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WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)

WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)

Titel: WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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der alte Streit um die Frage, ob sie sich in der magischen Welt trennen sollten, um die Burg viermal so schnell durchkämmen zu können. Doch Alys beendete ihn energisch, indem sie erklärte, dass sie von jetzt an zusammenbleiben würden und dass sie wieder als Erste durch den Spiegel gehen würde.
    Währenddessen hatte Janie weiterhin missgelaunt in den dunklen Spiegel gestarrt. Jetzt griff sie nach einer zerknüllten Serviette und wischte damit das angelaufene Glas ab. Hinsichtlich des Schmutzes war der Effekt gleich null, aber als sie mit der Hand abrutschte und ihr Finger die Oberfläche des Spiegels berührte, ging alles ganz schnell: Die anderen sahen einen blaugrünen Wirbel, eine orangerote Silhouette – und dann waren mit einem Mal nur noch drei Personen im Raum.
    » Der Mond!«, rief Charles vom Fenster aus und sprang auf. » Und weil sie das Amulett getragen hat, konnte sie einfach durch den Spiegel gehen!«
    » Und jetzt sollte sie einfach wieder zurückkommen«, sagte Alys mit zusammengebissenen Zähnen. » Und sie sollte einen guten Grund dafür haben, dass sie nicht zurückkommt«, fügte sie nach einigen Sekunden hinzu.
    » Wir müssen ihr wohl nach«, meinte Charles. Eigentlich hatten sie vorgehabt, durch den Küchenspiegel zu gehen und den Westflügel zu erkunden.
    Nach einem Moment angespannten Schweigens stimmte Alys zu und berührte sanft den fleckigen Spiegel.
    Kurz darauf fand sie sich in einem Raum wieder, der von einer einzigen großen Kerze auf einem hohen Standleuchter erhellt wurde. Das Licht flackerte düster, aber es reichte aus, ihr zu zeigen, dass sie völlig allein war. Während sie auf die geschlossene Tür zuging, um nach Janie zu suchen, stellte sie überrascht fest, dass sie gern allein war und gar kein besonderes Verlangen verspürte, ihre Schwester oder sonst jemanden zu finden. Sie fühlte sich seltsam leicht und frei. Sie wollte … oh, sie wollte am liebsten an einen dunklen, einsamen Ort schlüpfen und für immer dort bleiben und alles beobachten.
    » Alyssss …« Die Stimme war unheimlich und schien aus weiter Ferne zu kommen, wie die Musik in Morganas großer Halle. » Alys, komm heeeer …«
    Das angenehme Gefühl des Alleinseins verwandelte sich in Angst. Alys drehte sich immer und immer wieder um die eigene Achse, aber der Raum war leer bis auf das flackernde Kerzenlicht und seine tanzenden Schatten. Ihre Hand wanderte zu dem Gannelin-Dolch an ihrem Gürtel, aber er fühlte sich stumpf an. Sie dachte wieder an den dunklen, einsamen Ort, an den sie schlüpfen wollte.
    » Alys, iiiiich bin es …«
    Als sie sich erneut suchend umdrehte und in den Spiegel schaute, der in dieser Welt hell und sauber war, packte sie blankes Entsetzen. Denn er zeigte ihr das eigene wachsame und argwöhnische Spiegelbild, und dahinter … unverkennbar … Charles, Claudia und Janie.
    Sie drehte sich hektisch um und sah zwischen dem Spiegel und der leeren Luft hinter sich hin und her. Und sie bemerkte, dass die drei anderen Spiegelbilder das Gleiche taten. Geisterhafte Stimmen erfüllten den Raum.
    » Ich kann’s nicht glauben …« – » Wo seid ihr alle?« – » Interessant, nicht wahr?« – » Alys!«
    Die leere Luft, dämmerte ihr, war nicht leer. Wenn sie ganz genau hinschaute, konnte sie gerade eben drei vage Gestalten erkennen, Gestalten, wie aus durchsichtiger Dunkelheit gemacht.
    » Wir sind Geister«, sagte die kleinste Gestalt und hob verzweifelt ihre körperlosen Arme. » Oh, Alys. Das gefällt mir nicht.«
    Ein fernes Lachen drang an Alys’ Ohr. » Keine Geister.« Das war Janies Stimme. » Schatten. Und was mir nicht gefällt, ist dieses Kerzenlicht. Zu hell. Gehen wir!«
    » Aber wie können wir aufhören, Schatten zu sein?«, jammerte Claudia.
    » Es wird alles gut«, seufzte Janie. » Das ist doch klar. Wenn wir uns wieder zurückverwandeln wollen, gehen wir einfach durch diesen Spiegel, in dem wir uns immer noch so sehen können, wie wir vorher waren.«
    » Aber dazu müssten wir zuerst die Fensterläden öffnen und das Mondlicht hereinlassen.« Charles’ gespenstische Schattengestalt schien bei dem Gedanken zu schaudern.
    » Darüber werden wir uns später den Kopf zerbrechen«, sagte Alys. Aber in Wahrheit verspürte sie gar nicht den Wunsch, kein Schatten mehr zu sein. Zum ersten Mal seit ihrer Begegnung mit der Füchsin fühlte sie sich unbelastet, frei von jeglicher Verantwortung. Es war ein sehr angenehmes Gefühl, als gäbe es niemanden außer ihr. Sie wollte

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