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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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Wolfenschießen,
    Des Kaisers Vogt, der auf dem Roßberg haußte,
    Gelüsten trug er nach verbot’ner Frucht,
    Baumgartens Weib, der haushält zu Alzellen,
    Wollt’ er zu frecher Ungebühr misbrauchen,
    Und mit der Axt hat ihn der Mann erschlagen.
     
    WALTHER FÜRST
    O die Gerichte Gottes sind gerecht!
    – Baumgarten sagt ihr? Ein bescheid’ner Mann[!]
    Er ist gerettet doch und wohl geborgen?
     
    STAUFFACHER
    Euer Eidam hat ihn über’n See geflüchtet,
    Bei mir zu Steinen halt’ ich ihn verborgen –
    – Noch greulichers hat mir derselbe Mann
    Berichtet, was zu Sarnen ist gescheh’n,
    Das Herz muß jedem Biedermanne bluten.
     
    WALTHER FÜRST
(aufmerksam)
    Sagt an, was ist’s?
     
    |43| STAUFFACHER
    Im Melchthal, da wo man
    Eintritt bey Kerns, wohnt ein gerechter Mann,
    Sie nennen ihn den Heinrich von der Halden,
    Und seine Stimm’ gilt was in der Gemeinde.
     
    WALTHER FÜRST
    Wer kennt ihn nicht! Was ist’s mit ihm? Vollendet.
     
    STAUFFACHER
    Der Landenberger büßte seinen Sohn
    Um kleinen Fehlers willen, ließ die Ochsen,
    Das beste Paar, ihm aus dem Pfluge spannen,
    Da schlug der Knab den Knecht und wurde flüchtig.
     
    WALTHER FÜRST
(in höchster Spannung)
    Der Vater aber – Sagt, wie steht’s um den?
     
    STAUFFACHER
    Den Vater läßt der Landenberger fodern,
    Zur Stelle schaffen soll er ihm den Sohn,
    Und da der alte Mann mit Wahrheit schwört,
    Er habe von dem Flüchtling keine Kunde,
    Da läßt der Vogt die Folterknechte kommen –
     
    |44| WALTHER FÜRST
(springt auf und will ihn auf die andre Seite führen)
    O still, nichts mehr!
     
    STAUFFACHER
(mit steigendem Ton)
    „Ist mir der Sohn entgangen,
    So hab’ ich dich “ – Läßt ihn zu Boden werfen,
    Den spitz’gen Stahl ihm in die Augen bohren –
     
    WALTHER FÜRST
    Barmherz’ger Himmel!
     
    MELCHTHAL
(stürzt heraus)
    In die Augen, sagt ihr?
     
    STAUFFACHER
(erstaunt zum Walther Fürst)
    Wer ist der Jüngling?
     
    MELCHTHAL
(faßt ihn mit krampfhafter Heftigkeit)
    In die Augen? Redet.
    WALTHER FÜRST
    O der bejammernswürdige!
     
    |45| STAUFFACHER
    Wer ist’s?
     
    (da Walther Fürst ihm ein Zeichen giebt.)
     
    Der Sohn ist’s? Allgerechter Gott!
     
    MELCHTHAL
    Und ich
    Muß ferne seyn! – In seine beiden Augen?
     
    WALTHER FÜRST
    Bezwinget euch, ertragt es wie ein Mann!
     
    MELCHTHAL
    Um meiner Schuld, um meines Frevels willen!
    – Blind also? Wirklich blind, und ganz geblendet?
     
    STAUFFACHER
    Ich sagt’s. Der Quell des Seh’ns ist ausgeflossen,
    Das Licht der Sonne schaut er niemals wieder.
     
    WALTHER FÜRST
    Schont seines Schmerzens!
     
    MELCHTHAL
    Niemals! Niemals wieder!
    (er drückt die Hand vor die Augen, und schweigt einige Momente, dann wendet er sich von dem einen zu dem |46| andern, und
     spricht mit sanfter, von Thränen erstickter Stimme)
    O eine edle Himmelsgabe ist
    Das Licht des Auges   – Alle Wesen leben
    Vom Lichte, jedes glückliche Geschöpf –
    Die Pflanze selbst kehrt freudig sich zum Lichte.
    Und er muß sitzen, fühlend, in der Nacht,
    Im ewig finstern – ihn erquickt nicht mehr
    Der Matten warmes Grün, der Blumen Schmelz,
    Die rothen Firnen kann er nicht mehr schauen –
    Sterben ist nichts – doch leben und nicht sehen,
    Das ist ein Unglück   – Warum seht ihr mich
    So jammernd an? Ich hab’ zwey frische Augen,
    Und kann dem blinden Vater keines geben,
    Nicht einen Schimmer von dem Meer des Lichts,
    Das glanzvoll, blendend, mir ins Auge dringt.
     
    STAUFFACHER
    Ach, ich muß euren Jammer noch vergrößern,
    Statt ihn zu heilen – Er bedarf noch mehr!
    Denn alles hat der Landvogt ihm geraubt,
    Nichts hat er ihm gelassen als den Stab,
    Um nakt und blind von Thür zu Thür zu wandern.
     
    |47| MELCHTHAL
    Nichts als den Stab dem augenlosen Greis!
    Alles geraubt, und auch das Licht der Sonne,
    Des Aermsten allgemeines Gut   – Jezt rede
    Mir keiner mehr von Bleiben, von Verbergen!
    Was für ein feiger Elender bin ich,
    Daß ich auf meine Sicherheit gedacht,
    Und nicht auf Deine – dein geliebtes Haupt
    Als Pfand gelassen in des Wüthrichs Händen!
    Feigherz’ge Vorsicht fahre hin – Auf nichts
    Als blutige Vergeltung will ich denken,
    Hinüber will ich – Keiner soll mich halten –
    Des Vaters Auge von dem Landvogt fodern –
    Aus allen seinen Reisigen heraus
    Will ich ihn finden – Nichts liegt mir am Leben,
    Wenn ich den heißen ungeheuren Schmerz
    In seinem Lebensblute kühle.
    (er will gehen)
     
    WALTHER FÜRST
    Bleibt!
    |48| Was könnt ihr gegen

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