WILDWORLD - Die Nacht der Wintersonnenwende: Band 1 (German Edition)
ebensolche Kniebundhosen wie die Waldgeister trug, aber kein Hemd. Und er wirkte eine Spur weniger wild als die Mädchen. Während Elwyn ein Tuch ausbreitete und Brot und Käse darauf legte, schob Charles sich unauffällig an den Jungen heran und sprach ihn aus dem Mundwinkel an.
» He, hör mal, kennst du zufällig den Weg, der aus diesem Wald hinausführt?«, murmelte er. » Denn weißt du, dieser Ort ist ziemlich unheimlich und ich muss dringend gehen.«
Das darauffolgende Schweigen war so lang, dass Charles sich schließlich direkt zu seinem Gefährten umwandte und ihn eingehend betrachtete. Der Junge sah ihn noch einen Moment länger aus seinen zimtfarbenen Augen an, ohne ein Wort zu sagen. Dann warf er ganz plötzlich den Kopf in den Nacken und heulte wie ein Wolf.
Mit drei langen Sätzen war Charles zurück neben Elwyn.
» Honig oder Butter?«, fragte sie.
Er ließ sich nieder und stützte wieder den Kopf in die Hände.
» Sieh mal«, sagte er schließlich. » Ich werde jetzt versuchen, dir alles zu erklären. Ich war mit ein paar Leuten zusammen und wir sind voneinander getrennt worden. Vielleicht haben deine Freundinnen sie gesehen?«
» Deela?«, fragte Elwyn.
Ein Mädchen mit kupferfarbenem Haar trat vor. » Vor einiger Zeit haben wir drei andere gesehen. Sie waren klein, aber unbeholfen, meine Herrin. Ihm nicht unähnlich, aber nicht so bunt.«
» Genau«, erwiderte Charles entschlossen und fuhr zu Elwyn herum. » Diese kleinen unbeholfenen Dinger waren meine Schwestern. Und jetzt habe ich mich verirrt und sie haben sich verirrt und wir haben uns nicht einmal gemeinsam verirrt. Und der Grund, warum wir überhaupt in dieser Welt hier sind, bist du. Also«, fuhr er streitlustig fort, » was wirst du deswegen unternehmen?«
Elwyn bot ihm ein Stück Brot an, entnahm jedoch seinem Gesichtsausdruck, dass dies nicht genügte, und versuchte es noch einmal. » Wir könnten im Mondlicht singen und tanzen«, schlug sie vor.
» Nein«, lehnte Charles ab.
» Wir könnten auf die süßen Melodien lauschen und Sterne zählen …«
» Nei-in.«
Sie biss sich auf die Lippen, rang die Hände und gab sich offensichtlich gewaltige Mühe. » Ich – ich könnte Deela ausschicken, deine Schwestern zu suchen?«
» Ja!«, rief Charles. » Bitte, tu das, und dann zeige uns allen den Weg, der aus diesem Wald hinausführt.«
Und so verschwanden Deela und mehrere andere Waldgeister unter gedehnten Rufen und perlendem Gelächter. Charles warf sich auf den Boden und konzentrierte sich darauf, nicht auf seine Armbanduhr zu schauen.
Die Zeit kroch dahin und schließlich wirkte sogar die seltsame Flötenmusik einschläfernd. Prompt schlief er ein.
Ein Jagdhorn weckte ihn, und als er sich aufrichtete, kam Deela anmutig auf die Lichtung gesprungen. Doch hinter den wilden Mädchen erschien nur eine einzige erschöpfte Gestalt.
» Alys!«, rief Charles. » Was habt ihr mit den anderen gemacht?«, fragte er die Waldgeister.
Alys war bleich, aber ziemlich gefasst und entschlossen. Sie hockte sich in die Mitte der Lichtung und brachte es sogar fertig, dass Elwyn sie richtig verstand.
» Wir müssen uns überlegen, wie wir die Gegend auskundschaften können«, begann sie. » Ich bin mit den Waldgeistern mitgekommen, weil ich schon den Verdacht hatte, dass sie mich zu Charles führen würden. Aber ich hatte gehofft, ihn nicht allein vorzufinden. Denn, verstehst du, ich war soeben bei den Eldreth, und sie sagen, Janie und Claudia sind nicht im Sumpf. Und jetzt sagen die Dirdreth mir, dass sie auch nicht im Wald sind. Also bleibt die Frage – wo in der Wildworld sind sie dann?«
Kapitel 15 – DIE BURG
Janie und Claudia hatten hilflos mitangesehen, wie Alys sich in den Nebel stürzte. Die weiße Wand hatte sich hinter ihr geschlossen, noch bevor Janie Atem holen konnte, um ihr zuzurufen: » Warte einen Moment! Du kommst zu uns zurück – ja? Alys!«
Als die einzige Antwort auf ihre Rufe Schweigen war, drehte Janie sich wieder zu Claudia um. » Na großartig«, murmelte sie und schlug mit der geballten Faust in die Innenfläche ihrer anderen Hand. » Das ist doch absoluter Wahnsinn ! Was ist eigentlich los mit ihr?«, fügte sie mit verändertem Tonfall hinzu. » Alys sollte es besser wissen.«
» Ich glaube«, schniefte Claudia, auf dem Boden kauernd, » dass Aric ihr Angst gemacht hat. Nachdem er uns geschnappt hat, hat sie gesagt, sie wäre – wäre nicht mehr kompliment, Entscheidungen zu treffen.«
» Kom-pe-tent«,
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