Will Trent 02 - Entsetzen
endgültig, so absolut überzeugt von der Einsamkeit ihrer Tochter, dass Will nicht anders konnte, als ihre Traurigkeit mitzufühlen. Außerdem hoffte er sehr, dass Leo vorhatte, mit dieser Kayla zu reden. Wenn sie so viel Einfluss auf Emma Campanos Leben gehabt hatte, wie ihre Mutter andeutete, dann wusste sie wahrscheinlich sehr viel mehr darüber, was an diesem Tag hier passiert war, als sonst irgendjemand.
Will fragte Abigail: »Gibt es irgendjemanden, der vielleicht einen Groll gegen Sie oder Ihren Ehemann hegt?«
Sie schüttelte nur den Kopf und starrte gebannt auf den Toten, der im Foyer lag. »Es ging alles so schnell. Ich muss die ganze Zeit daran denken, was ich getan habe ... was ich sonst noch hätte tun können ...«
»Ich weiß, dass Sie das bereits gefragt wurden, aber sind Sie ganz sicher, dass Sie diesen Mann nicht kennen?«
Abigail schloss die Augen, aber er stellte sich vor, dass sie den Mörder ihrer Tochter noch immer sehen konnte. »Ja«, antwortete sie schließlich, »er ist mir völlig fremd.«
Plötzlich ertönte an der Vorderseite des Hauses das Geschrei eines Mannes. »Gehen Sie mir, verdammt noch mal, aus dem Weg!«
Will hörte draußen eine Balgerei, Polizisten, die jemandem befahlen, stehen zu bleiben, und dann stürmte Paul Campano die Vordertreppe hoch wie ein Mann in Flammen. Er stieß Faith Mitchell beiseite und stürzte ins Haus. Ein Uniformierter fing sie gerade noch auf, als sie, gefährlich nahe am Rand der Veranda, nach hinten taumelte. Beide sahen nicht besonders glücklich aus, aber Leo bewegte die Hand, um ihnen zu sagen, dass sie es gut sein lassen sollten.
Paul stand mit geballten Fäusten im Foyer. Will fragte sich, ob das etwas Genetisches war - dass man entweder der Typ war, der die ganze Zeit die Fäuste ballte, oder eben nicht.
»Paul ...«, flüsterte Abigail und eilte zu ihm.
Auch mit seiner Frau in den Armen hatte Paul die Fäuste noch geballt.
Faith war offensichtlich stinksauer. Ihre Stimme klang ziemlich scharf. »Mr. Campano, ich bin Detective Faith Mitchell vom Atlanta Police Department. Das ist Detective Donnelly.«
Paul hatte kein Interesse an Vorstellungen. Über die Schulter seiner Frau hinweg starrte er den Toten an. »Ist das der Mistkerl, der es getan hat?« Seine Stimme wurde zu einem Knurren. »Wer ist er? Was hat er in meinem Haus zu suchen?«
Faith und Leo wechselten einen Blick, den Will verpasst hätte, wenn er sie nicht beobachtet hätte, um seine eigenen Schlüsse über ihr Verhältnis zu ziehen. Sie waren Partner, offensichtlich hatten sie eine gemeinsame, geheime Zeichensprache, und es sah so aus, als hätte Faith diesmal den Kürzeren gezogen.
Sie schlug vor: »Mr. Campano, können wir vielleicht nach draußen auf die Veranda gehen und über alles reden?«
»Und wer, zum Teufel, sind Sie?« Paul starrte Will böse an, und seine Knopfaugen verschwanden fast unter den zusammengezogenen Augenbrauen.
Will überraschte die Frage kaum, und auch die Art nicht, wie sie gestellt wurde. Als Paul Campano zum letzten Mal auf diese Art mit ihm gesprochen hatte, war Will zehn Jahre alt gewesen, und sie lebten beide in einem Kinderheim, im Atlanta Children's Home. Seitdem hatte sich viel verändert. Will war größer und kräftiger, seine Haare waren dunkler geworden. Das Einzige, was sich an Paul verändert hatte, war, dass er offensichtlich noch schwerer und gemeiner geworden war.
Leo beantwortete die Frage: »Mr. Campano, das ist Agent Trent vom GBI«
Will versuchte, Paul ein wenig zu beruhigen, ihm das Gefühl zu vermitteln, er könne ihm helfen. »Wissen Sie, ob Ihre Tochter irgendwelche Feinde hatte, Mr. Campano?«
»Emma?«, fragte er und starrte Will an. »Natürlich nicht. Sie war doch erst siebzehn Jahre alt.«
»Was ist mit Ihnen?«
»Nein«, blaffte er. »Keinen, der so etwas ...« Er konnte den Satz nicht beenden, schüttelte nur den Kopf. Dann schaute er wieder den toten Mörder an. »Wer ist dieser Schweinehund? Was hat Emma ihm je getan?«
»Alles, was Sie uns sagen können, hilft uns weiter. Vielleicht könnten Sie und Ihre Frau ...«
»Sie ist da oben, nicht?«, unterbrach Paul ihn und schaute die Treppe hoch. »Mein Baby ist da oben.«
Niemand antwortete ihm, aber Leo machte ein paar Schritte auf die Treppe zu, um ihm den Weg zu versperren.
Paul sagte: »Ich will sie sehen.«
»Nein«, sagte Abigail mit zitternder Stimme. »So willst du sie nicht sehen, Paul. Du willst es nicht wissen.«
»Ich muss sie
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