamwork. Und du musst dich hier und jetzt entscheiden, ob du im Team bist oder nicht. Wenn du uns nicht helfen willst, wenn du Angst hast, ist das in Ordnung. Aber wenn du vorhast, mit uns zusammenzuarbeiten, wirst du dich genauso wie wir alle verhalten. Du wirst versuchen zu helfen, und wenn du irgendwelche klugen Ideen hast, wirst du sie uns sofort mitteilen. Andernfalls werde ich dir dein Gehirn durch die Nase rausziehen. Verstanden?«
Janies Mund öffnete und schloss sich wie der eines Fischs.
» Gut. Also los.« Alys drehte sich auf dem Absatz um und marschierte zurück ins Haus.
Am nächsten Nachmittag versammelten sich die Kinder wieder in der Küche des alten Hauses. Sie waren mit ihren Recherchen gut vorangekommen: Selbst Claudia hatte herausgefunden, dass Belladonna ein anderer Name für Tollkirsche war. Sie wussten jetzt, dass Mercurium Quecksilber war, dass es sich bei rotem Wulfenit, Pfauenkohle und Hornblende allesamt um Mineralien handelte, dass Elefantenohr, Wasserhelm und stinkender Getreidebrand Pflanzen waren und Mondfischschuppen, Fliegenbein und Phoenixfedern Teile von Tieren. Aber, wie Charles feststellte, es zu wissen und es zu beschaffen waren zwei Paar Schuhe.
» Ich habe in dieser großen Baumschule auf Tustin angerufen, wo Dad seine Sago-Palme gekauft hat«, berichtete er Alys, » und es gibt dort nicht mal eine dieser Pflanzen. Der Mann hat nur gelacht, als ich nach Wasserhelm gefragt habe, und als ich zu wildem Elefantenohr gekommen bin, hat er aufgelegt. Und was die anderen Zutaten angeht … was meint ihr, an wie viele kommen wir wirklich heran – drei oder vier? Noch geringer stehen die Chancen bei dem menschlichen Knochen.«
Bei der Erwähnung des Knochens blickten alle Janie an, aber die schien aufmerksam ihre eigene Liste zu studieren. » Ich werde euch etwas verraten«, meinte sie, ohne aufzuschauen. » Ich habe ein Buch über Hexerei und demzufolge sammeln Hexen ihre eigenen Kräuter. Im Mondlicht. Nackt.«
» Nackt?!«, wiederholte Charles.
» Im Himmelsgewand, so nennen sie es. Und vielleicht müssen sogar spezielle Formeln gesprochen werden … Alys, du hörst gar nicht zu.«
» Nein«, bestätigte Alys. » Tut mir leid. Aber Charles hat recht. Wir werden niemals auch nur die Hälfte dieser Dinge aufspüren, egal ob nackt oder angezogen.«
Janie sah sie schnell an. » Du willst also aufgeben?«
Kapitel 6 – DER GEHEIME RAUM
» Nein! Natürlich gebe ich nicht auf«, sagte Alys. » Aber ich habe den ganzen Tag nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir diese Sache falsch angehen. Die Füchsin wollte mit uns das Amulett an einem einzigen Nachmittag anfertigen. Aber wenn die Zutaten so schwer zu finden wären, hätte sie das niemals geplant.«
» Vielleicht wächst das Zeug im Garten«, meinte Charles.
» Nicht Wulfenit und Pfauenkohle, oh nein. Aber überlegt mal! Woher bekommt eine Hexe die Zutaten für ihre Zauber? Sie kann nicht jedes Mal den Atlantik überqueren, nur weil sie europäische Tollkirschen braucht. Sie hält sich auch kein Nest von Falkenküken oder ein Aquarium mit Mondfischen …«
» Ein Labor!« Janies purpurfarbene Augen blitzten auf. » Sie hätte ihr eigenes Labor. Oder zumindest ein Lager für ihre Sachen. Ich wette, es ist hier im Haus. Vielleicht versteckt, hinter einer falschen Wand …«
» Der Keller!«, rief Charles.
» Feucht«, sagte Janie. » Zugig.«
» Hexen lieben zugige Räume.«
» Die Türme!«, quiekte Claudia aufgeregt. Dann sprang sie so heftig von ihrem Stuhl auf, dass er umkippte, und schoss aus der Küche. Charles jagte in die andere Richtung.
» Halt! Wartet, wir sollten uns organisieren«, rief Alys, aber die beiden waren bereits verschwunden. Alys sah Janie an, deren Gesicht einen ganz anderen Ausdruck zeigte als in den letzten paar Tagen.
» Faust hat es in einer Bibliothek gemacht«, murmelte Janie nachdenklich.
» Es gibt eine Bibliothek im ersten Stock«, erwiderte Alys. » Ich gehe dort hinauf. Du kümmerst dich um das Erdgeschoss hier. Aber verlauf dich nicht!«
Alys’ Warnung an Janie
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