Will Trent 02 - Entsetzen
lassen.« Paul lächelte gequält. Will schaute ihn an, und Paul nahm es als Aufforderung, fortzufahren. »Sie und ihre beste Freundin reisten nach Florida und kamen zurück mit ...« Er schüttelte den Kopf. »Wenn du ein Kind bist, hältst du so eine Scheiße für lustig, aber wenn du Vater oder Mutter bist und deine Tochter mit einem Ring im Nabel nach Hause kommt...« Sein Gesicht verzog sich, während er gegen seine Gefühle ankämpfte.
Will wandte sich wieder dem Mädchen zu. In der Haut seines Nabels steckte ein Silberring.
Paul fragte: »Wurde sie vergewaltigt?«
»Wahrscheinlich.« Er hatte das Wort zu schnell gesagt. Sein Klang blieb in der schalen Luft hängen.
»Vorher oder nachher?« Pauls Stimme zitterte. Er war mehr als vertraut mit den Taten, zu denen Männer fähig waren.
Das Blut auf ihrem Unterbauch und der Brust war verschmiert, was darauf hindeutete, dass jemand auf ihr gelegen hatte, nachdem die schlimmste Prügelei vorüber war. »Das wird der Coroner feststellen müssen. Ich kann es nicht sagen.«
»Lügst du mich an?«
»Nein«, antwortete Will und versuchte, nicht den Handabdruck anzusehen, sich nicht vom schlechten Gewissen auffressen zu lassen, sodass schließlich er es wäre, der diesem Mann die grässliche Wahrheit über den gewaltsamen, entwürdigenden Tod seiner Tochter sagte.
Plötzlich spürte er Paul direkt hinter sich.
Will stand auf und versperrte ihm den Weg. »Das ist der Schauplatz eines Verbrechens. Du musst...«
Pauls Mund klappte auf. Er kippte gegen Will, als wäre alle Luft aus seinem Körper geströmt. »Das ist nicht ...« Sein Mund bewegte sich, Tränen traten ihm in die Augen. »Das ist nicht Emma.«
Will versuchte, den Mann von seiner Tochter wegzudrehen. »Gehen wir nach unten. Du musst nicht noch mehr sehen.«
»Nein«, entgegnete Paul, und seine Finger gruben sich in Wills Arm. »Ich meine es ernst. Das ist nicht sie.« Er schüttelte heftig den Kopf. »Das ist nicht Emma.«
»Ich weiß, wie schwer das für dich ist.«
»Leck mich, was weißt denn du schon!« Paul stieß sich von Will weg. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass deine Tochter tot ist?« Er starrte das Mädchen an und schüttelte weiter den Kopf. »Das ist nicht Emma.«
Will versuchte, vernünftig mit ihm zu reden. »Ihr Nabel ist gepierct, wie du gesagt hast.«
Er schüttelte den Kopf, die Wörter blieben ihm im Hals stecken. »Das ist nicht...«
»Na komm«, sagte Will besänftigend und schob ihn ein paar Schritte zurück, versuchte, ihn davon abzuhalten, den Tatort noch weiter zu kontaminieren.
Nun schossen Paul die Wörter beinahe aus dem Mund. »Ihre Haare, Mülleimer. Emma hat längere Haare. Fast bis zum Hintern. Und sie hat ein Muttermal auf dem rechten Arm - Emma meine ich. Schau, da ist nichts. Da ist kein Muttermal.
Will musterte den Arm. Bis auf das Blut war die Haut vollkommen weiß.
»Rechter Arm«, zischte Paul verärgert. Er deutete auf den anderen Arm. »Emma hat ein Muttermal.« Als Will nicht reagierte, zog er seine Brieftasche heraus. Quittungen und Zettel fielen zu Boden, als er darin wühlte. »Es hat eine komische Form, wie ein Handabdruck. Die Haut ist dort dunkler.« Er fand, wonach er suchte, und gab Will ein Foto. Auf dem Bild war Emma viel jünger. Sie trug eine Cheerleader-Uniform. Den rechten Arm hatte sie zur Seite gestreckt, in der Hand trug sie ein Pompom. Paul hatte recht; das Muttermal sah aus, als hätte sie jemand mit der Hand am Arm gepackt und einen Abdruck hinterlassen.
Trotzdem sagte Will: »Paul, wir sollten keine ...«
»Abby! Das ist nicht sie. Das ist nicht Emma.« Paul lachte erleichtert. »Schau dir ihren Arm an, Müll. Da ist nichts. Das ist nicht Emma. Es muss Kayla sein. Sie sehen sich sehr ähnlich. Und die ganze Zeit tauschen sie ihre Klamotten. Das muss sie sein.«
Abigail kam nach oben gerannt, Faith dicht hinter ihr.
»Zurück.« Will streckte die Arme aus wie ein Schülerlotse, versperrte ihnen den Weg und schob Paul mit der Brust zurück. Der Mann grinste noch immer wie ein Trottel. Sein einziger Gedanke war, dass seine Tochter nicht tot war. Den nächsten Schritt hatte sein Verstand noch nicht gemacht.
»Halten Sie sie hier«, sagte Will zu Faith. Sie nickte und stellte sich vor die Eltern. Vorsichtig ging Will noch einmal zu dem toten Mädchen. Er kauerte sich wieder hin, betrachtete die Schuhabdrücke, die Spritzer an den Wänden. Quer über den Körper des toten Mädchens verlief ein dünner Blutbogen, der nun
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