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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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seyd. Wir sind umringt von Spähern.
     
    MELCHTHAL
    Bringt ihr mir nichts von Unterwalden? Nichts
    |37| Von meinem Vater? Nicht ertrag ich’s länger,
    Als ein Gefang’ner müßig hier zu liegen.
    Was hab’ ich denn so sträfliches gethan,
    Um mich gleich einem Mörder zu verbergen?
    Dem frechen Buben, der die Ochsen mir,
    Das treflichste Gespann, vor meinen Augen
    Weg wollte treiben auf des Vogts Geheiß,
    Hab’ ich den Finger mit dem Stab gebrochen.
     
    WALTHER FÜRST
    Ihr seid zu rasch. Der Bube war des Vogts,
    Von eurer Obrigkeit war er gesendet,
    Ihr wart in Straf’ gefallen, mußtet euch,
    Wie schwer sie war, der Buße schweigend fügen.
     
    MELCHTHAL
    Ertragen sollt’ ich die leichtfert’ge Rede
    Des Unverschämten: „ Wenn der Bauer Brod
    Wollt’ essen, mög’ er selbst am Pfluge zieh’n!“
    In die Seele schnitt mir’s, als der Bub die Ochsen,
    Die schönen Thiere, von dem Pfluge spannte,
    Dumpf brüllten sie, als hätten sie Gefühl
    Der Ungebühr, und stießen mit den Hörnern,
    |38| Da übernahm mich der gerechte Zorn,
    Und meiner selbst nicht Herr, schlug ich den Boten.
     
    WALTHER FÜRST
    O kaum bezwingen wir das eig’ne Herz,
    Wie soll die rasche Jugend sich bezähmen!
     
    MELCHTHAL
    Mich jammert nur der Vater   – Er bedarf
    So sehr der Pflege, und sein Sohn ist fern.
    Der Vogt ist ihm gehässig, weil er stets
    Für Recht und Freiheit redlich hat gestritten.
    Drum werden sie den alten Mann bedrängen,
    Und niemand ist, der ihn vor Unglimpf schütze.
    – Werde mit mir was will, ich muß hinüber.
     
    WALTHER FÜRST
    Erwartet nur und faßt euch in Geduld,
    Bis Nachricht uns herüber kommt vom Walde.
    – Ich höre klopfen, geht – Vielleicht ein Bote
    Vom Landvogt   – Geht hinein – Ihr seid in Uri
    Nicht sicher vor des Landenbergers Arm,
    Denn die Tyrannen reichen sich die Hände.
     
    |39| MELCHTHAL
    Sie lehren uns, was wir thun sollten.
     
    WALTHER FÜRST
    Geht!
    Ich ruf’ euch wieder, wenn’s hier sicher ist.
     
    (Melchthal geht hinein)
     
    Der Unglückselige, ich darf ihm nicht
    Gestehen, was mir Böses schwant – Wer klopft?
    So oft die Thüre rauscht, erwart’ ich Unglück.
    Verrath und Argwohn lauscht in allen Ecken,
    Bis in das Innerste der Häuser dringen
    Die Boten der Gewalt, bald thät’ es Noth,
    Wir hätten Schloß und Riegel an den Thüren.
    (er öfnet und tritt erstaunt zurück, da Werner Stauffacher hereintritt)
    Was seh’ ich? Ihr, Herr Werner! Nun bei Gott!
    Ein werther, theurer Gast   – Kein beß’rer Mann
    Ist über diese Schwelle noch gegangen.
    Seid hoch willkommen unter meinem Dach!
    Was führt euch her? Was sucht ihr hier in Uri?
     
    |40| STAUFFACHER
(ihm die Hand reichend)
    Die alten Zeiten und die alte Schweiz.
     
    WALTHER FÜRST
    Die bringt ihr mit euch – Sieh, mir wird so wohl,
    Warm geht das Herz mir auf bei eurem Anblick.
    – Sezt euch, Herr Werner   – Wie verließet ihr
    Frau Gertrud, eure angenehme Wirthin,
    Des weisen Ibergs hochverständ’ge Tochter?
    Von allen Wandrern aus dem deutschen Land,
    Die über Meinrads Zell nach Welschland fahren,
    Rühmt jeder euer gastlich Haus   – Doch sagt,
    Kommt ihr so eben frisch von Fluelen her,
    Und habt euch nirgend sonst noch umgeseh’n,
    Eh’ ihr den Fuß gesezt auf diese Schwelle?
     
    STAUFFACHER
(sezt sich)
    Wohl ein erstaunlich neues Werk hab’ ich
    Bereiten sehen, das mich nicht erfreute.
     
    WALTHER FÜRST
    O Freund, da habt ihr’s gleich mit Einem Blicke!
     
    STAUFFACHER
    Ein solches ist in Uri nie gewesen –
    |41| Seit Menschendenken war kein Twinghof hier,
    Und fest war keine Wohnung als das Grab.
     
    WALTHER FÜRST
    Ein Grab der Freiheit ist’s. Ihr nennt’s mit Nahmen.
     
    STAUFFACHER
    Herr Walther Fürst, ich will euch nicht verhalten,
    Nicht eine müß’ge Neugier führt mich her,
    Mich drücken schwere Sorgen   – Drangsal hab’ ich
    Zu Haus verlassen, Drangsal find’ ich hier.
    Denn ganz unleidlich ist’s, was wir erdulden,
    Und dieses Dranges ist kein Ziel zu seh’n.
    Frei war der Schweitzer von Uralters her,
    Wir sind’s gewohnt, daß man uns gut begegnet,
    Ein solches war im Lande nie erlebt,
    Solang ein Hirte trieb auf diesen Bergen.
     
    WALTHER FÜRST
    Ja, es ist ohne Beispiel wie sie’s treiben!
    Auch unser edler Herr von Attinghausen,
    Der noch die alten Zeiten hat geseh’n,
    Meint selber, es sey nicht mehr zu ertragen.
     
    |42| STAUFFACHER
    Auch drüben unter’m Wald geht schweres vor,
    Und blutig wird’s gebüßt – der

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